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Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243 – Drucksache 17/10500Pflichtaufgabe sprechen. Dass im Übrigen ausschließlichund allein die landesrechtliche Festlegung einer kommunalenPflichtaufgabe „Einrichtung von Frauenhäusern“ zueffektivem Schutz und effektiver Hilfe im Sinne <strong>der</strong> obenerläuterten grundrechtlichen Pflichten führen würde, lässtsich angesichts <strong>der</strong> verfügbaren Datenlage nicht plausibelbegründen. 426Für die Ausgestaltung <strong>der</strong> Pflichten <strong>der</strong> Kommunen sindzudem die Landesverfassungen zu beachten, namentlich<strong>der</strong>en kommunalfinanzrechtliche Bestimmungen, die imEinzelnen differenziert, aber im Kern übereinstimmend,das Land dazu verpflichten, die Ausgaben, die aus denden Kommunen gesetzlich auferlegten Aufgaben folgen,zu finanzieren („Konnexitätsprinzip“). 427 Diese fiskalischeFolge för<strong>der</strong>t im politischen Alltag die Zurückhaltung<strong>der</strong> Landesgesetzgeber bei <strong>der</strong> Auferlegung neuerPflichtaufgaben zulasten <strong>der</strong> Kommunen. An diesen Vorgabenmuss sich auch die Diskussion über Themen wie„kommunale Kriminalprävention“, „kommunale Sicherheitsvorsorge“o<strong>der</strong> „kommunale Sicherheitspartnerschaften“orientieren, die den Sinn für die Mitverantwortung<strong>der</strong> Kommunen für die Gewährleistung öffentlicherSicherheit hervorheben will. 428426 Vgl. Sozialwissenschaftliches Gutachten, insb. Teil E: Danach isttrotz punktueller Unterversorgungen bzw. Zugangsschwierigkeitenund einer verbesserbaren regionalen Angebots- und Kooperationsstrukturvon einer hohen Chance, Hilfe und Unterstützung zu finden,auszugehen; Anhaltspunkte für eine strukturelle, gar flächendeckendeUnterversorgung fehlen.427 Zusammenfassend Mückl, Konnexitätsprinzip in <strong>der</strong> Verfassungsordnungvon Bund und Län<strong>der</strong>n, in: Henneke/Pün<strong>der</strong>/Waldhoff (Hrsg.),Recht <strong>der</strong> Kommunalfinanzen, 2006, § 3; vgl. aus bundesverfassungsrechtlicherSicht Art. 104a Abs. 5 S. 1 1. Alt. GG, hierzuHellermann, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentarzum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 104a Rn. 139 ff.428 Siehe etwa die Beiträge in Knemeyer (Hrsg.), Innere Sicherheit in <strong>der</strong>Gemeinde – Kommunale Kriminalprävention, 1999; allg. zu den Voraussetzungenfür die „Kommunalisierung von Staatsaufgaben“Henkel, Die Kommunalisierung von Staatsaufgaben, 2010.429 Dazu oben Teil 3, A. I. die Beispiele für landespolizeigesetzliche Regelungen.430 Hierzu Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentarzum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 12; Rengeling,Gesetzgebungszuständigkeit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuchdes Staatsrechts, Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 328 – jew. mitweit. Nachw.Das heißt: Die Staatsaufgaben „Schutz von Frauen (undKin<strong>der</strong>n) vor Gewalt“ und „Unterstützung bei <strong>der</strong> Bewältigungvon Gewalterfahrungen“ treffen ungeteilt alle Ebenendes Staates. Allerdings treffen die damit verbundenen Handlungspflichtenden Bund und die Län<strong>der</strong> (einschließlich <strong>der</strong>Kommunen) nur im Rahmen <strong>der</strong> (landes-) verfassungsrechtlichenVorgaben und <strong>der</strong> in diesem Rahmen erfolgenden(landes-)gesetzlichen Konkretisierungen. So könnte <strong>der</strong>Bundesgesetzgeber auch nicht polizeirechtliche Vorschriftenfür die Landespolizeibehörden, etwa über die Wohnungsverweisungdes gewalttätigen (Ehe)Partners, 429 erlassen, weilihm insoweit die Gesetzgebungskompetenz fehlt; sie liegtfür das allgemeine Landespolizei- und -sicherheitsrecht alleinbei den Bundeslän<strong>der</strong>n. 430 Wohl aber durfte <strong>der</strong> Bundesgesetzgeberdas „Gewaltschutzgesetz“ erlassen, dessen genauerTitel lautet: „Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vorGewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz)“.431 Denn hierbei konnte er sich auf die Gesetzgebungskompetenzfür das Zivil- und das Strafrecht sowie das gerichtlicheVerfahren (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) stützen. 432Im Übrigen besteht die Möglichkeit <strong>der</strong> „Rahmengesetzgebung“– also die Option des Bundes, ein Rahmengesetzzu erlassen, das die Bundeslän<strong>der</strong> ausfüllen – schon deshalbnicht, weil durch die sog. „Fö<strong>der</strong>alismusreform I“die frühere Möglichkeit, Rahmengesetze zu erlassen(Art. 75 GG a.F.), abgeschafft wurde. 433B. GesetzgebungskompetenzI. Gesetzgebungskompetenzendes Bundes1. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GGDie Kompetenz des Bundes, gesetzliche Regeln zur Existenzsicherung(Grundsicherung, Sozialhilfe, Asylbewerberleistungsgesetz)einschließlich <strong>der</strong> Finanzierungsregelungenzu erlassen, 434 die auch die Hilfe in Frauenhäusernerfassen, ergibt sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, dem Kompetenztitelfür die „öffentliche Fürsorge“. Dieser Begriffentspricht <strong>der</strong> Wortverwendungsweise zur Zeit <strong>der</strong> Entstehungdes Grundgesetzes; er entspricht dem, was heute u. a.als „Sozialhilfe“ o<strong>der</strong> „Grundsicherung“ bezeichnet wird. 435Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG erfasst damit einen wichtigen Bereich<strong>der</strong> sozialen Sicherheit. Nicht erfasst von Art. 74Abs. 1 Nr. 7 GG ist die sog. innere Sicherheit, die – als allgemeinesGefahrenabwehrrecht (allgemeines Ordnungsrecht/Sicherheitsrecht/Polizeirecht)– <strong>der</strong> Gesetzgebungskompetenz<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> zugewiesen ist (vgl. Art. 70 GG). 436Die Gesetzgebungskompetenz „öffentliche Fürsorge“wird vom Bundesverfassungsgericht sehr weit verstanden,was starker Kritik ausgesetzt ist. 437 Das Gericht erstrecktdie Kompetenz auf das Vorfeld akuter Notlagen,also auf den Bereich <strong>der</strong> Notlagenprävention. 438 Der Ge-431 Vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3513); zu diesem Gesetz Schweikert/Baer, Das neue Gewaltschutzrecht, 2002.432 Amtl. Begr. zum Gewaltschutzgesetz, BT-Drucks. 14/5429 vom5.3.2001, S. 16 (unter D.).433 Gestrichen durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des Grundgesetzesvom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034 [2035]), in Kraft getretenam 1.9.2006.434 Allg. hierzu Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentarzum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 74 Rn. 55 ff., 58; Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Urteil vom 9.2.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL3/09, 1 BvL 4/09 –, BVerfGE 125, 175–260, juris (o<strong>der</strong>www.bverfg.de), Rn. 181 zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG als Kompetenztitelfür den Erlass des SGB II; zu den Finanzierungsregelungen als Aspekt<strong>der</strong> Gesetzgebungskompetenz Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Urteil vom 24.10.2002 – 2 BvF 1/01 –, BVerfGE (AmtlicheSammlung <strong>der</strong> Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts)Bd. 106, 62 – 166, juris (o<strong>der</strong> www.bverfg.de), Rn. 285; Bundesverfassungsgericht(BVerfG), Beschluss vom 17.3.2003 – 2 BvL 1/99 u. a. –,BVerfGE (Amtliche Sammlung <strong>der</strong> Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts)Bd. 108, 186–238, juris (o<strong>der</strong> www.bverfg.de), Rn. 111.435 Vgl. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), GG, Kommentar, Bd. II, 2. Aufl.,Supplementum 2007, 2007, Art. 74 Rn. 46 (S. 204 f.).436 Dazu oben die Nachweise Teil 3, A. III. 2. am Ende.437 Hierzu Höfling/Rixen, Lotterie <strong>der</strong> Gesetzgebungskompetenzen imHeimrecht? Die Landesgesetzgebungskompetenz für das Heimrechtnach <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform, Beiträge zum Recht <strong>der</strong> sozialen Diensteund Einrichtungen (RsDE) H. 65/2007, S. 1–42 mit umfangr. Nachw.438 Oeter, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Kommentar zumGrundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 74 Rn. 59 f.

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