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24 SCHWIMMEN WIE FISCHE 158<br />
hatte & sich des geruchs der frischen zeitung entsann, die er kurz vorher gelesen<br />
hatte. um zu vergessen, begann er, die erlebten geschichten aufzuschreiben, in<br />
der hoffnung, sie dann beruhigt in seinem weiten, inneren gedächtnis langsam<br />
aber sicher & später ein für allemal mit dem sand der zeit zu überlagern. als dies<br />
nix half, begann er, die gesammelten zettel zu verbrennen, bis er sich endlich, in<br />
seinem eigenen gedächtnis verirrt, von den ununterbrochen auf ihn einstürzen-<br />
den eindrücken der gegenwart & der vergangenheit in einem akt der befreiung<br />
entledigte & sich das leben nahm.<br />
ehrlich gesagt ist das eine eher traurige geschichte, denn selbstmord ist wohl<br />
das dümmste, was ein mensch tun kann. nebenbei bemerkt unterscheidet die<br />
menschen von den tieren gerade & genau diese möglichkeit, ihr leben in ei-<br />
nem rückwärts gewandten, negativen beweis des freien willens zu beenden, der<br />
fähig ist, die eigene grundlage zu zerstören & sich selbst aufzuheben. was dem<br />
selbstmörder fehlt, ist nicht der freie wille, sondern sein sauberes ziel oder die ein-<br />
fache & gelegentlich auch komplizierte erfahrung, geliebt zu werden, das gefühl,<br />
einer unter zig millionen zu sein, gleichartig & genauso gebaut wie alle, & geliebt<br />
von wenigstens einem der unzähligen, 5000 millionen anderen. allein die hoff-<br />
nung, von einem wildfremden menschen die alles entscheidende frage beantwortet<br />
zu bekommen, hält einen großteil ab, sich in die endlose liste der selbstmörder<br />
einzureihen, die alljährlich zeugnis davon ablegen, wie spannend & rührend das<br />
leben <strong>im</strong> westlichen ausland ist für den arbeitenden & den nicht arbeitenden teil<br />
der bevölkerung.<br />
das letzte, was ich machen werde, ist zu sterben, aber ich werde mich nicht<br />
der möglichkeit berauben, genau diesen letzten augenblick bewußt & <strong>im</strong> vollen<br />
besitz meiner geistigen kräfte zu erleben. ich werde sterben, wie alle & genau alle<br />
menschen, werde mein kurzes leben nach sowieso zu kurzer zeit beenden, werde<br />
mich wehren, wie die meisten meiner artgenossen, aber ich weiß jetzt bereits, daß<br />
ich sicher sein werde, geliebt worden zu sein. ich weiß jetzt bereits, daß es dich<br />
gibt, mein süßer engel, daß du, falls nötig, nicht ruhen wirst, um mir meinen<br />
letzten augenblick mit einer süßen portion süßem sex zu versüßen, & ich werde<br />
all meine spärliche kraft aufbringen, um es dir gleich zu tun & dich in meine arme<br />
nehmen, so als ob es der erste tag wäre, an dem wir uns begegnen, & wenn du<br />
willst, & ich es will, werden wir uns beide in den weit geöffneten, opferbereiten