12.07.2015 Aufrufe

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Drucksache 17/10500 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode– Frauen mit prekärer Einkommenssituation. Obwohldie Beratung durchweg kostenlos ist – nur 4,8 % <strong>der</strong>Fachberatungsstellen (n=248) geben an, dass ihre Beratungkostenpflichtig ist – werden Frauen mit geringenökonomischen Ressourcen nach Einschätzung <strong>der</strong>Fachberatungsstellen nicht genügend erreicht. Auchdiese Gruppe ist als Risikogruppe für schwere Gewaltanzusehen, wenn es sich um junge Paare mit geringenRessourcen bei Bildung und mit prekärem Einkommenhandelt (Schröttle 2010).– Frauen, die auf dem Land leben und uninformierteFrauen. Diese Frauen werden schlecht erreicht, weildie Ressourcen für zugehende Arbeit nicht ausreichen.Sind die Entfernungen zu den Fachberatungsstellen zuweit, die Infrastruktur unzureichend und die Verkehrsverbindungenschlecht, sind die Zugangsschwellenhoch. Auf dem Land gibt es nur wenige spezialisierteEinrichtungen, die Versorgung mit Ärztinnen/Ärztenist schlecht und mit Therapeutinnen/Therapeutengeradezu katastrophal (vgl. Tabelle 46 im Anhang).Telefonische und mobile Beratungsangebote sowieAußensprechstunden von Fachberatungsstellen in Einrichtungenvor Ort, z. B. im Büro <strong>der</strong> Gleichstellungsbeauftragteneiner ländlichen Kommune o<strong>der</strong> <strong>der</strong>Erziehungsberatungsstelle vor Ort, können dazu beitragen,spezialisierte Unterstützung zugänglicher zumachen.B3.2.4 Zusammenfassende BewertungAufgabe <strong>der</strong> Fachberatungsstellen ist die Erfüllung mehrererKriterien des Leitbildes (A2): bei akuter Gewalt dieAbklärung <strong>der</strong> Handlungsmöglichkeiten, Unterstützungbei <strong>der</strong> Beendigung <strong>der</strong> Gewalt bzw. <strong>der</strong> Gewaltbeziehungsowie bei zurückliegen<strong>der</strong> Gewalt Hilfe bei <strong>der</strong> Verarbeitungvon Gewalterfahrungen und allgemein Informationüber die Rechte als Opfer.Die Fachberatungsstellen verzeichnen bei dünner Personaldeckeeine hohe Inanspruchnahme und bieten ein breitesSpektrum an Leistungen. Eine Größenordnung von ca.300 Fällen pro Jahr – die Inanspruchnahme <strong>der</strong> großenMehrheit <strong>der</strong> Fachberatungsstellen – entspricht <strong>der</strong> Arbeiteiner gut besuchten Familienberatungsstelle (EJF 2011: 14).Die Erhebung verdeutlicht aber auch, dass keineswegsjede betroffene Frau diese Unterstützung in Anspruchnehmen kann bzw. nimmt. Trotz <strong>der</strong> intensiven Inanspruchnahme<strong>der</strong> Fachberatungsstellen gehen die hier tätigenExpertinnen von einem dahinter liegenden Dunkelfeldaus, das nur unzureichend erreicht wird.Für die Fachberatungsstellen gilt zudem – wie für Familien-und Erziehungsberatungsstellen auch (ebenda: 15) –ein im Leitbild nicht erwähntes Kriterium: <strong>der</strong> präventiveCharakter <strong>der</strong> Beratungsarbeit. Wegen <strong>der</strong> Niedrigschwelligkeit<strong>der</strong> Angebote kann frühzeitig Hilfe angebotenund den Jugendämtern können teure Folgekosten erspartwerden. Fachberatungsstellen bei Gewalt gegenFrauen können durch frühzeitige Beratung und UnterstützungGewaltverläufe abkürzen und einerseits Frauenhausaufenthaltevermeiden helfen und an<strong>der</strong>erseits bei<strong>der</strong> Bearbeitung von Gewalterleben unterstützen, was dieChronifizierung von Gewaltfolgen zu Krankheitsbil<strong>der</strong>nvermeiden hilft und ebenfalls Folgekosten im Gesundheitswesensenkt.B3.2.5 Auf sexuelle Gewalt gegen Frauenspezialisierte FachberatungsstellenDie fachliche Diskussion und Interventionspraxis zu Vergewaltigungund sexueller Nötigung sowie sexuellerBelästigung stagniert seit einigen Jahren und steht imSchatten <strong>der</strong> dominierenden Auseinan<strong>der</strong>setzung mithäuslicher Gewalt (seit Ende <strong>der</strong> 1990er Jahre) sowie mitsexuellem Missbrauch (erneut seit Anfang 2010). DieseProblematik wird in <strong>der</strong> Fachdiskussion aufgegriffen(Bundesverband <strong>der</strong> Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe2011) und nach einer Lösung gesucht, wie dasThema Vergewaltigung stärker positioniert werden kann.Das Gutachten möchte diese Ausblendung nicht wie<strong>der</strong>holen,deshalb wird im Folgenden ein geson<strong>der</strong>ter Blickauf die Fachberatungsstellen geworfen, die spezialisiertfür Frauen arbeiten, die von sexueller Gewalt betroffensind. Häufig nennen sie sich Frauennotrufe. Da vieleFachberatungsstellen sich zwar als spezialisiert ausweisen,aber Frauen nicht abweisen, die mit einem an<strong>der</strong>enGewaltproblem zu ihnen kommen – vor allem in Regionenmit wenig ausgebautem Unterstützungssystem – kann<strong>der</strong> Vergleich nur Tendenzen zeigen.Fachberatungsstellen, die sich auf sexuelle Gewalt spezialisierthaben (n=119), unterscheiden sich in einigenPunkten von den Fachberatungsstellen, die überwiegendzum Thema häusliche Gewalt o<strong>der</strong> Gewalt gegen Frauenallgemein arbeiten (n=146).– Sie geben etwas häufiger an, für Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungenund Beeinträchtigungen geeignet zu sein(93 % im Unterschied zu 89 %). Dies bezieht sich offenbarvor allem auf Frauen mit sog. geistigen Behin<strong>der</strong>ungenund Lernschwierigkeiten. Kenntnisse inleichter Sprache sind in den auf sexuelle Gewalt spezialisiertenFachberatungsstellen deutlich öfter vorhanden(71 % im Unterschied zu 53 %). Da diese Gruppevon Frauen beson<strong>der</strong>s stark von sexueller Gewalt betroffenist (Schröttle u. a. 2011), übernehmen dieseFachberatungsstellen hier eine spezifische Aufgabe,die es auszubauen gilt.– Ihre Eignung für psychisch kranke Frauen schätzendie auf sexuelle Gewalt spezialisierten Fachberatungsstellenbesser ein als an<strong>der</strong>e (als spezialisiert bzw. gutgeeignet sehen sich 45 % im Unterschied zu 31 %).Diese Zielgruppe, die ebenfalls beson<strong>der</strong>s stark vonsexueller Gewalt betroffen ist, findet hier Fachberatungsstellen,die auf sie eingestellt sind.– Ähnliches gilt für die Gruppe <strong>der</strong> Menschen mit geän<strong>der</strong>tero<strong>der</strong> uneindeutiger sexueller Identität (Trans*-Menschen). Die auf sexuelle Gewalt spezialisiertenFachberatungsstellen sehen sich zu 28 % gut geeignet,an<strong>der</strong>e Fachberatungsstellen zu 19 %.– Deutlich öfter ist Traumabewältigung ein Arbeitsschwerpunktin den Fachberatungsstellen für sexuelleGewalt (94 % im Unterschied zu 58 %). Die spezifisch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!