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Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

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gepersonal enger mit den Patienten zusammen sei <strong>und</strong> deshalb mit e<strong>in</strong>em höheren<br />

Prozentsatz an sexuellem Mißbrauch zu rechnen sei.<br />

Dies war <strong>der</strong> Fall: 16,8% <strong>der</strong> Männer <strong>und</strong> 10,5% <strong>der</strong> Frauen gaben an, sexuelle<br />

Kontakte zu Patient<strong>in</strong>nen bzw. Patienten gehabt zu haben. 13,9% davon gaben<br />

auch an, Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Der sexuelle Kontakt fand zu 75%<br />

während des Krankenhausaufenthalts statt. 94% des psychiatrischen Pflegepersonals<br />

vertraten übrigens die Ansicht, daß sexuelle Kontakte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er therapeutischen<br />

Situation unangebracht seien, <strong>und</strong> nicht viel weniger waren <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung,<br />

daß sexuelle Kontakte den Patienten schaden. Fast 90% <strong>der</strong> Pflegepersonen waren<br />

unter 30 Jahren <strong>und</strong> hatten weniger als 5 Jahre Berufserfahrung.<br />

MOGGI <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e untersuchten noch e<strong>in</strong>en weiteren Zusammenhang. Wenn<br />

Männer als K<strong>in</strong>d sexuell mißhandelt wurden, erhöht dies die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit,<br />

selbst Täter zu werden. Bei Frauen ist dies nicht <strong>der</strong> Fall. Sie geben im allgeme<strong>in</strong>en<br />

selbst erfahrene <strong>Gewalt</strong> kaum weiter.<br />

Das Pflegepersonal ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erweiterten S<strong>in</strong>n psychotherapeutisch tätig,<br />

nämlich im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Milieutherapie. Sie begleiten die Patienten im Alltag. Spontane<br />

körperliche Berührungen s<strong>in</strong>d nicht unbed<strong>in</strong>gt ausgeschlossen. E<strong>in</strong> möglichst<br />

natürliches <strong>und</strong> unverkrampftes Verhalten ist erwünscht. Die Beziehungen<br />

zu den Patienten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt schwieriger zu def<strong>in</strong>ieren. Die Abgrenzung zu<br />

ihnen ist nicht durch Regeln festgelegt, wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Psychotherapie, so daß Grenzverletzungen<br />

immer wie<strong>der</strong> neu überlegt werden müssen. Die Abst<strong>in</strong>enzregel ist<br />

nicht Bestandteil ihres Berufsbilds.<br />

Gabriele TERGEIST gibt dafür <strong>in</strong> ihrem Beitrag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em 1996 erschienenen<br />

Buch über „Störfall Sexualität“ zwei Grenzbeispiele. „So ist berufsethisch vielleicht<br />

debattierbar, ob bereits dann e<strong>in</strong> verwerfliches Verhalten e<strong>in</strong>es Betreuers<br />

vorliegt, wenn sich dieser bei <strong>der</strong> Außenaktivität mit PatientInnen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hochsommerhitze<br />

am Badesee vor <strong>der</strong>en Augen nackt auszieht <strong>und</strong>, e<strong>in</strong>e Patient<strong>in</strong><br />

dabei mitziehend, sich genüßlich <strong>in</strong> das kühlende Naß stürzt. Schon weniger<br />

vertretbar sche<strong>in</strong>t, wenn <strong>der</strong> gleiche o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Betreuer sich über den<br />

nackten Busen <strong>der</strong> Klient<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Gegenwart am Badesee lustvoll äußert <strong>und</strong><br />

sich anschickt, diesen zur Vermeidung e<strong>in</strong>es Sonnenbrands e<strong>in</strong>zureiben.“<br />

Außer <strong>der</strong> obigen Untersuchung von MOGGI <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en für das Pflegepersonal<br />

gibt es für den Bereich <strong>der</strong> Psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken ke<strong>in</strong>e Untersuchungen<br />

zu unserem Thema.<br />

Die psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken s<strong>in</strong>d meistens größere Kl<strong>in</strong>iken, die über Personal<br />

aus verschiedenen Berufsgruppen verfügen, die idealerweise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Team<br />

zusammenarbeiten. Entsprechend aufwendig dürfte e<strong>in</strong>e Untersuchung im S<strong>in</strong>ne<br />

unseres Themas se<strong>in</strong>. Dazu kommt, daß die Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten oft<br />

schwer erkrankt s<strong>in</strong>d, beispielsweise an e<strong>in</strong>er Wahnkrankheit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Demenz<br />

leiden, <strong>und</strong> das E<strong>in</strong>fühlungsvermögen müßte groß se<strong>in</strong>, um mögliche Befragungen<br />

verwerten zu können. In Bezug auf sexuelle Übergriffe s<strong>in</strong>d ähnliche<br />

Zahlen zu erwarten, wie sie für die ambulante <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> Psychotherapie<br />

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