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Sicherung des pädagogischen Mehrwerts<br />
aus dem Hamburger Notebook-Modellversuch SEMIK, dass das persönliche Notebook<br />
allen anderen technischen Lösungen und Organisationsformen überlegen ist.<br />
Jeder Lehrer, der Schüler an Schulcomputern arbeiten lässt, kann beobachten, dass sich<br />
die Schüler <strong>mit</strong> dem Gerät, der Technik, den Programmen beschäftigen und klagt über<br />
Zeitverlust und mangelnde inhaltliche Arbeit. Die einfachsten Regeln zur Datenpflege wer-<br />
den nicht eingehalten, Daten werden nicht wiedergefunden und viele Schüler tun sich trotz<br />
Computerkenntnisse schwer, die einfachsten Arbeiten selbstständig zu erledigen.<br />
Soll der Computer als Lernwerkzeug, Lernhilfe oder Produktionsmaschine weitgehend<br />
selbstständig genutzt werden, muss er in seiner Handhabung selbstverständlich und sei-<br />
nen Funktionen transparent sein. Das Gerät darf als Werkzeug kaum noch Aufmerksamkeit<br />
binden und muss die Schüler auf ihren Weg zum Ziel unterstützen. Dies ist allerdings nur<br />
erreichbar, wenn sich das System in einem langen und konstruktiven Prozess dem Benut-<br />
zer anpasst, indem sich der Benutzer das System aneignet. Erst dann wird er es akzeptie-<br />
ren als sein persönliches Lernwerkzeug und als sein persönliches Medium zur Wissens-<br />
rekonstruktion, das ihm hilft, seine eigenen Fragestellungen zu lösen, seine eigenen Lern-<br />
wege zu gehen, seine eigenen Lernergebnisse zu produzieren. Erst dann wird das System<br />
zum meinem persönlichen „Zweitgedächtnis“ <strong>mit</strong> dem ich meine Gedanken, Ideen, Erfah-<br />
rungen und Wissen austauschen kann.<br />
Das setzt voraus, dass jeder Schüler die Möglichkeit hat, sein Wissen selbst aufzubauen,<br />
zu organisieren und strukturieren, sich im eigenen Chaos zurechtzufinden und dieses nach<br />
Bedarf neu zu organisieren - ähnlich dem eigenen Gedächtnis. Auch das folgt keiner vor-<br />
gegebenen Hierarchie und Ordnung eines Administrators.<br />
Wenn man nach drei Jahren intensiver Arbeit in die persönlichen <strong>Notebooks</strong> unserer Schü-<br />
ler schaut, kann man sich über das Chaos nur wundern. Auch penibel organisierte Schüler<br />
verteilen ihre Dateien anscheinend beliebig über der Festplatte und geben den Dateien<br />
nicht nachvollziehbare Namen, andere bauen sich assoziative Sinnbäume aus ihren Datei-<br />
en auf und alles Systeme sind mehrfach redundant angelegt.<br />
Tatsächlich finden aber alle Schüler alles für sie Wichtige sofort! Natürlich, denn ihr Abla-<br />
gesystem folgt ihrer eigenen Logik. Interessanterweise wurden auf den meisten unserer<br />
Klassennetzwerke nur die Daten hinterlegt, die der Lehrer haben wollte. Der Datenaus-<br />
tausch untereinander - auch im gemeinsamen Produktionsprozess - ging spurlos an den<br />
Servern vorbei. Auch internetgestützte Arbeitplattformen und externe Dateiablagen änder-<br />
ten an diesem Verhalten wenig. Sie wurden immerhin genutzt, wenn man keine Lust hatte<br />
das Notebook <strong>mit</strong> in die Schule zu schleppen.<br />
Vor allem am Anfang des Aneignungsprozesses scheint es besonders wichtig zu sein, dem<br />
Computer eine eigene Übersichtlichkeit geben zu können und das selbstgemachte Desktop<br />
erleichtert die Identifikation <strong>mit</strong> und den Zugang zum Gerät. Beides muss sich im Laufe der<br />
Zeit ändern können, <strong>mit</strong> dem Benutzer <strong>mit</strong>wachsen, sich dem Benutzer anpassen.<br />
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