Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
13 YOGA 91<br />
wenn ich ihn dann freigebe, wie der baum die reife frucht, um die verbrauchte luft<br />
ausströmen zu lassen als nahrung für die photosynthesewesen, dann beginnen die<br />
fasern der unter niveau arbeitenden muskeln mit einer körperlichen erkenntnis,<br />
wie sie von keiner schule vermittelt wird, wie sie nur die materie selbst zu wege<br />
bringt, einer erkenntnis, die kein bewußtsein benötigt, weil sie unmittelbar &<br />
rein praktisch ist, einer erkenntnis, die jede grenze als trennlinie zu etwas neuem<br />
versteht, als überwindbarer & verschiebbarer strich zwischen fast schon & noch<br />
nicht.<br />
es gibt kein ziel & keinen für <strong>im</strong>mer erreichten zustand. es gibt keine unüber-<br />
windbaren hindernisse & keine unglaublichen schätze. alles ist stetige, ständige,<br />
gleichförmige, konkrete arbeit, die weder erdacht, noch erträumt, noch einfach<br />
erinnert werden kann, sondern von mir alleine für mich alleine getan werden will.<br />
wenn du es nicht machst, macht es keiner für dich, & du wirst <strong>im</strong>mer über die<br />
runde, sich drehende erde laufen, wie ein verzogener, bettlägeriger westler, wie ein<br />
<strong>im</strong> zoo geborener tiger, der nix kennt als die stäbe seines winzigen käfigs, unfähig<br />
in einer ihm gemäßen umgebung zu leben. was dich vom tiger in seinem käfig<br />
unterscheidet, ist dein wille & dein verstand, die kraft & die fähigkeit, dich aus<br />
dir raus zu denken, gedanklich einen versuch durchzuführen, dich wieder in dich<br />
hinein zu denken, & den versuch von der gedanklichen welt in die praktische welt<br />
der dinge zu heben, wo alles, oder fast alles wirklichkeit ist, eine konkrete tatsache<br />
& sonst nix. wenn du die vorwärtsbeuge versuchst & dabei deine beine nicht<br />
nach oben streckst, weil der hier-bin-ich-also-informations-schmerz dich betäubt,<br />
& weil du glaubst, keine kraft der runden, sich drehenden erde sei in der lage,<br />
deine zehen bis zur hüfte hinauf in den h<strong>im</strong>mel zu strecken, dann vergiß es. setz<br />
dich in einen sessel & telefoniere, oder träume von einem urlaub am strand.<br />
willst du allerdings deinen körper bewohnen wie der wind den h<strong>im</strong>mel be-<br />
wohnt, dann bewege ihn & gehe auf eine reise, die weder ein festes ziel hat, noch<br />
einen genau einzuhaltenden weg. mache dich auf, in die unbekannte wüste dei-<br />
nes rückens, in die unendlichen weiten deiner arme. staune über die unglaubliche<br />
kraft deiner oberschenkel, die beweglichkeit deiner lenden, die alles andere sind<br />
als ein 4eckiger kasten mit röhren am untern ende. lache über die drehbarkeit<br />
deiner wirbelsäule, deren eine funktion von vielen es ist, deinen kopf hoch über<br />
den schultern zu halten. schaue dir die tiere an, den schwan & den hund & die