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Bericht der Bundesregierung 2012 - netzwerkB

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217 – Drucksache 17/10500hilferecht übergeleitet werden (§§ 93, 94 SGB XII), 167 soferndie Leistungen im Frauenhaus als Sozialhilfeleistungeneingeordnet werden. 168Ein Ausweg soll hier die im Rahmen <strong>der</strong> Amtshilfe erfolgendeBitte an die Herkunftskommune <strong>der</strong> Frau (= Wohnsitzkommunedes Mannes) sein, den unterhaltsverpflichtetenMann anzuschreiben, wobei <strong>der</strong> Aufenthaltsortverborgen bleibe. 169 Allerdings dürfte dieses Vorgehennur sinnvoll sein, wenn sich <strong>der</strong> jetzige Aufenthaltsortund <strong>der</strong> frühere Aufenthaltsort <strong>der</strong> Frau unterscheiden.Denkbar – aber für die Frau mit erheblichem Aufwandverbunden – ist eine Rückübertragung des Anspruchs aufdie Frau gemäß § 33 Abs. 4 SGB II bzw. § 94 Abs. 5SGB XII. Die Frau kann dann eine Rechtsanwältin bzw.einen Rechtsanwalt aus einem an<strong>der</strong>en Ort als dem, andem sich das Frauenhaus befindet, mit <strong>der</strong> Durchsetzungihrer Unterhaltsansprüche beauftragen. 170Im Kern geht es im vorliegenden Zusammenhang um Gewaltpräventiondurch Datenschutz. D. h. <strong>der</strong> Umgang desLeistungsträgers bzw. – im Fall des SGB II – <strong>der</strong> gemeinsamenEinrichtung („Jobcenter“) gemäß § 44b Abs. 1 S. 2SGB II, die die Ansprüche durchsetzt, 171 muss so ausfallen,dass zur Vermeidung von Gefährdungen <strong>der</strong> Frau(und ihrer Kin<strong>der</strong>) Sozialdaten (§ 67 SGB X) über dieFrau, namentlich ihr Aufenthaltsort, nicht bekannt werden.Insoweit gilt, dass eine gesetzliche Übermittlungsbefugnisdes Leistungsträgers (bzw. des Jobcenters)bestehen muss 172 und bei <strong>der</strong> Übermittlung 173 <strong>der</strong> Erfor<strong>der</strong>lichkeitsgrundsatzzu beachten ist, also nicht mehr bekanntgegeben werden darf als wirklich nötig. 174 Das bedeutetfür die Leistungsträger (bzw. das Jobcenter), dasssie im Außenkontakt sicherstellen müssen, dass Informationenzum Aufenthaltsort unterbleiben; die Kenntnis desAufenthaltsorts als solche ist für die Einschätzung <strong>der</strong> unterhalts-bzw. sozialrechtlichen Lage irrelevant. Das hatauch Konsequenzen für die Aktenführung. Es ist nämlichzu bedenken, dass <strong>der</strong> Übergang <strong>der</strong> Ansprüche imSGB XII nicht kraft Gesetzes, also quasi „automatisch“(wie im SGB II) erfolgt, son<strong>der</strong>n durch eine schriftliche167 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenfür die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in <strong>der</strong> Sozialhilfe(SGB XII) 2008, Eigenverlag, Berlin 2009; <strong>der</strong>s., Empfehlungen fürdie Heranziehung Unterhaltspflichtiger in <strong>der</strong> Sozialhilfe (SGB XII),DV 08/2005, noch verfügbar unter: http://www.hefam.de/koll/dtv20050600.pdf (abgerufen am 30.1.<strong>2012</strong>).168 Dazu noch unten Teil 2, B. I. 2. b) ff).169 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenzu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e im Rechtskreis des SGB II, Nachrichtendienstdes Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge(NDV) 2008, S. 365 (369).170 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenzu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e im Rechtskreis des SGB II, Nachrichtendienstdes Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge(NDV) 2008, S. 365 (369).171 Cantzler, in: Löns/Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, Kommentar,3. Aufl. 2011, § 33 Rn. 14.172 Vgl. § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X.173 Die Datenübermittlung bezieht sich auf jeden Dritten, § 67 Abs. 6S. 2 Nr. 3 SGB X.174 Zusammenfassend zum Erfor<strong>der</strong>lichkeitsgrundsatz Binne/Rixen, Sozialdatenschutz,in: von Maydell/Ruland/Becker (Hrsg.), Sozialrechtshandbuch(SRH), 5. Aufl. <strong>2012</strong> (im Erscheinen), § 10 Rn. 23.Anzeige, einen Verwaltungsakt (§ 93 Abs. 2 und Abs. 3SGB XII). Ein Verwaltungsakt wird in einem Sozialverwaltungsverfahrenerlassen, in dem <strong>der</strong> Adressat des Verwaltungsaktes,<strong>der</strong> unterhaltspflichtige Ehemann, alsBeteiligter (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 SGB X) ein Akteneinsichtsrechthat (§ 25 SGB X), das er selbst o<strong>der</strong> durch einen Bevollmächtigten(§ 13 SGB X) ausüben kann. 175Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich eine gesetzlicheRegelung im Sozialdatenschutzrecht (§§ 67 ff. SGB X),konkret in den Vorschriften zur Datenübermittlung (etwain § 67d o<strong>der</strong> § 69 SGB X), die klarstellt, dass <strong>der</strong> Schutzbedarfvon Frauen und Kin<strong>der</strong>n, die sich in Frauenhäuserno<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Schutzeinrichtungen befinden, zubeachten ist. Entsprechendes gilt für § 25 SGB X (Akteneinsicht).Schon jetzt kann die Einsicht begrenzt werden(vgl. § 25 Abs. 3 SGB X), zusätzlich gilt die generelleGrenze <strong>der</strong> Erfor<strong>der</strong>lichkeit (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB X:„soweit erfor<strong>der</strong>lich“).Alternativ – o<strong>der</strong> besser ergänzend – empfehlen sich fachlicheHinweise <strong>der</strong> BA o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kommunalen Träger, diedie konkreten Anfor<strong>der</strong>ungen an den Datenschutz im Interesse<strong>der</strong> Frauen in Frauenhäusern konkreter definieren.(b)Die Heranziehung des unterhaltspflichtigenEhemanns als möglichesHin<strong>der</strong>nis für ein Neuarrangement <strong>der</strong>getrennt lebenden EheleuteIn <strong>der</strong> Praxis kommt es immer wie<strong>der</strong> vor – auch dieEmpfehlungen des „Deutschen Vereins für öffentlicheund private Fürsorge“ sprechen dies an – 176 , dass ins Frauenhausflüchtende Frauen befürchten, eine aus ihrer Sichtverfrühte förmliche Heranziehung des unterhaltspflichtigenMannes durch Anspruchsübergang auf die zuständigeBehörde könne eine „Versöhnung“ mit dem (Ehe-) Partnerbehin<strong>der</strong>n; deshalb solle <strong>der</strong> Anspruchsübergang zeitweiligunterbleiben.Insoweit ist zunächst zu bedenken, dass dieses Anliegen<strong>der</strong> Frauen mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz <strong>der</strong>Ehe) Respekt verdient, denn das Grundgesetz schütztauch die Bereitschaft <strong>der</strong> (Ehe-) Partnerin, mit Blick aufdie (zeitweilig) destruktiven Eigenschaften und Verhaltensweisendes (Ehe-) Partners eigene Maßstäbe vonVersöhnungsbereitschaft zu formulieren, 177 die für Au-175 Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> (<strong>der</strong>zeit bestehen in elf Bundeslän<strong>der</strong>n Landes-Informationsfreiheitsgesetze)scheiden schon deshalb aus, weil <strong>der</strong> Schutzpersonenbezogener Daten entgegensteht (vgl. § 5 IFG-Bund undz. B. § 9 IFG NRW).176 Vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Empfehlungenzu Hilfeleistungen an von häuslicher Gewalt betroffene Frauenund ihre Kin<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e im Rechtskreis des SGB II, Nachrichtendienstdes Deutschen Vereins für öffentliche und privateFürsorge (NDV) 2008, S. 365 (369).177 Dass Versöhnungsbereitschaft zum Selbstverständnis von Eheleutengehören kann, deutet sich auch im Familienrecht an, vgl. § 1567Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): „Ein Zusammenleben überkürzere Zeit, das <strong>der</strong> Versöhnung <strong>der</strong> Ehegatten dienen soll, unterbrichto<strong>der</strong> hemmt die in § 1566 bestimmten Fristen nicht.“ Ob <strong>der</strong>Versöhnungsversuch aus Sicht eines Dritten aussichtslos o<strong>der</strong> unverständlichist, ist irrelevant, vgl. Wolf, Münchener Kommentar zumBGB, Bd. 7, 4. Aufl. 2000, § 1567 Rn. 66.

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