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Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 221 – Drucksache 17/10500Frauenhaus häufig <strong>der</strong> Fall sein, insbeson<strong>der</strong>e dann, wenndie Flucht gleichsam „Hals über Kopf“ erfolgt und keineUnterlagen (etwa solche, die einen Zugang zu einemBankkonto eröffnen), Hausrat o<strong>der</strong> Bekleidung mitgenommenwerden konnten. 202Bei den Leistungen gemäß § 24 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2SGB II handelt es sich um einmalige Zuschussleistungen,nicht um Darlehensleistungen, 203 die (nur) auf Antrag(§ 37 Abs. 1 S. 2 SGB II) vom kommunalen Träger (§ 6Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II) gewährt werden. In <strong>der</strong> juristischenLiteratur ist zwar abstrakt klar, was zum notwendigenWohnungsbedarf gehört und auch – und zwar auf <strong>der</strong>Basis eines Leitfadens des Deutschen Vereins für öffentlicheund private Fürsorge –, was die Erstausstattung fürBekleidung umfasst. 204 Was dies aber konkret (wertmäßig– wie teuer darf es sein?) bedeutet, ist unklar. Außerdemkann <strong>der</strong> kommunale Träger nach pflichtgemäßem(Auswahl-)Ermessen darüber befinden, ob er den Bedarfdurch Geld o<strong>der</strong> durch „Naturalien“ (Sachleistungen) befriedigt.205 Geldleistungen darf <strong>der</strong> Träger auch als Pauschalbeträgeerbringen. 206 Ob er dies wegen einer sog.Ermessensreduktion „auf Null“ tun muss, ist stark einzelfallabhängigund schwer vorherzusagen. 207 Ob bzw. inwieweites zudem bei hoher Dringlichkeit zulässig ist,dass die Frau die nötigen Gegenstände selbst beschafftund die entsprechende Summe nachträglich als Kostenerstattungsanspruchgeltend macht, ist schließlich im Einzelnennicht verlässlich geklärt. 208(2) ReformoptionenEs empfiehlt sich, dem Beispiel vieler Kommunen zu folgen,die schon jetzt örtliche Richtlinien zu den Erstausstattungenerlassen haben, und diese mit Blick auf die Beson<strong>der</strong>heitenvon gewaltbetroffenen Frauen (und ihrenKin<strong>der</strong>n) weiter zu konkretisieren.202 Vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenzu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e im Rechtskreis des SGB II, Nachrichtendienstdes Deutschen Vereins für öffentliche und privateFürsorge (NDV) 2008, S. 365 (371).203 Herold-Tews, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, Kommentar,3. Aufl. 2011, § 24 Rn. 17.204 Vgl. die Auflistung bei Herold-Tews, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.),SGB II, Kommentar, 3. Aufl. 2011, § 24 Rn. 21, 23a.205 Herold-Tews, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, Kommentar,3. Aufl. 2011, § 24 Rn. 22.206 Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.8.2010 – B 14 AS 36/09 R –,juris, Rn. 18.207 Vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.8.2010 – B 14 AS36/09 R –, juris, Rn. 18–20.208 Vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.8.2010 – B 14 AS36/09 R –, juris, Rn. 21 f. (dort noch auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> altenRechtslage, die einen Antrag auf Gewährung <strong>der</strong> Leistungen nichtvorsah, aber die aus Sicht des BSG voraussetzte, dass <strong>der</strong> Träger mit<strong>der</strong> Sache befasst wurde, um sein Auswahlermessen auszuüben; daskam dem nunmehr in § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II ausdrücklich geregeltenAntrag sehr nahe).209 Siehe die Auflistung <strong>der</strong> Richtlinien bei http://www.harald-thome.de/oertliche-richtlinien.html (abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).Bislang wird das Thema „Frauenhaus/häusliche Gewalt“in den – in <strong>der</strong> Öffentlichkeit bekannten – 209 örtlichenRichtlinien nur selten angesprochen und dann auch meistensnur so, dass Details (was genau gehört zur Erstausstattung?)nicht geklärt werden. Wenn überhaupt, wirdnur die beson<strong>der</strong>e Situation kurz angesprochen. Ehergroßzügig bewertende Richtlinien stehen neben tendenziellstrengeren Richtlinien.Beispiel Stadt Bielefeld: 210 „Erstbezug einer Wohnungohne eigenen Hausstand, z. B. […] Neubezug nachAufenthalt im Frauenhaus.“Beispiel Landkreis Bautzen: 211 „Wird ein bisher gemeinsamgeführter Haushalt aufgelöst mit <strong>der</strong> Folge,dass zwei getrennte Haushalte geführt werden, giltdieses i. d. R. nicht als erstmalige Anmietung einerWohnung im Sinne des Gesetzes. Soweit es nichtmöglich ist, eine neu angemietete Wohnung aus demBestand des bisherigen gemeinsamen Haushalts auszustattenbzw. wenn durch die kurzfristige Bewilligungeiner Erstausstattung an<strong>der</strong>e Kosten (z. B. für dieUnterbringung in einem Frauenhaus) vermieden werdenkönnen, soll abweichend davon die notwendigeErstausstattung bewilligt werden.“Beispiel Kreis Wesel: 212 „Ein Anspruch auf die Erbringungvon Leistungen für die Erstausstattung einer(kompletten) Wohnung mit Möbeln nach § 23 Abs. 3Nr. 1 SGB II [jetzt: § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II] bestehtgrundsätzlich nur bei erstmaliger Gründung eineseigenen Haushaltes und dem damit verbundenen Einzugin eine eigene Wohnung (Umzug vom Elternhausin eigene Wohnung). Eine Ausnahme dieses Grundsatzesist nur in äußerster Notsituation gegeben, wenn <strong>der</strong>Umzug bzw. Einzug in eine an<strong>der</strong>e Wohnung unbedingterfor<strong>der</strong>lich ist […] und die Möbel <strong>der</strong> vorherigenWohnung nicht mehr vorhanden sind. Eine solcheNotsituation ist streng auszulegen und z. B. gegeben[…] nach Aufenthalt in einem Frauenhaus […].“Die örtlichen Richtlinien sollten einerseits ein Vorgehenvorsehen, dass die Ermittlung <strong>der</strong> Bedarfe nach § 24Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB II leicht möglich macht.Übermäßige Strenge ist angesichts <strong>der</strong> existenziellen Bedeutung<strong>der</strong> Flucht ins Frauenhaus, soweit diese feststeht,unangebracht. An<strong>der</strong>erseits sollten die örtlichen Richtliniendie Gegenstände, die zur Erstausstattung gehören,möglichst genau aufzählen und, sofern <strong>der</strong> Träger einePauschale zahlt, die entsprechende Summe benennen.Wie bei den KdU-Richtlinien gilt auch hier: Sollten sichKlarstellungen durch örtliche Richtlinien nicht erreichenlassen, weil die Träger sich nicht zu sehr binden wollen,210 Stadt Bielefeld, Richtlinien zum SGB II, Stand: 26.4.2011, S. 5, http://www.harald-thome.de/media/files/AE/AE-Bielefeld---26.04.2011.pdf(abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).211 Landkreis Bautzen, Richtlinie des Landkreises Bautzen zu den Leistungenfür die Erstausstattungen für Bekleidung einschließlichSchwangerschaft und Geburt nach den Sozialgesetzbüchern II und XII(Bekleidungsausstattungsrichtlinie), Stand: 1.1.2009, http://www.harald-thome.de/media/files/Kdu2/AE-Bautzen-LK-01.01.2009.pdf(abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).212 Kreis Wesel, Richtlinien zu § 23 SGB II, Stand: 11.11.2009, S. 6,http://www.harald-thome.de/media/files/Kdu2/AE-Wesel-Kreis---11.11.2009.pdf

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