Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...
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Das Dilemma <strong>der</strong> Angehörigen<br />
Was soll man tun, wenn e<strong>in</strong> Psychiater die E<strong>in</strong>weisung se<strong>in</strong>er 19jährigen Patient<strong>in</strong><br />
ablehnt, obwohl sie ihm von ihren Mord- <strong>und</strong> Selbstmordgedanken erzählt<br />
hat? Sie will halt nicht <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik. Wie die bedrohte Zwill<strong>in</strong>gsschwester damit<br />
zurechtkommt, was die Eltern wollen <strong>und</strong> verkraften können – danach wird nicht<br />
gefragt. Ich weiß sehr wohl – aus eigener Erfahrung, daß die psychiatrische<br />
Kl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> solchen Fällen nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> hilfreichste Ort ist. Aber welche Alternativen<br />
gibt es denn? Wer trägt am Ende die Verantwortung?<br />
Wir erleben es immer wie<strong>der</strong>, daß E<strong>in</strong>weisung <strong>und</strong> Aufnahme <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik verweigert<br />
werden,<br />
– solange e<strong>in</strong> Patient (noch) e<strong>in</strong>igermaßen geordnet wirkt – o<strong>der</strong> weil er durchblicken<br />
läßt, daß er zwar auf den eigenen Be<strong>in</strong>en, aber nicht ganz aus eigenem<br />
Antrieb gekommen ist;<br />
– weil die Kl<strong>in</strong>ik nicht für ihn zuständig ist o<strong>der</strong> für ihn ke<strong>in</strong> Bett frei hat. Der<br />
<strong>Zwang</strong> zur <strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisung: Nicht selten wird so die Eskalation vorprogrammiert<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> Kauf genommen bis h<strong>in</strong> zur <strong>Gewalt</strong>, die dann e<strong>in</strong>e <strong>Zwang</strong>se<strong>in</strong>weisung<br />
nötig <strong>und</strong> möglich macht.<br />
H<strong>in</strong> <strong>und</strong> hergerissen zwischen Hoffen <strong>und</strong> Bangen, wagen Angehörige oft nicht,<br />
ihre Not deutlich genug zu offenbaren,<br />
– weil sie sich schämen,<br />
– weil sie sich vor neuen Schuldvorwürfen <strong>und</strong> Verdächtigungen fürchten <strong>und</strong><br />
– weil sie nicht auch noch das Vorurteil bestätigen <strong>und</strong> bestärken wollen, das<br />
immer wie<strong>der</strong> durch die Medien geistert: psychisch Kranke se<strong>in</strong>e unberechenbare,<br />
geme<strong>in</strong>gefährliche <strong>Gewalt</strong>täter.<br />
Am Beispiel <strong>der</strong> Attentate von 1990 – auf Oskar Lafonta<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Wolfgang Schäuble<br />
– wird das Dilemma deutlich. Die Taten <strong>und</strong> ihr publizistisches Echo haben damals<br />
nicht nur latenten Ängsten <strong>der</strong> Bevölkerung Auftrieb gegeben. Sie haben auch die<br />
Angehörigen zutiefst getroffen <strong>und</strong> nachhaltig verunsichert. Wurde durch diese<br />
<strong>Gewalt</strong>taten doch augenfällig, <strong>in</strong> welche Katastrophen die zögerliche Haltung professioneller<br />
Helfer führen kann. Insbeson<strong>der</strong>e die Tat von Adelheid Streidel damals<br />
<strong>in</strong> Köln hätte nach dem Urteil von Professor He<strong>in</strong>z Häfner „mit an Sicherheit<br />
grenzen<strong>der</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t werden können, wenn man <strong>der</strong> zutreffenden<br />
Vorhersage <strong>der</strong> Schwester... gefolgt wäre <strong>und</strong> die Kranke unverzüglich<br />
e<strong>in</strong>er <strong>stationären</strong> psychiatrischen Behandlung zugeführt hätte.“ Solche Sätze bleiben<br />
Angehörigen unauslöschlich im H<strong>in</strong>terkopf.<br />
Das Dilemma ist ja: Zuhause erleben wir die Erkrankten – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> akuten<br />
Phasen – durchaus nicht selten als unberechenbar.<br />
– Auch ich habe nächtelang wachgelegen aus Angst.<br />
– Auch ich b<strong>in</strong> lange Zeit <strong>in</strong>nerlich auf Zehenspitzen gegangen,<br />
– auch ich b<strong>in</strong> verstummt <strong>und</strong> fast erstickt vor lauter Vorsicht,<br />
um nur nicht durch e<strong>in</strong> harmloses, aber sche<strong>in</strong>bar „falsches“ Wort, e<strong>in</strong>e „fal-<br />
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