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5 VOR DEM EINSCHLAFEN 44<br />
wird eine spur breiter. ich werde schon vorsichtig sein. sie sollte aber mindestens<br />
genauso aufpassen wie ich, der ich gerade noch bis zur windward komme, wo ich<br />
mich auf die kniehohe mauer an der bushaltestelle setze, um der einsetzenden<br />
lähmung ein bißchen zeit zu geben.<br />
ich fühle mich völlig schlecht gekleidet in den kurzen hosen, die meine brei-<br />
ten, behaarten beine nicht schützen vor blicken, dreck, verletzungen oder vor dem<br />
näxten abenteuer. ich bin der einzige weiße in diesem teil der windward & viel-<br />
leicht sogar in der ganzen, langen straße, die bis zum flughafen & wieder zurück<br />
zum markt in downtown kingston führt, fühle mich entdeckt, nackt, alleine ge-<br />
lassen, von dir, meiner süßen, die ich erst noch finden muß. ich will den weg<br />
zu grandma zu fuß machen, 300 m am revier vorbei, auf dessen näheren besuch<br />
ich gut verzichten kann, wie ich auf so viele besichtigungen verzichtet habe. mir<br />
kommt ein pulk junger männer entgegen.<br />
die jungs laufen einen ganz anderen stiefel als bei uns in der he<strong>im</strong>at, wo alles<br />
stocksteif stolziert. sie hüpfen mehr & rollen & fallen, alles viel lockerer, schon<br />
wegen der unebenheiten <strong>im</strong> boden, die sie mit der hüfte ausgleichen, & wegen<br />
der unzähligen hindernisse, die mitten auf dem weg auftauchen, manchmal starr<br />
& unbeweglich & manchmal weich wie wasser.<br />
ich schlürfe <strong>im</strong> grell orangen straßenlicht an der wache vorbei, hellblau ge-<br />
strichen, <strong>im</strong>mer offen, <strong>im</strong>mer besetzt, <strong>im</strong>mer angestrahlt, & sehe die brille auf<br />
derselben straßenseite weiter vorne stehen. sie ist mir vorausgegangen & lehnt<br />
an einem geteerten telegrafenmast neben einem bart. ich wanke auf die 3 zu, &<br />
als ihre augen mich 2 schritte entfernt bemerken, lachen sie mich an, während<br />
ich mich bücke, um auf die gläser zu deuten, die sich nicht auf ihrer süßen nase<br />
befinden, sondern versteckt in einer hand sanft an der hüfte des typen lehnen.<br />
“I love your glasses.“ flüstere ich in ihre brille & gehe ein paar schritte in<br />
gebückter haltung, bis ich mich langsam aufraffe & zu grandma he<strong>im</strong> falle, in das<br />
steinhaus, wo sofie & meric für mich wache halten. un jour c’est oui, un jour c’est<br />
non, un jour c’est la question.