12.07.2015 Aufrufe

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 229 – Drucksache 17/10500– Elektronische Kommunikation und Datensicherheit:Soweit empfohlen wird, Anträge o<strong>der</strong> sonstige Kommunikationmit <strong>der</strong> Behörde per (Computer-)Fax o<strong>der</strong>per E-Mail zu versenden, ist darauf hinzuweisen, dassdas Sozialgesetzbuch Vorschriften über die elektronischeKommunikation kennt, die nicht im SGB X, son<strong>der</strong>nin § 36a SGB I 274 normiert sind. Sowohl aufseiten<strong>der</strong> Behörde als auch aufseiten des Frauenhauses,von dem die E-Mail (mit eingescannten Unterlagen alsAnlage) abgesandt wird, setzt dies ein hohes Maß anDatensicherheit voraus, das den Zugriff durch Unbefugtetechnisch verhin<strong>der</strong>n muss.b) Kosten infolge fremdsprachlicherKommunikation (Einsatz vonDolmetscherinnen und Übersetzerinnen)(1) ProblemGewaltbetroffene Frauen, die die deutsche Sprache nichtbeherrschen, müssen sich verständigen können und verstandenwerden, wenn ihre Schutz- und Unterstützungsrechtenicht nur auf dem Papier bestehen sollen.Hierbei ist zunächst anzuerkennen, dass die Amtssprachein Sozialverwaltungsverfahren deutsch ist (§ 19 Abs. 1S. 1 SGB X). 275 Das gilt selbst dann, wenn alle Beteiligtenauf Seite <strong>der</strong> Behörde und auch die antragstellendeFrau eine an<strong>der</strong>e Sprache beherrschen; die maßgeblicheAmtssprache kann nicht selbst bestimmt werden. 276 Damitwird die Kommunikation für Frauen, die des Deutschennicht mächtig sind (o<strong>der</strong> nur gebärdensprachlichkommunizieren können), zum Problem.Frauen (und Männer) mit Hörbehin<strong>der</strong>ung werden im Sozialverwaltungsverfahren– zumindest nach dem Wortlautdes Gesetzes – 277 besser gestellt als Frauen (und Männer)ohne aktivsprachliche Kenntnisse <strong>der</strong> deutschen Sprache.Menschen mit Hörbehin<strong>der</strong>ung sind berechtigt, gegenüber<strong>der</strong> Behörde – allerdings nur deutsche – Gebärdensprachezu verwenden (§ 19 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 SGB X). 278 Aufwendungenfür Gebärdensprach-Dolmetscher sind von <strong>der</strong>Behörde bzw. dem für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträgerzu tragen (§ 19 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 SGB X). 279Vergleichbare Regelungen für Menschen ohne deutscheSprachkenntnisse gibt es nicht. Das SGB X geht grundsätzlichdavon aus, dass die antragstellende Frau selbst274 Siehe insb. § 36a Abs. 1 SGB I: „Die Übermittlung elektronischerDokumente ist zulässig, soweit <strong>der</strong> Empfänger hierfür einen Zugangeröffnet.“275 Dazu Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 2 f.276 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 3.277 Dazu, ob die in <strong>der</strong> Theorie des Gesetzes erfolgte Besserstellungauch in <strong>der</strong> Praxis zu einer effektiven Besserstellung führt, fehlen,soweit bekannt, verlässliche empirische Daten.278 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 14 ff.,insb. Rn. 15 zur Nutzung <strong>der</strong> Deutschen Gebärdensprache (DGS)und <strong>der</strong> auf die deutsche Sprache bezogenen lautsprachbegleitendenGebärdensprache (LBG).279 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 19.dafür zu sorgen hat, dass sie sich gegenüber dem Leistungsträgerverständlich macht. 280 Von punktuellen Ausnahmenfür die Nutzung des Sorbischen 281 und des Friesischen282 abgesehen wird die Nutzung an<strong>der</strong>er als <strong>der</strong>deutschen Sprache nicht anerkannt. Ob das, soweit es umMenschen aus EU-Mitgliedstaaten geht, mit EU-Rechtvereinbar ist, ist umstritten. 283 Etwaige Son<strong>der</strong>regelungenin zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommenfinden keine Anwendung, weil es nicht um Sozialversicherunggeht; Entsprechendes gilt für Son<strong>der</strong>regelungenüber die Sprachverwendung nach dem sog. koordinierendenEU-Sozialrecht. 284 Ausnahmen gelten im begrenztenUmfang für die Übersetzung von Dokumenten, die dieBehörde gegen angemessenen Aufwendungsersatz beschaffen„kann“ (§ 19 Abs. 2 S. 3 SGB X). 285Weithin ungeregelt ist die Verwendung einer an<strong>der</strong>en als<strong>der</strong> deutschen Sprache bei <strong>der</strong> Ausführung einer Sozialleistung,etwa die Kommunikation im Frauenhaus mit <strong>der</strong>gewaltbetroffenen Frau. Ausnahmen bestehen gemäߧ 17 Abs. 2 SGB I für Menschen mit Hörbehin<strong>der</strong>unginsbeson<strong>der</strong>e bei ärztlichen Untersuchungen; auch hierdürfen sie Gebärdensprache verwenden, die Kosten werdenerstattet (§ 17 Abs. 2 S. 2 SGB I). 286 Gemäß § 57SGB IX haben Menschen mit Hör- und starker Sprachbehin<strong>der</strong>ung„aus beson<strong>der</strong>em Anlass“ Anspruch auf„Sprachmittlungshilfe zur Verständigung mit <strong>der</strong> Umwelt“287 durch (Schrift-)Übersetzer/innen o<strong>der</strong> Dolmetscher/innen288 einschließlich des entsprechenden Aufwendungsersatzes.(2) ReformoptionenUm Verwendung nicht-deutscher Sprache im Verwaltungsverfahrensowie in den Frauenhäusern zu ermöglichen,sind folgende Maßnahmen denkbar:Die allgemeinen Vorschriften über die Nutzung <strong>der</strong> nichtdeutschenSprachen könnten nach dem Vorbild des § 57SGB IX auf beson<strong>der</strong>e Anlässe erstreckt werden, in denen<strong>der</strong> Grundsatz <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> deutschen Spracheaus wichtigeren Gründen nachrangig sein muss, nämlichin Fällen, in denen es um Hilfe in existenziellen Notlagengeht, die z. B. Anlass für die Flucht in ein Frauenhaus280 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 28.281 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 20 ff.282 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 24.283 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 6.284 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 25.285 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 11.286 Rixen, in: Diering/Timme/Waschull (Hrsg.), Lehr- und Praxiskommentarzum SGB X (LPK-SGB X), 3. Aufl. 2011, § 19 Rn. 26.287 Wollschläger, in: Kossens/von <strong>der</strong> Heide/Maaß (Hrsg.), SGB IX,3. Aufl. 2009, § 57 Rn. 2; siehe auch Fuchs/Gitschmann, in: Cramer/Fuchs/Hirsch/Ritz (Hrsg.), SGB IX – Kommentar zum Rechtschwerbehin<strong>der</strong>ter Menschen, 6. Aufl. 2011, § 57 Rn. 3 ff.288 Joussen, in: Dau/Düwell/Joussen (Hrsg.), SGB IX – Lehr- und Praxiskommentar(LPK-SGB IX), 3. Aufl. 2011, § 57 Rn. 7.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!