Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...
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Innen – Ansichten:<br />
<strong>Gewalt</strong>-Erfahrungen aus Sicht e<strong>in</strong>er <strong>Psychiatrie</strong>erfahrenen<br />
Ursula Termeer<br />
Im Jahre 1979 erkrankte ich psychisch. Ich befand mich auf dem Gipfel <strong>der</strong><br />
Manie <strong>und</strong> hielt mich bei me<strong>in</strong>er Mutter auf. Sie rief me<strong>in</strong>e Schwester H. zur<br />
Unterstützung, <strong>und</strong> sie brachten mich nach langen Kämpfen dazu, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Samariterwagen nach Köln <strong>in</strong> die <strong>Psychiatrie</strong> zu fahren, um, wie ich glaubte, mit<br />
e<strong>in</strong>er Psycholog<strong>in</strong> zu sprechen.<br />
Dort angekommen, redete e<strong>in</strong> Arzt mit mir, <strong>der</strong> überhaupt nicht e<strong>in</strong>schätzen konnte,<br />
was mit mir los war. Er fragte me<strong>in</strong>e Mutter, die ihn <strong>in</strong>formierte. Der Mann<br />
begriff dennoch nichts. Jetzt wollte ich vere<strong>in</strong>barungsgemäß wie<strong>der</strong> nach Hause<br />
fahren, was mir durch Verschließen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>gangstür unmöglich gemacht wurde.<br />
Es kamen vier starke Pfleger auf mich zu, kreisten mich e<strong>in</strong> <strong>und</strong> drängten mich<br />
zum Aufzug. Ich bekam furchtbare Angst, wußte, was auf mich zukam, daß sie<br />
mich festschnallen <strong>und</strong> mit Psychopharmaka spritzen würden. Ich sagte, ich sei<br />
schwanger <strong>und</strong> sie sollten mir um Himmels willen ke<strong>in</strong>e Medikamente geben, da<br />
sie mir damit me<strong>in</strong> erstes Wunschk<strong>in</strong>d töten würden. Es erfolgte ke<strong>in</strong>e Reaktion.<br />
Me<strong>in</strong>e Angst steigerte sich immer mehr, es g<strong>in</strong>g um die Unversehrtheit me<strong>in</strong>es<br />
Embryos. Ich bat, schrie, flehte, drohte, me<strong>in</strong>em Embryo unbeschadet zu lassen,<br />
auf Psychopharmaka zu verzichten, jedoch ke<strong>in</strong> Arzt kümmerte sich um<br />
me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wände. Ich fühlte mich als m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertiges Wesen unmenschlich behandelt.<br />
Ich wurde von vier Pflegern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Aufzug gedrängt <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> geschlossenen<br />
Abteilung fixiert <strong>und</strong> gespritzt. Ich we<strong>in</strong>te sehr, da ich wußte, daß mir me<strong>in</strong> ungeborenes<br />
K<strong>in</strong>d gemordet worden war.<br />
Die nächsten zehn Tage auf <strong>der</strong> Station wurden mir weiterh<strong>in</strong> gegen me<strong>in</strong>en<br />
ausdrücklichen Willen mit <strong>Gewalt</strong>anwendung Psychopharmaka gespritzt. Erst<br />
nach 10 Tagen ließ e<strong>in</strong> Arzt e<strong>in</strong>en Schwangerschaftstest machen, <strong>der</strong> positiv<br />
ausfiel. Die Medikamente wurden sofort abgesetzt. Das war falsch, denn für e<strong>in</strong><br />
Leben me<strong>in</strong>es Ungeborenen war es zu spät <strong>und</strong> ich litt die folgende Nacht unter<br />
starken Entzugsersche<strong>in</strong>ungen <strong>und</strong> hatte so etwas wie epileptische Anfälle. Ich<br />
litt entsetzlich, me<strong>in</strong> ganzer Körper entzog sich me<strong>in</strong>er Kontrolle. Trotz me<strong>in</strong>es<br />
Drängens erschien ke<strong>in</strong> Arzt. Am nächsten Tag ließ ich mich entlassen.<br />
Fünf Wochen später wurde ich <strong>in</strong> Neuss zwangse<strong>in</strong>gewiesen. Ich wollte nur nach<br />
Hause <strong>und</strong> blieb stur <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Ablehnung, freiwillig <strong>in</strong>s Bett zu gehen. Noch<br />
wurden mir ke<strong>in</strong>e Medikamente gegeben, da durch me<strong>in</strong>e Mutter me<strong>in</strong>e Schwangerschaft<br />
bekannt war. Doch nach vergeblichen Bemühungen, mich freiwillig <strong>in</strong>s<br />
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