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Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 211 – Drucksache 17/10500haus zufließen, kalkuliert sind. Die Vorteile <strong>der</strong> Objektför<strong>der</strong>ungkönnen daher nur zum Tragen kommen, wenndie Gel<strong>der</strong>, die zugewandt werden, ihrer Höhe nach überhauptrelevant, also auskömmlich – idealerweise: bedarfsdeckend– sind. 110Da in <strong>der</strong> Praxis – nicht zuletzt angesichts <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong>Mischfinanzierung – die „Subjektför<strong>der</strong>ung“, also dieNutzung und (Tagessatz-)Finanzierung <strong>der</strong> Frauenhäuservermittelt über die Individualansprüche <strong>der</strong> gewaltbetroffenenFrauen eine große Rolle spielt, sollen zunächst Problemebei <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Leistungsansprüche gewaltbetroffenerFrauen nach Maßgabe <strong>der</strong> allgemeinenSozialleistungsgesetze betrachtet werden.2. Probleme und Reformoptionena) Leistungsvoraussetzungenaa)Auslän<strong>der</strong>innen(1) ProblemOb eine gewaltbetroffene Frau Leistungen insb. nach demSGB II beanspruchen kann, ist vor dem soeben dargelegtenHintergrund zur mittelbaren Finanzierungsvoraussetzungfür die Frauenhäuser und weitere Unterstützungsangeboterelevant.Voraussetzung für den Zugang zu den Leistungen desSGB II ist es, dass die betroffene Person leistungsberechtigtnach § 7 SGB II ist. Da die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Erwerbsfähigkeitsehr niedrig angesiedelt sind, 111 wirdkaum einmal eine gewaltbetroffene Frau als nicht-erwerbsfähiggelten, so dass sie in aller Regel dem SGB IIunterfallen dürfte; <strong>der</strong> Zugang zum SGB XII ist danngrundsätzlich gesperrt (§ 21 SGB XII i. V. m. § 5 Abs. 2SGB II). Fehlt es an <strong>der</strong> Erwerbsfähigkeit, was bei ausgeprägtenBehin<strong>der</strong>ungen bzw. chronischen Krankheiten imSinne des SGB IX <strong>der</strong> Fall sein kann, wäre das SGB XIIanwendbar; das ist in <strong>der</strong> Praxis aber eher <strong>der</strong> Ausnahmefall.Allerdings kann das SGB XII in einem engen Rahmenergänzend auch für Bezieherinnen von Alg II-Leistungen(vgl. insb. § 19 Abs. 1 SGB II) Anwendungfinden, was allerdings eher aus finanzierungsrechtlicherSicht relevant wird. 112Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II muss die leistungsberechtigtePerson u. a. auch ihren Aufenthalt in <strong>der</strong> BundesrepublikDeutschland haben (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II),allerdings genügt das nicht, wenn die betroffenen Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> einen aufenthaltsrechtlichen (früher:„auslän<strong>der</strong>rechtlichen“) Status haben, <strong>der</strong> den Zugangzum SGB II versperrt (vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II).110 Auch dazu noch unten Teil 2, B. III.111 Rixen, Erwerbsfähigkeit als Schlüsselbegriff <strong>der</strong> Arbeitsmarktreformim SGB II, Informationen zum Arbeitslosenrecht und Sozialhilferecht(info also) 2006, S. 153–161; <strong>der</strong>s., Erwerbsfähigkeit als Normalität.Zum Normalisierungspotenzial eines zentralen Ordnungsbegriffs<strong>der</strong> Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II), Archiv fürWissenschaft und Praxis <strong>der</strong> sozialen Arbeit 2008, S. 46–52.112 Dazu unten Teil 2, B. I. 2. b) ff).Die Situation wird dadurch unübersichtlich, dass die Regeln,die den Zugang zum SGB II sperren, beträchtlicheUnschärfen aufweisen. So kann <strong>der</strong> Zugang zum SGB IIeröffnet sein, wenn sich das Aufenthaltsrecht nicht alleinaus dem Zweck <strong>der</strong> Arbeitssuche ergibt (vgl. § 7 Abs. 1S. 2 Nr. 2 SGB II); das betrifft vor allem EU-Auslän<strong>der</strong>innen.Insofern sind spezielle gesetzliche Vorschriften,namentlich die Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeineFreizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU– FreizügG/EU) relevant, aus denen sichergeben kann, dass das Aufenthaltsrecht sich nicht „allein“aus dem Zweck <strong>der</strong> Arbeitssuche ergibt. 113 Zudemgibt es weitere Vorschriften, die den Zugang zum SGB IIetwa in aufenthaltsrechtlichen Härtefällen o<strong>der</strong> aus humanitärenGründen im Sinne des Aufenthaltsrechts gestatten(vgl. § 7 Abs. 1 S. 3 SGB II i. V. m. §§ 22 ff.AufenthG). 114 Da die aufenthaltsrechtliche Lage sich verän<strong>der</strong>no<strong>der</strong> vorläufig noch unklar sein kann, wird sichdie betroffene Frau bzw. das sie unterstützende Frauenhausoft rechtlich nicht verlässlich orientieren können.Schließlich ist zu bedenken, dass eigentlich ausgeschlosseneAuslän<strong>der</strong>innen gleichwohl Leistungen nach demSGB II erhalten können, wenn sie einer sog. Bedarfsgemeinschaftangehören (§ 7 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II). 115Hinzu kommen Abgrenzungsprobleme zu den Anwendungsbereichendes AsylbLG und des SGB XII, da bspw.Asylsuchende – entgegen <strong>der</strong> Regelung des § 23 Abs. 2SGB XII und des § 9 Abs. 1 AsylbLG – durchaus Leistungenzumindest „entsprechend“ den Vorschriften desSGB XII erhalten können, wenn die Voraussetzungen des§ 2 Abs. 1 AsylbLG erfüllt sind. Auch die Vorschrift übernicht näher definierte „sonstige Leistungen“ gemäß § 6Abs. 1 AsylbLG 116 müsste so ausgelegt werden, dass dieKosten <strong>der</strong> Unterbringung und Betreuung von Frauen, diedem AsylbLG unterliegen, 117 erfasst sind, was <strong>der</strong>zeitnicht allgemein anerkannt ist. 118Diese Ansammlung von feinsinnigen Distinktionen, Unschärfen,Ausnahmen und Gegenausnahmen steht imMissverhältnis zur Bedrohungslage, die schnelles undrechtssicheres Handeln erfor<strong>der</strong>lich macht.113 Dazu Thie/Schoch, in: Mün<strong>der</strong> (Hrsg.), LPK-SGB II (Lehr- und Praxiskommentarzum SGB II), 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 28.114 Näher Dazu Thie/Schoch, in: Mün<strong>der</strong> (Hrsg.), LPK-SGB II (LehrundPraxiskommentar zum SGB II), 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 23 ff.115 Dazu Thie/Schoch, in: Mün<strong>der</strong> (Hrsg.), LPK-SGB II (Lehr- und Praxiskommentarzum SGB II), 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 23.116 § 6 Abs. 1 AsylbLG lautet: „Sonstige Leistungen können insbeson<strong>der</strong>egewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhaltso<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesundheit unerläßlich, zur Deckung beson<strong>der</strong>erBedürfnisse von Kin<strong>der</strong>n geboten o<strong>der</strong> zur Erfüllung einerverwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erfor<strong>der</strong>lich sind. DieLeistungen sind als Sachleistungen, bei Vorliegen beson<strong>der</strong>er Umständeals Geldleistung zu gewähren.“117 Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1–7 AsylbLG.118 Vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenzu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e im Rechtskreis des SGB II, Nachrichtendienstdes Deutschen Vereins für öffentliche und privateFürsorge (NDV) 2008, S. 365–375, hier: S. 372; auch (mit an<strong>der</strong>erSeitenzählung) verfügbar unter: http://www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/empfehlungen_archiv/empfehlungen2008/pdf/DV %2010-08.pdf (abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).

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