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Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

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Ansprechpartner f<strong>in</strong>den, die ihnen helfen, die für alle Beteiligten traumatischen<br />

Erlebnisse zu verarbeiten. Die ihnen helfen zu verstehen, was da abgelaufen ist,<br />

<strong>und</strong> Strategien zu entwickeln, die zur Vermeidung von Zuspitzungen beitragen<br />

können. Nicht nur für Patient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Patienten, auch für die Angehörigen s<strong>in</strong>d<br />

Vorgeschichte <strong>und</strong> Begleitumstände <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>er <strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisung e<strong>in</strong><br />

Alptraum, <strong>der</strong> umso tiefer nach- <strong>und</strong> weiterwirkt, wenn nicht darüber gesprochen<br />

werden kann.<br />

„Ich habe unter Schock gestanden,“ berichtet e<strong>in</strong>e Mutter, die ke<strong>in</strong>e Erklärung<br />

f<strong>in</strong>det für den Suizidversuch ihrer Tochter. „In me<strong>in</strong>er Brust lebten zwei Seelen:<br />

– Ich wußte, daß me<strong>in</strong>e Tochter nicht mehr leben wollte, jede Hilfe ablehnte –<br />

dies aber nur mir sagte;<br />

– ich wußte, daß sie an<strong>der</strong>erseits Hilfe brauchte, mehr denn je, <strong>und</strong> daß ich als<br />

Mutter ihr diese Hilfe nicht geben konnte.<br />

Aber: Darf ich das mir anvertraute Innerste <strong>der</strong> Kranken weitergeben, zu ihrem<br />

Schutz <strong>und</strong> zur Beruhigung me<strong>in</strong>er Ängste? Wie reagiert <strong>der</strong> Arzt auf H<strong>in</strong>weise<br />

von mir? Kommt me<strong>in</strong>e Tochter dann wie<strong>der</strong> auf die geschlossene Station, wo<br />

sie ke<strong>in</strong>esfalls h<strong>in</strong> will? O<strong>der</strong> werden ihr stärkere Medikamente verabreicht, evtl.<br />

mit gravierenden Nebenwirkungen?<br />

Der Arzt hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion e<strong>in</strong>e gewisse Macht, mit <strong>der</strong> er <strong>in</strong> den Willen <strong>der</strong><br />

Kranken e<strong>in</strong>greift. Besteht Suizidgefahr, ist das auch notwendig. Kann <strong>der</strong> Kranke<br />

aber den Kopf wie<strong>der</strong> etwas heben, auch wenn noch Suizidgedanken da s<strong>in</strong>d,<br />

dann sollte doch nicht nur mit Tabletten lehrbuchmäßig weiterbehandelt werden.<br />

Warum wird nicht mit den Patienten gesprochen <strong>und</strong> ihnen geholfen zu verstehen<br />

<strong>und</strong> zu überw<strong>in</strong>den, was zu ihrem Absturz geführt hat?!<br />

Was kann ich tun, um zu helfen – wie kann ich etwas tun, um <strong>der</strong> Kranken nicht<br />

zu schaden? Jedes verkehrte Wort o<strong>der</strong> jede unbedachte Handlung kann sich<br />

negativ auswirken. Unter diesem Druck lebt man. Me<strong>in</strong>e Tochter hatte zweimal<br />

e<strong>in</strong>e Aggression gegen mich, mit <strong>der</strong> ich ganz alle<strong>in</strong>e fertigwerden mußte. An<br />

manchen Tagen kam ich mir sehr verlassen vor mit allen Fragen <strong>und</strong> Problemen.<br />

Man hat Angst vor dem, was mit dem Kranken passiert, <strong>und</strong> hofft auf e<strong>in</strong>e Orientierungshilfe<br />

vom Fachpersonal.“<br />

Ohnmacht <strong>und</strong> Verantwortung<br />

Auf solche Orientierungshilfe warten Angehörige oftmals vergeblich. Schweigepflicht<br />

– so heißt die Ohrfeige für die Ratlosen. „Wir haben uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik wie<br />

Aussätzige behandelt gefühlt,“ berichtet e<strong>in</strong> gebeutelter Vater: „Ke<strong>in</strong> Wort <strong>der</strong><br />

Beratung, ke<strong>in</strong>erlei Zusammenarbeit, trotz wie<strong>der</strong>holter Versuche unsererseits!<br />

Jetzt ist unser ke<strong>in</strong>eswegs ges<strong>und</strong>er Sohn wie<strong>der</strong> zu Hause – mit welcher Perspektive?<br />

Welche Chancen hat e<strong>in</strong> Psychose-Kranker, wenn er bereits nach<br />

wenigen Wochen, nur mit e<strong>in</strong>er schriftlichen Anweisung für die Medikation ausgestattet,<br />

den ratlosen Eltern überantwortet wird? In <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik konnte unser<br />

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