12.11.2012 Aufrufe

Spucke im Mund

Spucke im Mund

Spucke im Mund

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

24 SCHWIMMEN WIE FISCHE 156<br />

& beginnt, mich umherzuspülen, wie einen nassen sack, & ich spüre die ersten<br />

hände an meinem gürtel & meinen hosentaschen, sachte & eindringlich zugleich,<br />

forschend & fordernd, wie sie meine kleine, bescheidene habe zu greifen versuchen.<br />

ich schließe beide arme am körper & drehe mich mit ihnen, in der ahnung, daß nun<br />

alles weg ist, was ich in den taschen meiner hose verstaut habe, mache mich weich<br />

wie wasser, tauche nach unten ab & schw<strong>im</strong>me zur seite weg, bis der schwarm von<br />

der masse des stroms mitgerissen wird & sich von mir entfernt. ich sehe in einem<br />

der gesichter ein erstaunen & ein zeichen, mich nicht entkommen zu lassen, als<br />

ich abseits einen sicheren platz zum stehen finde & die taschenfischer abziehen.<br />

ich greife an meine hüfte & finde zum eigenen erstaunen meine armbanduhr<br />

vorne links neben dem taschentuch, mein notizbuch mit der scheckkarte hinten<br />

rechts & sogar die paar essensmarken, die ich für alle fälle einstecken habe. das<br />

war knapp. so dicht war es lange nicht mehr. noch nie hat irgend jemand was von<br />

meinem körper weggeklaut. noch nie sind mir sachen aus meinen taschen gestoh-<br />

len worden. mich haben schon einige über den tisch gezogen, be<strong>im</strong> einkaufen &<br />

be<strong>im</strong> bezahlen. ich wurde meine klamotten bei einem einbruch in mein hotelz<strong>im</strong>-<br />

mer los, als ich nicht zu hause war, oder aus dem schlafsack, als ich schlief, oder<br />

ich hab die sachen selbst irgendwo vergessen, liegengelassen & irgend jemandem,<br />

den ich nicht kannte, geschenkt. aber persönlich hat mich noch keiner beklaut, &<br />

wer es schaffen sollte, ist <strong>im</strong>merhin gewitzt genug, um mich auszutricksen & hat<br />

mit seiner guten arbeit die sachen auch verdient.<br />

als ich mit dem taxi zum flughafen fahre, morgens um 5, hält der fahrer an<br />

keiner roten ampel.“an der roten ampel hältst du nachts nur, wenn du ausgeraubt<br />

werden willst. mir haben sie mit 2 revolvern meine stereoanlage aus dem auto<br />

geholt, direkt vor meiner haustür, mann, die gute anlage, alles weg.“<br />

eher lasse ich meine sachen liegen, vergesse sie in einem winzig kurzen augen-<br />

blick, entferne sie aus meiner aufmerksamkeit, so daß sie genau dort verbleiben,<br />

wo ich sie liegenlasse, von meiner erinnerung mit spuren anderer ereignisse ver-<br />

mischt, & ich fühle die last der materie für eine zeitlang nicht mehr, bis ich, mir<br />

der leichtigkeit bewußt, etwas vermisse & mich in einem langwierigen, inneren<br />

suchvorgang daran mache, mich zu erinnern, welche dinge fehlen & wo sie mir<br />

abhanden gekommen sind.<br />

dinge können nicht weg, können nicht einfach irgendwo hin, können nicht

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!