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Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 247 – Drucksache 17/10500tellationen nivellierende Antwort geben, son<strong>der</strong>n nur differenzierteLösungen.“ 481b) Anwendung auf die Reformoptionen,insb. zur Relevanz des gesetzgeberischenGesamtkonzeptsaa)Punktuelle Ergänzungen bestehen<strong>der</strong>BundesgesetzeBei <strong>der</strong> Einschätzung, ob die oben skizzierten Reformoptionen,soweit es um die punktuelle Än<strong>der</strong>ung von Bundesgesetzengeht, mit Art. 72 Abs. 2 GG vereinbar sind,kommt es entscheidend auf das Konzept des Gesetzgebersan. Versteht er die einzelnen Än<strong>der</strong>ungen als Teilaspekteeines von einem Gesamtkonzept zusammengehaltenen Gesetzeswerks,dann müssen sich die punktuellen Än<strong>der</strong>ungennachvollziehbar in dieses Gesamtkonzept einfügen,und die Frage, ob sie zur Erreichung eines in Art. 72Abs. 2 GG normierten Ziels erfor<strong>der</strong>lich sind, hängt davonab, ob <strong>der</strong> Gesetzgeber das gesamte regulatorischeKonzept mit all seinen Ausgestaltungen für erfor<strong>der</strong>lichhält. Diese Perspektive des Gesamtkonzepts spielt in <strong>der</strong>Gesetzgebungspraxis, die sich am Altenpflegegesetz-Urteilorientiert, eine entscheidende Rolle. 482Vor diesem Hintergrund wären die im politischen Raumdiskutierten punktuellen Än<strong>der</strong>ungen (Modifikationen,Ergänzungen) namentlich des SGB II nur Bestätigungendes grundsicherungsrechtlichen bzw. sozialhilferechtlichenGrundkonzepts, das bereits jetzt die Versorgung mitFrauenhaus- und an<strong>der</strong>en Unterstützungsangeboten, vermitteltüber die Ansprüche <strong>der</strong> Frauen, ermöglicht. Dieslässt sich mit den in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Aspekten„Wahrung <strong>der</strong> Rechtseinheit“ und „Herstellung gleicherLebensverhältnisse“ legitimieren, wie <strong>der</strong> Blick aufbisherige Gesetzesbegründungen zum SGB II und zumSGB XII sowie zu an<strong>der</strong>en Sozialgesetzen bestätigt. 483481 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 24.10.2002 – 2 BvF1/01 –, BVerfGE (Amtliche Sammlung <strong>der</strong> Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts)Bd. 106, 62 – 166, juris (o<strong>der</strong>www.bverfg.de), Rn. 345.482 Beispiel: Amtl. Begr. zum Dritten Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Opferentschädigungsgesetzes(OEG) vom 25.06.2009 (BGBl. I S. 1580),BT-Drucks. 16/12273 vom 17.3.2009, S. 6: „Die durch die vorliegendeNovelle vorgenommene Mo<strong>der</strong>nisierung und Ergänzung des bestehendenOpferentschädigungsgesetzes erfolgt durch bundesgesetzlicheRegelung im Sinne des Artikels 72 Absatz 2 GG, weilan<strong>der</strong>enfalls das Gesamtkonzept und damit die Wirkung des Gesetzesgefährdet wäre (vgl. BVerfGE 106, 62, 149 f.).“ Dort auch <strong>der</strong> Hinweisauf das „Gesamtkonzept des OEG“.483 Amtl. Begr. zum SGB II in <strong>der</strong> Fassung des Gesetzes vom24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) – inoffiziell: „Hartz IV“ –, BT-Drucks.15/1516 vom 5.9.2003, S. 49 f.; amtl. Begr. zum Gesetz zur Weiterentwicklung<strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> Grundsicherung für Arbeitsuchendevom 3.8.2010 (BGBl. I S. 1112), BT-Drucks. 17/1555 vom4.5.2010, S. 15; amtl. Begr. zum SGB XII in <strong>der</strong> Fassung des Gesetzesvom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022), BT-Drucks. 15/1514 vom5.9.2003, S. 51 f.; amtl. Begr. zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfenund zur Än<strong>der</strong>ung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuchvom 24.3.2011 (BGBl. I S. 453), BT-Drucks. 17/3404vom 26.10.2010, S. 42; s. auch die amtl. Begr. zum Zweiten Gesetz zurÄn<strong>der</strong>ung des Conterganstiftungsgesetzes vom 25.6.2009 (BGBl. IS. 1534), BT-Drucks. 16/12413, S. 8, und die amtl. Begr. zum Bundeskin<strong>der</strong>schutzgesetz(BKiSchG) vom 28.12.2011 (BGBl. IS. 2975), BT-Drucks. 17/6256, S. 16.Demnach bleibt festzuhalten, dass punktuelle Än<strong>der</strong>ungenvon SGB II und SGB XII und in entsprechen<strong>der</strong>Weise auch Än<strong>der</strong>ungen des AsylbLG mit Art. 72 Abs. 2GG vereinbar sind, wenn und soweit sie sich in das bisherigeGesamtkonzept dieser Gesetze einfügen.bb)Zur „Erfor<strong>der</strong>lichkeit“ einesumfassenden BundesgesetzesAn<strong>der</strong>s zu beurteilen sind – zumindest <strong>der</strong>zeit noch – 484bundesgesetzliche Regelungen, die anstelle <strong>der</strong> bisherigengesetzgeberischen Vorgehensweise ein neues Gesamtkonzeptvorsehen, wonach Fragen <strong>der</strong> Hilfe und Unterstützungim Frauenhaus sowie ergänzende Angebotedurch ein umfassendes Bundesgesetz geregelt werdensollen. Hierbei ginge es nicht nur um punktuelle Än<strong>der</strong>ungenbereits bestehen<strong>der</strong> Bundesgesetze, die sich in <strong>der</strong>enGesamtkonzept einfügen, son<strong>der</strong>n um eine an<strong>der</strong>e gesetzgeberischeHerangehensweise.Ob ein solches Bundesgesetz mit Blick auf die Ziele desArt. 72 Abs. 2 GG – selbst unter Zugrundelegung des gesetzgeberischenEinschätzungsspielraums – erfor<strong>der</strong>lichwäre, erscheint – zumindest <strong>der</strong>zeit – zweifelhaft. Jedenfallssind die Daten <strong>der</strong> empirischen Bestandsaufnahmenicht so zu deuten, dass daraus <strong>der</strong> Schluss gezogen werdenmüsste, bundesweit sei generell eine effektive Unterstützungvon gewaltbetroffenen Frauen nicht ausreichend,so dass im Sinne des BVerfG von einem bedrohten Sozialgefügemit unzumutbaren Auswirkungen o<strong>der</strong> einerentsprechend unzumutbaren Rechtszersplitterung auszugehensei. 485 Die empirische Bestandsaufnahme zeigtzwar, dass es erhebliche regionale Versorgungsunterschiedegibt, allerdings macht sie zugleich deutlich, dassdies (etwa durch eine Verstärkung flexibler, insb. ambulanterAngebote) auf Landesebene (einschl. <strong>der</strong> kommunalenEbene) gelöst werden kann. 486 Dass nur und geradeein einheitlicher Regelungszugriff des Bundes die bestehendenVersorgungsprobleme lösen kann, lässt sich anhand<strong>der</strong> verfügbaren Daten jedoch nicht begründen. DieEinschätzung des Bundesgesetzgebers, die bisherige Datenlagenicht so zu deuten, dass zur Herstellung gleichwertigerLebensverhältnisse eine umfängliche bundesgesetzlicheRegelung geboten sei, wäre – zumindest <strong>der</strong>zeit –vertretbar.484 An<strong>der</strong>er Ansicht Deutscher Juristinnenbund, Stellungnahme vom6.11.2008 im Rahmen <strong>der</strong> öffentlichen Anhörung des Familienausschussesdes Deutschen Bundestages am 12.11.2008 zur Möglichkeit<strong>der</strong> bundeseinheitlichen Finanzierung von Frauenschutzhäusern,Ausschuss-Drucksache 16(13)385f, S. 5 f., http://webarchiv.bundestag.de/cgi/show.php?fileToLoad=1526&id=1122 (abgerufen am30.1.<strong>2012</strong>).485 Allerdings: Wer die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers imLichte <strong>der</strong> hier in Rede stehenden Grundrechte (insb. Art. 2 Abs. 2S. 1 GG: Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) etwasgroßzügiger ausfallen lässt und ein Regelungskonzept präsentiert,das einen deutlich verbesserten Grundrechtsschutz gerade durch einenumfassenden bundesrechtlichen Zugriff verspricht, wird zu eineman<strong>der</strong>en Ergebnis kommen.486 Sozialwissenschaftliches Gutachten, E., insb. 4) sowie B 2.2.

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