12.07.2015 Aufrufe

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Drucksache 17/10500 – 174 – Deutscher Bundestag – 17. WahlperiodeC4.4 Zusammenfassende BewertungFrauenhäuser in den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n sind in <strong>der</strong>Regel weniger gut ausgestattet, als die in den westlichenBundeslän<strong>der</strong>n. Es fehlt ihnen vor allem an Ressourcen,um Angebote für die im Haus lebenden Mädchen undJungen zu machen. Zudem gibt es in ihrem Umfeld kaumAngebote für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche, die Gewalt in <strong>der</strong>Beziehung <strong>der</strong> Eltern ausgesetzt waren.Auf Migrantinnen sind die ostdeutschen Frauenhäuserweniger eingestellt. Sie werden weniger von Migrantinnengenutzt, denn <strong>der</strong>en Anteil an <strong>der</strong> Bevölkerung isthier niedriger. Dass sie eine unzureichende Ausstattungfür die Migrantinnen haben, die in den Frauenhäusern ankommen,bedeutet eine beson<strong>der</strong>s hohe Zugangsschwelle.Generell sind die ostdeutschen Frauenhäuser weniger guteingebettet in ein lokales o<strong>der</strong> regionales Unterstützungssystem,die Anzahl und die Kapazitäten von Einrichtungen,an die sie weiterverweisen können, sind vergleichsweisegering.Frauenhäuser in ländlichen Regionen sind für ein größeresEinzugsgebiet zuständig als die in Städten. Damit fallenfür sie deutlich mehr Abstimmungen und Verhandlungenan, was Fragen <strong>der</strong> Refinanzierbarkeit betrifft.Zudem sehen sie sich eher gefor<strong>der</strong>t, Frauen mit unterschiedlichenProblemlagen aufzunehmen, weil es wenigerspezialisierte Einrichtungen gibt, an die vermitteltwerden kann. Vor allem die therapeutische Versorgungwird als zu gering beklagt. Sie sind oft kleiner als städtischeFrauenhäuser und verfügen über weniger spezialisiertesPersonal. Vor allem für die Kin<strong>der</strong> gibt es wenigerspezialisierte Angebote.Da Frauenhäuser in den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n mehrheitlichfür ländliche Regionen und oft für große Flächenlandkreisezuständig sind, müssen sie häufig sowohl mitden erschwerten Rahmenbedingungen des ländlichenRaumes als auch mit <strong>der</strong> in den östlichen Län<strong>der</strong>n anzutreffendenRessourcenknappheit zurechtkommen.Die Profilbeispiele verdeutlichen, mit welcher unterschiedlichenAusstattung die Einrichtungen arbeiten unddass sich die Ressourcen unmittelbar auf Anzahl undReichweite <strong>der</strong> Angebote auswirken.DBeratungszugang nach Gewalt – Einerepräsentative Bevölkerungsbefragungzur Bedarfseinschätzung und Nutzungvon BeratungNachdem bislang für die Diskussion des VersorgungsbedarfsDaten aus dem Versorgungssystem und aus denPolizeistatistiken herangezogen wurden, soll nun <strong>der</strong> Bedarfan Beratung, Unterstützung und sonstigen Hilfen aus<strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Adressatinnen und potenziellen Nutzerinnen,<strong>der</strong> weiblichen Bevölkerung, erhoben werden.Ziel <strong>der</strong> Befragung war es, zu repräsentativen Aussagenzur beratungsrelevanten Gewaltbetroffenheit,zum Beratungszugang und zu Barrieren auf dem Wegzu Beratung (Unkenntnis von Hilfen bzw. Suchstrategien,Scham) zu gelangen. Die Auswertung nach Sozialdatensoll ermöglichen, relevante Problemgruppenmit Gewalterfahrungen, aber unzureichendem Zugangzu Beratung identifizieren zu können.EinleitungDer Prävalenzstudie zufolge (Schröttle/Müller 2004) haben80 % <strong>der</strong> Frauen, die seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlichrelevante Formen von sexueller Gewalt erlebthatten, noch nie psychosoziale Beratung in diesem Zusammenhanggesucht. Bezogen auf körperliche o<strong>der</strong> sexuelleÜbergriffe in Paarbeziehungen betrug <strong>der</strong> Anteil83 %. Überwiegend lag <strong>der</strong> Grund darin, dass die Gewaltals geringfügig eingestuft wurde, auch wenn die Angabenzur Gewalt an an<strong>der</strong>er Stelle im Fragebogen eine davonabweichende Einschätzung nahe legten. 61 % <strong>der</strong>jenigen,die körperlicher o<strong>der</strong> sexueller Gewalt innerhalb o<strong>der</strong> außerhalbvon Paarbeziehungen ausgesetzt gewesen waren,sahen sich nicht als Opfer einer Gewaltsituation und/o<strong>der</strong>als institutioneller Hilfe bedürftig. 27 % gaben an, keineHilfe in Anspruch genommen zu haben, obwohl es notwendiggewesen sei – und darunter sah etwa ein Dritteldie erfahrene Gewalt als zu geringfügig an –, und 11 %hatten Unterstützung gesucht (GiG-Net 2008: 118). Dieszeigt, dass Versuche, Gewalterfahrung ohne professionelleHilfe zu bewältigen, bei vielen an erster Stelle kommen.Weisen die 27 %, die die Notwendigkeit von Hilfebejahen, aber keine Hilfe in Anspruch nahmen, auf eineunzureichende Zugänglichkeit von Hilfen hin, liegen beiden 61 %, die sich nicht als Gewaltopfer identifizierten,Deutungen o<strong>der</strong> Umdeutungen vor, die Hilfen subjektivirrelevant erscheinen lassen. Ein generelles Problem ist,dass auch nach <strong>der</strong> Erfahrung von ähnlicher Gewalt <strong>der</strong>subjektive Unterstützungsbedarf sehr unterschiedlichwahrgenommen wird und die Hilfesuche mit Bewältigungsstrategien(z. B. Wunsch nach Vergessen) verknüpftsein kann. Daten zu Polizeieinsätzen und Anzeigen (Hellfeld)o<strong>der</strong> die Angaben aus <strong>der</strong> repräsentativen Prävalenzstudie(Dunkelfeld; Schröttle/Müller 2004) als Indikatoreneines „objektiven“ Hilfebedarfs reichen daher alleinnicht aus, um den Beratungsbedarf zu bestimmen. Einweiteres Problem für eine Bedarfsschätzung ergibt sichdaraus, dass die Bewältigung von Gewalterfahrungen inPhasen verläuft und z. B. im Zusammenhang mit einerRetraumatisierung o<strong>der</strong> aufgrund einer ersten Phase vonVerdrängung möglicherweise erst in einem größeren zeitlichenAbstand Unterstützung notwendig wird und gesuchtwird bzw. gesucht werden kann.Die Prävalenzstudie zeigt weiterhin vermeidbare Hürden<strong>der</strong> Hilfesuche auf. Diese bestehen in Scham (25 % <strong>der</strong>Betroffenen, die keine Hilfe gesucht hatten), Furcht vormangeln<strong>der</strong> Anonymität (10 %), Angst vor Rache und/o<strong>der</strong> negativen Folgen (14 %) o<strong>der</strong> dass ihnen nicht geglaubtwürde (12 %) sowie Unkenntnis von Hilfeeinrichtungen(22 %) (GiG-Net 2008: 120ff). Allerdings fehlenAngaben dazu, ob im Bedarfsfall Informationen zu möglichenVersorgungsangeboten erhältlich sind (Suchstrategien).Auch scheint die in <strong>der</strong> Prävalenzstudie gestellteFrage „Kennen Sie solche Einrichtungen?“ missverständlich– die hohe Zahl <strong>der</strong>jenigen, die verneinten, könnteein Zeichen sein, dass das „Kennen“ als „persönlich ken-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!