30.11.2012 Aufrufe

Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

se sogar mit zunehmen<strong>der</strong> Tendenz, e<strong>in</strong>e große Rolle auf den Stationen psychiatrischer<br />

Kl<strong>in</strong>iken.<br />

„Nichts“, so haben wir es <strong>in</strong> den „Leitfaden zur Qualitätsbeurteilung“ geschrieben,<br />

„unterscheidet die <strong>Psychiatrie</strong> von an<strong>der</strong>en mediz<strong>in</strong>ischen Diszipl<strong>in</strong>en so<br />

deutlich wie <strong>der</strong> Umstand, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> auch <strong>Zwang</strong>sbehandlungen<br />

stattf<strong>in</strong>den. In dieser H<strong>in</strong>sicht stellt die <strong>Psychiatrie</strong> neben e<strong>in</strong>er therapeutischen<br />

Diszipl<strong>in</strong> auch e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> staatlichen <strong>Gewalt</strong> dar.“<br />

Dieser Doppelcharakter psychiatrischen Handelns setzt für zunehmend mehr Patient<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> Patienten bereits vor dem Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Behandlung e<strong>in</strong>: So hat sich<br />

beispielsweise <strong>der</strong> Anteil bei <strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisungen <strong>und</strong> <strong>Zwang</strong>szurückhaltungen<br />

<strong>in</strong> den letzten 10-15 Jahren <strong>in</strong> Bremen verdoppelt, die Steigerungsrate bei <strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisungen<br />

im Land Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen beträgt 45% seit 1985. B<strong>und</strong>esweit<br />

gibt es e<strong>in</strong>e extreme, schwer nachvollziehbare Streubreite an unterschiedlichen<br />

<strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisungsraten, wobei die erhobenen Daten aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher<br />

gesetzlicher Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Erhebungsmethoden kaum vergleichbar s<strong>in</strong>d.<br />

Ist die – zwangsweise – Aufnahme <strong>in</strong> die psychiatrische Kl<strong>in</strong>ik erfolgt, werden<br />

die Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten mit dem Vorhandense<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Androhung o<strong>der</strong><br />

Anwendung e<strong>in</strong>er Vielzahl von Maßnahmen konfrontiert, die Freiheit <strong>und</strong> Selbstbestimmung<br />

bee<strong>in</strong>trächtigen. Hierzu gehören <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e: Ausgangsbeschränkungen,<br />

Isolierung, Besuchsverbote, <strong>Zwang</strong>smedikationen, Fixierungen. Ganz<br />

im Gegensatz zu dem Postulat, wonach solche <strong>Zwang</strong>smaßnahmen äußerst<br />

restriktiv zu handhaben <strong>und</strong> sorgfältig zu dokumentieren s<strong>in</strong>d, muß vielmehr<br />

vermutet werden, daß <strong>in</strong> Bezug auf Häufigkeit <strong>und</strong> Dauer <strong>der</strong> Anwendung von<br />

<strong>Zwang</strong>smaßnahmen b<strong>und</strong>esweit e<strong>in</strong>e hohe Dunkelziffer existiert. Dabei s<strong>in</strong>d es<br />

gerade diese Maßnahmen, die e<strong>in</strong>en erheblichen E<strong>in</strong>fluß darauf haben, ob das<br />

Milieu e<strong>in</strong>er Behandlungse<strong>in</strong>heit von den Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten als<br />

<strong>Zwang</strong>smilieu erfahren wird. Bereits die Androhung beispielsweise von Ausgangsbeschränkungen<br />

erschwert das Erreichen so wichtiger Ziele wie Krankheitsverständnis<br />

<strong>und</strong> Verantwortung, aber auch Zufriedenheit, beträchtlich.<br />

Wir s<strong>in</strong>d froh, mit Frau Termeer, Frau Bridge <strong>und</strong> Frau Heim heute drei Personen<br />

begrüßen zu dürfen, die aus ihrer unmittelbaren bzw. mittelbaren Erfahrung als<br />

<strong>Psychiatrie</strong>erfahrene bzw. Angehörige eigene Erfahrungen im Umgang mit<br />

<strong>Zwang</strong>s – be – handlungen authentisch schil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> reflektieren können.<br />

Aber was ist mit <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong>, die von psychisch Kranken ausgeübt wird? Ist es<br />

nicht die Gefahr, die von psychisch Kranken ausgeht, die erst die Vielzahl von<br />

<strong>Zwang</strong>smaßnahmen erfor<strong>der</strong>lich macht, zum Schutz <strong>der</strong> betroffenen Familien,<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit, <strong>der</strong> Behandelnden? S<strong>in</strong>d sie nicht gewalttätiger als an<strong>der</strong>e<br />

Menschen? Asmus F<strong>in</strong>zen hat sich kürzlich mit dieser immer wie<strong>der</strong> von Öffentlichkeit<br />

<strong>und</strong> psychiatrischer Fachwelt gestellten Frage ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt <strong>und</strong><br />

kommt dabei nach e<strong>in</strong>er differenzierten Betrachtung von Häufigkeit <strong>und</strong> Art aggressiver<br />

Handlungen durch psychisch Kranke zu dem Schluß (ich zitiere die<br />

FAZ v. 30.7.97) „(...) daß von psychisch Kranken häufiger Gefahr droht als von<br />

ges<strong>und</strong>en Menschen. Aber das Risiko ist nicht größer als bei bestimmten ande-<br />

10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!