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Gewalt und Zwang in der stationären Psychiatrie - Aktion Psychisch ...

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erfahren genug <strong>und</strong> <strong>der</strong> Betroffene bereits über 80 Jahre sei. Zur Not könne er<br />

ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Auto setzen <strong>und</strong> zur Kl<strong>in</strong>ik fahren. Das gelang nicht. Nach e<strong>in</strong>igen<br />

Tagen erschien die Behörde dann doch mit Polizei. 45 M<strong>in</strong>uten wurde zwischen<br />

Betreuer, Behördenmitarbeiter <strong>und</strong> Polizisten diskutiert (<strong>der</strong> Betroffene verfolgte<br />

das Geschehen am Fenster), ob die verbale Weigerung <strong>und</strong> das Nichtöffnen <strong>der</strong><br />

Haustür e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>schreiten <strong>der</strong> Polizisten rechtfertige. Die Polizisten vertraten die<br />

Ansicht, <strong>der</strong> Betroffene müsse zuerst körperlichen Wi<strong>der</strong>stand leisten.<br />

c.) Folgerung<br />

Ärzt<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Ärzte, Kl<strong>in</strong>iken <strong>und</strong> Polizei müssen besser über die Befugnisse<br />

<strong>der</strong> Betreuer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Betreuer <strong>in</strong>formiert se<strong>in</strong>. Kompetenzfragen haben <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

konkreten Situation außen vor zu bleiben.<br />

2.) Kooperationsstrategien<br />

Das schöne Wort umschreibt im Eigentlichen Tricks seitens des Gerichts, die gesetzlich<br />

nicht vorgesehen s<strong>in</strong>d. Zwei erprobte Strategien möchte ich vorstellen:<br />

a.) In Unterbr<strong>in</strong>gungsverfahren, <strong>in</strong> denen zu erwarten steht, daß die Betroffenen<br />

nicht ohne weiteres <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik gehen, habe ich mit den Antragstellern vere<strong>in</strong>bart,<br />

daß die Unterbr<strong>in</strong>gung ggfs. direkt nach <strong>der</strong> Anhörung vollzogen wird. Me<strong>in</strong>e<br />

Erfahrung ist, daß dem Richter zur Anhörung häufiger die Wohnung geöffnet<br />

wird als an<strong>der</strong>en Personen – allerd<strong>in</strong>gs nicht immer. Ergibt die Anhörung, daß<br />

die Unterbr<strong>in</strong>gung genehmigt bzw. angeordnet wird, teile ich dies sofort mit <strong>und</strong><br />

es stehen Vollzugskräfte bereit. Mir ist es an<strong>der</strong>erseits ebenso passiert, daß<br />

sich Betroffene von vornehere<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wohnung vor mir verbarrikadiert haben.<br />

b.) Auch wenn ke<strong>in</strong>e Vollzugskräfte vorgehalten werden, habe ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen<br />

erlebt, daß die Betroffenen direkt aus <strong>der</strong> Anhörung mit dem Betreuer o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>er Vertrauensperson <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik gefahren s<strong>in</strong>d. Dies muß aber mit dem Antragsteller<br />

vorbereitet werden.<br />

3.) Interdiszipl<strong>in</strong>äre Zusammenarbeit<br />

In Übere<strong>in</strong>stimmung mit e<strong>in</strong>er Kölner Untersuchung 18 gehe ich davon aus, daß<br />

die Zahl gewaltsamer Unterbr<strong>in</strong>gungen davon mitbestimmt wird, wie <strong>in</strong>tensiv die<br />

Versorgungsangebote für die kranken Menschen <strong>in</strong> ihrer räumlichen Nähe s<strong>in</strong>d.<br />

Ebenso s<strong>in</strong>d funktionsfähige ambulante Dienste mit präventiven <strong>und</strong> nachsorgenden<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> ausreichendes Angebot von flankierenden E<strong>in</strong>richtungen<br />

wichtig. Zwischen diesen e<strong>in</strong>zelnen Elementen <strong>und</strong> dem Gericht muß<br />

ausreichen<strong>der</strong> Kontakt <strong>und</strong> Informationsaustausch bestehen. Dazu ist e<strong>in</strong>e Pflege<br />

<strong>der</strong> Beziehungen <strong>und</strong> Strukturen nötig mit gegenseitiger Ansprechbarkeit <strong>und</strong><br />

ggfs. Unterstützung. E<strong>in</strong> Richter, <strong>der</strong> das soziale Netz <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bezirk nicht<br />

kennt, kann ke<strong>in</strong>e Alternativen aufzeigen <strong>und</strong> bleibt letztlich auf den vorgetragenen<br />

Sachverhalt beschränkt.<br />

18 BERGENER(Hrsg), a.a.O., S. 3.<br />

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