12.07.2015 Aufrufe

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Drucksache 17/10500 – 208 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiodeermutigende Begleitung), also personale Dienstleistungen,die orientiert am Hilfebedarf konkreter Klientinnenund Klienten, eingebunden in die Systeme sozialer Sicherungsowie in professionalisierter Weise durch Helfende,sog. leistungserbringende Personen („Leistungserbringer“),erfolgen. 81„Zugang“ hängt, wie dargelegt (Teil 1, B.), von Normprogrammenund <strong>der</strong> Normimplementation ab, die in ihremZusammenwirken die effektive Chance steuern, sozialeDienstleistungen zu nutzen. „Problem“ ist jedes „Zugangshin<strong>der</strong>nis“,also alles, was den Zugang erschwert, also dieChance auf schnelle und verlässliche Hilfe beeinträchtigt.Ein solches Verständnis von „Zugang“, das Normen nichtisoliert, son<strong>der</strong>n im Kontext aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong>effektiven Wirksamkeit betrachtet, ist aus <strong>der</strong> international-,insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> europarechtlichen Diskussion übersoziale Grundrechte bekannt, wo <strong>der</strong> real – nicht nur auf<strong>der</strong> Oberfläche des Normtextes – garantierte Zugang(„access“) zu sozialen Dienstleistungen schon seit längeremproblematisiert wird. 82 Zugangsrechte im Bereich <strong>der</strong>sozialen Dienste kennt beispielsweise auch die EuropäischeSozialcharta des Europarates 83 und, ihr folgend,auch die Europäische Grundrechtecharta <strong>der</strong> EuropäischenUnion (EU). 84 Auch im Kontext <strong>der</strong> InternationalenBeziehungen bzw. <strong>der</strong> Entwicklungspolitik wird <strong>der</strong> menschenrechtlichabgesicherte Zugang zu sozialen Dienstleistungenstark diskutiert. 85Der Hauptfokus <strong>der</strong> Problemanalyse liegt auf dem Sozialrecht,also jenen Normen, die sich <strong>der</strong> Definition vonLeistungsansprüchen, <strong>der</strong> organisatorischen und prozeduralenUmsetzung des Leistungszugangs sowie <strong>der</strong>en Finanzierungwidmen. Die Problemanalyse ist querschnittsartigangelegt, d. h. ein Zugangsproblem kann aufunterschiedlichen Ebenen (Definition <strong>der</strong> Leistungsansprüche,organisatorische und prozedurale Umsetzung,Finanzierung) relevant werden.81 Bäcker u. a., Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland, Bd. 2,4. Aufl. 2008, S. 505 ff.82 Daly, Access to social rights in Europe, Council of Europe, Strasbourg2003; Cholewinski, Study on obstacles to effective access of irregularmigrants to minimum social rights, Council of Europe, Strasbourg2005; Becker (eds.), Access to social security for non-citizensand informal sector workers, Sun Press, Stellenbosch 2008.83 S. insb. Art. 12 („Recht auf Soziale Sicherheit“) <strong>der</strong> EuropäischenSozialcharta des Europarates, http://conventions.coe.int/treaty/ger/treaties/html/035.htm (abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).84 S. insb. Art. 34 GRCh („Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung“),Amtsblatt <strong>der</strong> EU 2007, C 303/1; s. insb. Art. 34 Abs. 1GRCh: „Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zuden Leistungen <strong>der</strong> sozialen Sicherheit […].“ Dazu Nußberger, Kommentierungzu Art. 34, in: Tettinger/Stern (Hrsg.), Kölner Gemeinschaftskommentarzur Europäischen Grundrechte-Charta, 2006,S. 566–585; Marauhn, Recht auf soziale Sicherheit und Unterstützung,in: Heselhaus/Nowak (Hrsg.), Handbuch <strong>der</strong> EuropäischenGrundrechte, 2006, S. 631–647.85 S. hierzu etwa den Tagungsband „Soziale Sicherung in Entwicklungs-und Schwellenlän<strong>der</strong>n. Grundlage einer gerechten Gestaltung<strong>der</strong> Globalisierung“, Policy-Workshop 19.6.2008, Berlin, im Auftragdes Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung, hrsgg. von InWEnt – Internationale Weiterbildung undEntwicklung gGmbH, Bonn, April 2009, http://www.inwent.org/imperia/md/content/a-internet2008/ef/report_soziale_sicherung_final.pdf (abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).II.„Reform“ – was ist gemeint? Am Beispiel<strong>der</strong> Frauenhäuser, stellvertretend für diean<strong>der</strong>en UnterstützungsangeboteReform meint nachfolgend alle Maßnahmen, die sich aufeinen verbesserten Zugang von gewaltbetroffenen Frauen(und ihren Kin<strong>der</strong>n) zu Frauenhäusern beziehen, also alleMaßnahmen, die Zugangshin<strong>der</strong>nisse entwe<strong>der</strong> abbaueno<strong>der</strong> ganz beseitigen. Dies können zum einen Än<strong>der</strong>ungeneinzelner Gesetze sein, die die Leistungen, das Verfahreno<strong>der</strong> die Finanzierung betreffen. Hinzu kommenaber z. B. auch verän<strong>der</strong>te Verwaltungsvorschriften o<strong>der</strong>Vereinbarungen, die fortentwickelt werden und u. U. alsMuster dienen können.Im Mittelpunkt stehen die Frauenhäuser. Es bestehenzwar vielfältige weitere Unterstützungsangebote, diesesind jedoch – an<strong>der</strong>s als Frauenhäuser – nicht in vergleichbarerWeise rechtlicher Regulierung unterworfen.Das Netz an rechtlichen Normierungen, mit dem dieFrauenhäuser fertig werden müssen, ist dichter und komplexerund damit anfälliger für Zugangsprobleme, wie sieim Folgenden beschrieben werden. Soweit es um die Finanzierungsproblemegeht, bestehen die Probleme, diefür Frauenhäuser gelten, jedenfalls z. T. in vergleichbarerWeise auch bei den weiteren Unterstützungsangeboten.Allerdings dürften sich Finanzierungsprobleme fürFrauenhäuser schneller als für an<strong>der</strong>e Angebote als existenziellerweisen. Dass Frauenhäuser und an<strong>der</strong>e Unterstützungsangebotewie Beratungsstellen überhauptgezwungen sind, auf Finanzierungsschwierigkeiten zu reagieren,ist bei alldem das entscheidende Grundproblem.Reformen können durch den Bund o<strong>der</strong> die Län<strong>der</strong> imRahmen ihrer Zuständigkeiten eingeleitet werden. DerGutachtenauftrag bezieht sich auf die Analyse bundesgesetzlicherZugangsprobleme, was nicht ausschließt, dassauch aus Län<strong>der</strong>sicht Gestaltungsoptionen benannt werdenkönnen; darauf ist am Ende des Gutachtens, wenn <strong>der</strong>verfassungsrechtliche Rahmen für Gestaltungsoptionenmarkiert wird, zurückzukommen. 86Auf <strong>der</strong> Grundlage des hier zugrunde gelegten Rechtsverständnisses,das „Recht“ nicht auf geän<strong>der</strong>te Gesetzestextereduziert, ist <strong>der</strong> Blick also nicht nur auf die imBundesgesetzblatt veröffentlichten Texte und <strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>barkeitzu richten. Recht kann auch unterhalb desBundesgesetzblatts – z. B. durch auslegungsverän<strong>der</strong>ndeVerwaltungsvorschriften – verän<strong>der</strong>t werden. Reformmeint im Folgenden hauptsächlich die punktuelle Reformbestehen<strong>der</strong> Gesetzes- und sonstiger für das thematischeFeld relevanter Regelwerke. Dieser Ansatz <strong>der</strong> punktuellenKlarstellung und Ergänzung entspricht auch <strong>der</strong> Position<strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong> Gleichstellungs- und Frauenministerinnen/-minister,-senatorinnen/-senatoren (GFMK). 8786 Dazu unten Teil 3, B.87 In diesem Sinne hat die GFMK die <strong>Bundesregierung</strong> gebeten, „durchklarstellende Regelungen in den entsprechenden Leistungsgesetzendie <strong>der</strong>zeit bestehenden Finanzierungsprobleme für gewaltbetroffeneausländische Frauen zu beseitigen“, 19. GFMK am 18./19.6.2009,Beschluss zu TOP 5.13 „Finanzierungssicherheit in Frauenhäusernfür schutzsuchende Frauen unabhängig von ihrer Herkunft“, http://www.stmas.bayern.de/frauen/beauftragte/fmk09bil.pdf (abgerufenam 30.1.<strong>2012</strong>).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!