Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...
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setzt – e<strong>in</strong> wesentliches Moment zur L<strong>in</strong><strong>der</strong>ung aggressionsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Ohnmachtsgefühle,<br />
die dem e<strong>in</strong>geschlossenen Menschen von vornhere<strong>in</strong> durch e<strong>in</strong>e<br />
begrenzte Handlungsperspektive <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Sett<strong>in</strong>g vermittelt werden.<br />
Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Begleitforschung sieht die Betroffenenperspektive wie folgt<br />
aus: „Als vorrangige Belastung beschrieben 51% den Aufenthalt auf e<strong>in</strong>er geschlossenen<br />
Station. Auf solche Phasen fielen die dramatischsten Ereignisschil<strong>der</strong>ungen<br />
bzw. die schlimmsten Empf<strong>in</strong>dungen, teilweise unter Beteiligung von<br />
heftigen Gefühlsreaktionen (...). Dies traf vor allem auf die erstmaligen Unterbr<strong>in</strong>gungen<br />
zu” (GUNKEL et al. 1996, S. 25).<br />
Deutlich zeigt sich hier, welche entspannende Funktion für das Stationsklima die<br />
offene Tür e<strong>in</strong>nehmen <strong>und</strong> welche – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für erst- <strong>und</strong> akut aufgenommene<br />
Patienten – wohltuende Wirkung von ihr ausgehen kann. Dabei ist allerd<strong>in</strong>gs<br />
zu beachten, daß die offenen Stationstüren <strong>in</strong> Herne an das Heterogenitätspr<strong>in</strong>zip<br />
geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d.<br />
Im Kontext dieser Erfahrungen vermittelten dann klassisch-beschäftigungstherapeutisch<br />
orientierte Angebote bald e<strong>in</strong>en „rückfälligen“, nahezu repressiven<br />
E<strong>in</strong>druck: Die sich auf den Stationen gestaltende <strong>in</strong>teraktive Atmosphäre <strong>und</strong><br />
die deutlich folgende Eigenaktivierung, schien e<strong>in</strong>geschränkt zu werden, <strong>in</strong>dem<br />
die KlientInnen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art therapeutischem „Almabtrieb“ <strong>in</strong> verb<strong>in</strong>dliche Angebote<br />
e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en wurden, die fremdbestimmt die Zeit <strong>der</strong> KlientInnen verwalteten<br />
<strong>und</strong> zu lebenswelt- <strong>und</strong> identitätsfremden Tätigkeitsfel<strong>der</strong>n anregten. Diesen<br />
Zusammenhang brachte e<strong>in</strong> Mitarbeiter des städtischen Fuhrparks zur Zeit se<strong>in</strong>es<br />
Aufenthalts auf den Punkt: „Ich b<strong>in</strong> Müllwerker, ke<strong>in</strong> Seidenmaler!“.<br />
Um die heterogenitätsbezogenen Erfahrungen weiter therapeutisch nutzen zu<br />
können, mußten unentfremdete, d.h. alltagswelt- <strong>und</strong> lebensweltbezogene Bereiche<br />
geschaffen werden, die den NutzerInnen <strong>der</strong> Institution gleichfalls die<br />
Möglichkeit boten, unter therapeutischer Begleitung selbständig angebotsgestaltend<br />
wirksam zu werden, somit e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Institution eigenständig neu zu<br />
kreieren.<br />
Vergrößert werden Räume, spielerisch handelnd die eigene Identität wie<strong>der</strong> zu<br />
stärken, die eigenen Wünsche <strong>und</strong> Bedürfnisse wie<strong>der</strong> zu erfahren, den eigenen<br />
Körper wie<strong>der</strong> zu spüren durch s<strong>in</strong>nvolles, zielgerichtetes eigenständiges Gestalten.<br />
2.3 Die Mitgestaltung <strong>der</strong> Institution durch ihre NutzerInnen<br />
Gerade diesem Punkt dürfte e<strong>in</strong>e außergewöhnliche Bedeutung gewaltm<strong>in</strong><strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />
Wirkung für die psychiatrische Institution zukommen, wie die nachfolgende<br />
Vorstellung von Projekten zeigt. Zum e<strong>in</strong>en identifizieren sich die NutzerInnen<br />
mit den selbstgestalteten <strong>in</strong>stitutionellen Elementen ebenso wie mit ihrer „Gruppe“<br />
( z.B. Delegierte, Jakobuspilger, Atelierreferenten usw.), die hierzu beiträgt;<br />
zum an<strong>der</strong>en ergibt sich aus diesen Erfahrungen e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Selbstkonzept<br />
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