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6 URLAUB AM ATLANTIK 49<br />
salat, & die alte besitzerin des ladens, knochig & fest, mit braun gegerbter haut &<br />
feuer in den augen, demselben strengen zopf & derselben roten schleife <strong>im</strong> haar,<br />
schickt ihren sohn in die küche, um die maisfladen zu backen.<br />
mir gegenüber sitzt eine mexicanische 1-kind-familie, er in jeans, spitzen leder-<br />
stiefeln & strohhut, mitte 30, mit einem schmalen oberlippenbart auf der großpo-<br />
rigen gesichtshaut, sie mit einem blümchenkleid & einer plastik-kroko-handtasche,<br />
randvoll gefüllt. die kleine tochter will nicht am tisch sitzen, wie es kein kind in<br />
diesem alter kann.<br />
“setz dich ordentlich hin! halt still! nein sage ich! ich sage nein! du stehst jetzt<br />
nicht auf! du bleibst hier sitzen!“ der vater hat sich eine fleischsuppe mit reis & die<br />
mutter eine portion tacos bestellt. die tochter darf zusehen, was übrigbleibt vom<br />
teller des vaters, vom großen krug mit eisgekühltem orangensaft, von den tortillas,<br />
die jedes mexicanische essen begleiten & von der geduld des alten, der kurz davor<br />
ist, der kleinen grundlos eine ins gesicht zu schlagen. sie schaut sehnsuchtsvoll zu<br />
mir rüber, blickt mit ihren kinderaugen in meine müden, vom essen & der hitze<br />
ermatteten glotzer & muß sich eine schelte vom vater gefallen lassen.<br />
die alte kommt mit meinen quesadillos. ich rolle den heißen, geschmolzenen<br />
käse zu einer stange, tauche ihn in die scharfe soße & beiße ein stück ab. zäh zieht<br />
der käse einen langen faden aus meinem mund. die kleine lacht mich an, & anna<br />
maria lacht mich an zusammen mit ihrer tischnachbarin, die fast noch hübscher<br />
ist.<br />
“seid ihr schwestern?“ frage ich die beiden.<br />
“ja, das ist meine schwester lucia.“ “wer ist denn die ältere von euch beiden?“<br />
“rate mal.“ “ich hab keine ahnung, du bist die ältere.“ sie lachen beide, so als ob<br />
ich mich mit meiner eigenen frage auf den arm genommen hätte.<br />
“nein, nein, ich bin jünger als lucia. sie ist 19, & ich bin 18.“ ich werde rot.<br />
schweißperlen funkeln auf meiner stirn. anna maria steht auf, beugt sich zu lucia<br />
& gibt ihr zum abschied 2 küsse auf die wangen, während sie mir ihren festen,<br />
runden hintern entgegenstreckt. sie schickt mir <strong>im</strong> weggehen ein lachen zu &<br />
verschwindet ohne sich umzudrehen aus dem offenen raum in den schatten der<br />
arkaden. ihre lenden tanzen beschwingt, bis meine augen sie <strong>im</strong> dunkeln verlieren.<br />
ich überlege, wie ich sie wiedersehen kann. mein hotel hat zur herbstzeit nur<br />
wenige gäste, & ich kann beruhigt mit meinem freund eine gute stunde herum-