Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...
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Handlungen entfaltet werden, die über das bloße Zu- o<strong>der</strong> Überreden h<strong>in</strong>aus<br />
gehen. Dabei verbleiben sicherlich immer noch Zweifelsfälle – e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigere<br />
Abgrenzungsmöglichkeit fehlt aber.<br />
II. Darstellung <strong>der</strong> Rechtspraxis<br />
Im folgenden möchte ich kurz schil<strong>der</strong>n, welche Sachverhaltskonstellationen <strong>in</strong><br />
Unterbr<strong>in</strong>gungsverfahren generell an den Richter herangetragen werden.<br />
Erstens s<strong>in</strong>d Fälle zu nennen, <strong>in</strong> denen die Betroffenen bereits durch die zuständige<br />
Behörde o<strong>der</strong> die Betreuer wegen Gefahr <strong>in</strong> Verzug <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik untergebracht<br />
worden s<strong>in</strong>d. Erst im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> wird bei Gericht <strong>der</strong> Antrag gestellt, die<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung anzuordnen bzw. zu genehmigen.<br />
Zweitens handelt es sich um Fälle, <strong>in</strong> denen die Betroffenen an<strong>der</strong>weitig <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Kl<strong>in</strong>ik aufgenommen wurden. Das betrifft etwa Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten, die<br />
sich zunächst freiwillig <strong>in</strong> stationäre Behandlung begeben, dann aber entgegen<br />
<strong>der</strong> ärztlichen E<strong>in</strong>schätzung die Kl<strong>in</strong>ik wie<strong>der</strong> verlassen wollen. Daneben kommt<br />
es oft vor, daß Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten nach Suizidversuch o<strong>der</strong> bei psychischen<br />
Auffälligkeiten von an<strong>der</strong>en Kl<strong>in</strong>iken verlegt werden o<strong>der</strong> sie als hilflose<br />
Person aufgef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> im Rahmen aktueller Verwirrtheit auf e<strong>in</strong>e geschlossene<br />
Station verbracht werden.<br />
Auch hier wird das Gericht erst nach dem Vollzug <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong>formiert. Die<br />
Verfahren werden dann auf Anregung <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik vielfach über das Landesunterbr<strong>in</strong>gungsrecht<br />
an das Gericht herangetragen – selbst wenn e<strong>in</strong>e Betreuung<br />
besteht. In <strong>der</strong> Praxis bedeutet dies, daß die zuständigen Behörden also zunächst<br />
die e<strong>in</strong>stweilige Unterbr<strong>in</strong>gung anordnen, <strong>der</strong> Richter die Betroffenen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik anhört <strong>und</strong> über die Notwendigkeit <strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Rechtsgr<strong>und</strong>lage<br />
entscheidet. Auch hier versteht es sich von selbst, daß <strong>der</strong> Richter<br />
allenfalls <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anhörung <strong>der</strong> Betroffenen mit <strong>der</strong> Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisung<br />
<strong>und</strong> evt. <strong>Gewalt</strong>anwendung konfrontiert wird. Da dieser Vorgang aber abgeschlossen<br />
ist <strong>und</strong> das Verfahrensrecht ke<strong>in</strong>e nachträgliche Feststellung evt. rechtswidrig<br />
verlaufener Verfahrensakte kennt, besteht ke<strong>in</strong>e Gestaltungs- o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>griffsmöglichkeit<br />
für den Richter bzw. die Richter<strong>in</strong>.<br />
Drittens gibt es Fälle, <strong>in</strong> denen die zuständige Behörde bzw. die Betreuer die Unterbr<strong>in</strong>gungsanordnung<br />
bzw. -genehmigung e<strong>in</strong>er noch nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik bef<strong>in</strong>dlichen<br />
Person beantragen. Dies geschieht regelmäßig dann, wenn die Betreuer bzw. die<br />
Umwelt <strong>der</strong> Betroffenen e<strong>in</strong>e stationäre Behandlung für notwendig erachten, aber<br />
ke<strong>in</strong>e Gefahr <strong>in</strong> Verzug vorliegt, die e<strong>in</strong> Vorgehen nach <strong>der</strong> ersten Fallgruppe rechtfertigt<br />
bzw. die Betroffenen nicht zu e<strong>in</strong>er <strong>stationären</strong> Behandlung bereit s<strong>in</strong>d. In<br />
diesen Fällen könnte <strong>der</strong> Richter gr<strong>und</strong>sätzlich mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong>anwendung<br />
konfrontiert se<strong>in</strong>, da nicht immer erwartet werden kann, daß die Betroffenen alle<strong>in</strong><br />
aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schaltung des Gerichts ihre bisherige E<strong>in</strong>stellung än<strong>der</strong>n werden.<br />
Selbst <strong>in</strong> diesen Fällen s<strong>in</strong>d die Möglichkeiten des Gerichts, auf die Art <strong>und</strong> Weise<br />
<strong>der</strong> Unterbr<strong>in</strong>gung E<strong>in</strong>fluß zu nehmen, äußerst ger<strong>in</strong>g.<br />
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