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11 SPAZIEREN IM PARK 80<br />
nenstrahl öffnet, gefiltert von einem vielschichtigen, grünen blätterschleier über<br />
dem engen tal. die luft ist feucht & würzig, gesättigt vom duft unzähliger, far-<br />
benprächtiger blüten. eine quelle plätschert in ein natürliches bassin & am untern<br />
ende des waldes stürzt das wasser bereits in einer 3 m hohen, unüberwindbaren<br />
kaskade der kanalisation der stadt entgegen.<br />
auf einem sitzt ein kind & singt für die wenigen zuhörer in monotoner lita-<br />
nei die geschichte des königs, seines unendlichen ruhms & der eroberung ganzer<br />
königreiche. der park ist ruhig, gedämpft vom schallschluckenden gesang des was-<br />
sers, das jedes geräusch verwischt & in sich aufn<strong>im</strong>mt & es zu einem teil des <strong>im</strong>-<br />
merwährenden rauschens macht, bis es, jede einzigartigkeit verlierend, <strong>im</strong> großen<br />
sound der runden, sich drehenden erde mitspielt, <strong>im</strong>mergleich, jedesmal neu.<br />
ich ziehe den frischen atem der photosynthesewesen tief in mich ein & starre<br />
gebannt in einen weißen streifen aus wasser & licht, der als untrennbares ge-<br />
misch sich stetig verändernder formen mein auge in ruhe versetzt. neben mir in<br />
gleichförmigkeit versunken träume ich mich an die stelle des jungen königs, mit<br />
vielen freunden durch die wasser tobend, bis jeder sich <strong>im</strong> dickicht einer blattrei-<br />
chen pflanze oder unter dem vorhang des fallenden wassers auflöst & unsichtbar<br />
macht, um auf ein zeichen, gemeinsam mit den anderen hervorzuschnellen & mich<br />
mit einem höllischen gebrüll zu erschrecken. von den süßen früchten kostend,<br />
springen wir durch den bach, bis wir ermüden & die nacht uns mit dunkelheit<br />
belohnt, aufregend einsam, schutzbedürftig & streng.<br />
einem schmalen pfad folgend ersteige ich die felswand bis zu einem stein-<br />
tempel. eine familie breitet ihr abendbrot aus, getrocknete würste & zuckersüße<br />
erdnüsse, gebackene kartoffelchips, klaren tequilla & frischen fruchtsaft, nie feh-<br />
lende stapel maistortillas in beige oder blau, tacos, duritos, rote bohnen & scharfe<br />
soßen in 3füßigen steingefäßen, alles auf hellen tüchern unter dem riesigen dach<br />
auf einem steintisch. ich sammele farbige blüten in ein stofftuch, um sie meiner<br />
geliebten in die he<strong>im</strong>at zu schicken, wo wir ein winziges gärtchen bebauen.<br />
auf der anderen seite des fließenden wassers führt der pfad entlang einer un-<br />
einsehbaren mulde, in die eilige, mexicanische kacker ihre halbverdauten, hell-<br />
braunen bohnenreste abließen, heideggerianisch & dünnflüssig, hülsenartig, von<br />
sich herabfließend, in flußartiger entfließung ins so-geflossen-sein geworfen.<br />
wenn einer kackt, kann er kaum was falsch machen, es sei denn, der ort ist dem