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Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

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Die Gestaltung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisungspraxis aus <strong>der</strong> Perspektive<br />

e<strong>in</strong>es Unterbr<strong>in</strong>gungsrichters<br />

Georg Dodegge<br />

I. E<strong>in</strong>weisung <strong>und</strong> <strong>Zwang</strong> – zur Begrifflichkeit<br />

Entscheidungen e<strong>in</strong>es Richters zur Frage e<strong>in</strong>er Unterbr<strong>in</strong>gung haben sich verfahrensmäßig<br />

an den Regelungen des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit<br />

(FGG) zu orientieren. Im Gegensatz zur Sozialwissenschaft werden dort<br />

die Begriffe Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> <strong>Gewalt</strong> verwendet, die <strong>in</strong>haltlich aber nichts an<strong>der</strong>es<br />

bedeuten. Überwiegend wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> juristischen Literatur zur Beschreibung<br />

des <strong>Gewalt</strong>begriffes auf den Term<strong>in</strong>us „<strong>Zwang</strong>“ zurückgegriffen. Als „unmittelbarer<br />

<strong>Zwang</strong>“ f<strong>in</strong>det er im Polizeirecht Anwendung.<br />

Die Notwendigkeit e<strong>in</strong>er <strong>Gewalt</strong>option ist bereits 1881 von Gottlieb PLANCK <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Begründung des Entwurfes des FGG zutreffend formuliert:<br />

„Es liegt im Wesen e<strong>in</strong>er mit imperium ausgestatteten Behörde, daß dieselbe<br />

die Macht haben muß, die von ihr <strong>in</strong>nerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse erlassenen<br />

Verfügungen nöthigenfalls im Wege des <strong>Zwang</strong>s durchzuführen.“ 1<br />

E<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Klärung o<strong>der</strong> gar nur umfassende Darstellung des <strong>Gewalt</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Zwang</strong>begriffes ist für den FGG-Bereich m.E. bisher nicht erreicht. Zuletzt<br />

haben von EICKEN/ERNST/ZENZ im Jahre 1990 auf die Schwierigkeiten,<br />

<strong>Zwang</strong>smaßnahmen von zwanglosen Handlungen zu differenzieren, h<strong>in</strong>gewiesen2<br />

. Es könne nicht alle<strong>in</strong> um die Abgrenzung von offener <strong>Gewalt</strong>anwendung –<br />

also von <strong>Gewalt</strong> im tagtäglichen Verständnis – gehen. Dieses Verständnis würde<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong> bewußtes <strong>und</strong> aktives, m<strong>in</strong>destens verbales, Abwehren voraussetzen.<br />

Sie schlagen daher <strong>in</strong> ihrer rechtstatsächlichen Untersuchung e<strong>in</strong>e am<br />

Strafrecht orientierte Begriffsbestimmung vor. Von <strong>Zwang</strong> könne danach gesprochen<br />

werden, wenn Bewegungse<strong>in</strong>schränkungen o<strong>der</strong> ärztliche Behandlungen<br />

ohne rechtswirksame E<strong>in</strong>willigung <strong>der</strong> Betroffenen selbst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> ihrer gesetzlichen<br />

Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vertreter durchgeführt werden.<br />

M.E. kann dies für die Bestimmung von <strong>Gewalt</strong> bei e<strong>in</strong>er Unterbr<strong>in</strong>gung nicht <strong>der</strong><br />

alle<strong>in</strong>ige Ansatz bleiben. <strong>Zwang</strong>smaßnahmen lägen danach nicht vor, wenn die<br />

Betreuer mit gerichtlicher Genehmigung die Unterbr<strong>in</strong>gung durchsetzen.<br />

Zutreffen<strong>der</strong> ersche<strong>in</strong>t es mir, darauf abzustellen, ob die Unterbr<strong>in</strong>gung gegen<br />

o<strong>der</strong> ohne den natürlichen Willen <strong>der</strong> Betroffenen erfolgt <strong>und</strong> von e<strong>in</strong>em Dritten<br />

1 Zitiert nach HELLE, FamRZ 1984, 639 ff (639).<br />

2 Fürsorglicher <strong>Zwang</strong>, B<strong>und</strong>esanzeiger Verlag, Köln 1990, S. 15 f.<br />

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