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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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2. <strong>Die</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Richter <strong>und</strong> Ärzte.<br />

<strong>Die</strong> Erlaubnis <strong>und</strong> E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Gerichtsbarkeit für die Fr<strong>an</strong>zosen war ke<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

ger<strong>in</strong>gsten Gaben des Kurfürsten. E<strong>in</strong> Richter aus ihrem Volke konnte ihnen alle<strong>in</strong> Vertrauen <strong>und</strong><br />

Unterwerfung für die <strong>Recht</strong>sentscheidungen geben. In <strong>der</strong> Zeit des Streites <strong>und</strong> des Mißtrauens mit<br />

den alten E<strong>in</strong>wohnern Br<strong>an</strong>denburgs war e<strong>in</strong>e Exemtion <strong>von</strong> den deutschen Gerichten vor allem nötig.<br />

Wie die eigentümliche Kirchenverfassung die <strong>Halle</strong>sche Kolonie bis <strong>an</strong> ihre Sterbezeit aus dem<br />

deutschen Volke son<strong>der</strong>te <strong>und</strong> zusammen hielt, so hat auch die eigene Gerichtsbarkeit wesentlich<br />

ihre unterschiedliche Existenz ihr erhalten.<br />

Anf<strong>an</strong>gs hatte die Kolonie <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> nur e<strong>in</strong>en Richter, <strong>der</strong> das Gerichtsprotokoll selbst führte <strong>und</strong><br />

bei wichtigen Angelegenheiten e<strong>in</strong>ige Familienhäupter als Zeugen zuzog. Gerade unter den Emigr<strong>an</strong>ten,<br />

welche nach Br<strong>an</strong>denburg kamen, waren viele frühere Richter, hohe <strong>und</strong> niedrige, adlige<br />

<strong>und</strong> bürgerliche. Es fehlte daher nicht <strong>an</strong> den nötigen Persönlichkeiten zur Verwaltung <strong>der</strong> <strong>Recht</strong>spflege.<br />

Am 14. April 1699 ward e<strong>in</strong>e aus dem Code Louis ausgezogene <strong>und</strong> auf den hiesigen Zust<strong>an</strong>d<br />

e<strong>in</strong>gerichtete Prozeß-Ordnung vorgeschrieben. M<strong>an</strong>cherlei Streitigkeiten mit den deutschen<br />

Gerichten ver<strong>an</strong>laßten e<strong>in</strong> Reglement unter dem 3. J<strong>an</strong>uar 1702, welches am 8. Juni 1719 erweitert<br />

wurde. Aus letzterer Ausgabe, welche den Titel trägt: Neu-verfassete Verordnung, wie es <strong>der</strong> Jurisdiktion<br />

halber, zwischen den Deutschen <strong>und</strong> Fr<strong>an</strong>zösischen Gerichten gehalten werden soll; wor<strong>in</strong>nen<br />

das Reglement vom 3. J<strong>an</strong>uar 1702 bestätiget <strong>und</strong> durch Neue Verfassungen, allergnädigste Versehung<br />

geschiehet. De Dato Berl<strong>in</strong>, den 8. Juni 1719, – heben wir über das <strong>Recht</strong>sverhältnis zwischen<br />

Deutschen <strong>und</strong> Fr<strong>an</strong>zosen folgendes heraus. Was die onera publica betraf, so waren den Fr<strong>an</strong>zosen<br />

fünfzehn Freijahre zugest<strong>an</strong>den; die <strong>an</strong> <strong>von</strong> ihnen gekauften Häusern haftenden Lasten sollten<br />

sie aber bei vor<strong>an</strong>geg<strong>an</strong>gener Anzeige des Verkäufers sogleich mit übernehmen. Über die Häuser<br />

<strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zosen führt <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösische Richter die Verwaltung <strong>der</strong> etwaigen Hypotheken. Er darf alle<strong>in</strong><br />

Amtionen über die Güter <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zosen halten. In <strong>der</strong> Arrestierung <strong>von</strong> Mobilien ist nach dem<br />

Satze zu verfahren: Actor sequitur forum Rei. <strong>Die</strong> deutschen Gerichte sollten sich hüten, unter dem<br />

Vorw<strong>an</strong>de <strong>der</strong> Polizeijustiz <strong>in</strong> die Ziviljustiz <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zosen e<strong>in</strong>zugreifen. Der Inquisitionsprozeß lag<br />

<strong>in</strong> <strong>Halle</strong> alle<strong>in</strong> dem fr<strong>an</strong>zösischen Richter ob, doch wurde das fr<strong>an</strong>zösische Verfahren <strong>der</strong>ogiert, daß<br />

<strong>der</strong> Inquisit vor <strong>der</strong> Responsion ad articulos mit e<strong>in</strong>em Eide belegt werde, <strong>und</strong> daß ihm freie Ver<strong>an</strong>twortung<br />

gegen die Zeugen <strong>und</strong> ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Verteidigung untersagt war. <strong>Die</strong> deutschen Gerichte<br />

müssen den fr<strong>an</strong>zösischen mit ihren Ratsdienern <strong>und</strong> Gefängnissen zu Rate gehen. In Polizeisachen<br />

traten <strong>der</strong> Magistrat <strong>und</strong> <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösische Richter zusammen. Im Jahre 1718 wurden dem e<strong>in</strong>en<br />

Richter noch e<strong>in</strong> Gerichtsassessor, später zwei <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Gerichtsschreiber (Greffier) <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Gerichtsdiener<br />

(Huissier) beigegeben. Appellationen g<strong>in</strong>gen <strong>an</strong> das fr<strong>an</strong>zösische Obergericht zu Berl<strong>in</strong>.<br />

<strong>und</strong> als dritte Inst<strong>an</strong>z <strong>an</strong> die Revisionskammer. <strong>Die</strong> <strong>Recht</strong>sverwaltung geschah umsonst, die Richter<br />

erhielten 200 Taler Besoldung, mußten aber <strong>von</strong> jedem Taler 18 Pfennige (le sol pour livre) <strong>an</strong> die<br />

Berl<strong>in</strong>er Pensionskasse zurückzahlen.<br />

Wir geben hier gleich e<strong>in</strong>ige Nachrichten über die fr<strong>an</strong>zösischen Richter <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. Ihre Reihenfolge<br />

ist diese:<br />

1. Paul Lug<strong>an</strong>di ist wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> Sohn des <strong>Recht</strong>sgelehrten <strong>und</strong> eifrigen Ältesten <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

Kirche zu Montaub<strong>an</strong>, welcher nach <strong>der</strong> Aufhebung des Ediktes <strong>von</strong> N<strong>an</strong>tes trotz se<strong>in</strong>es achtzigsten<br />

Lebensjahres nach Berl<strong>in</strong> ausw<strong>an</strong><strong>der</strong>te, wo er 1695 starb. Von Paul Lug<strong>an</strong>di ist wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

Charles Lug<strong>an</strong>di, Pastor <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>, e<strong>in</strong> Sohn. Paul Lug<strong>an</strong>di g<strong>in</strong>g 1687 als Richter nach Magdeburg<br />

<strong>und</strong> wurde <strong>von</strong> dort als Obergerichtsrat nach Berl<strong>in</strong> versetzt.<br />

2. Alex<strong>an</strong>dre du Clos ist wohl e<strong>in</strong> Nachkomme <strong>von</strong> Samuel du Clos, welcher 1650 zu Metz stirbt.<br />

Er war <strong>in</strong> Metz Parlamentsadvokat gewesen <strong>und</strong> hatte bei Hofe schon im Jahre 1662 gegen die <strong>an</strong>-

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