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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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6. <strong>Die</strong> Predigt, die Psalmen, <strong>der</strong> Katechismus.<br />

„Um über die beste Lehrform für den Volksunterricht zu reden, schreibt Calv<strong>in</strong> <strong>in</strong> jenem Briefe<br />

<strong>an</strong> den Herzog <strong>von</strong> Sommerset, welcher wohl als <strong>der</strong> bedeutendste aus se<strong>in</strong>er Fe<strong>der</strong> geflossen ist, so<br />

muß das Volk, <strong>in</strong> ergreifen<strong>der</strong> <strong>und</strong> frischer Weise <strong>an</strong>gefaßt werden, auf daß es jenes Wort des Apostels<br />

verstehen lerne, daß das Wort des Herrn e<strong>in</strong> zweischneidiges Schwert sei, welches Ged<strong>an</strong>ken<br />

<strong>und</strong> Empf<strong>in</strong>dungen, ja das <strong>in</strong>nerste Mark <strong>und</strong> Be<strong>in</strong> durchbohrt. Das Ev<strong>an</strong>gelium muß nicht <strong>in</strong> toter<br />

Form, son<strong>der</strong>n mit lebendiger Zunge wirksam, lehrhaft, züchtigend gepredigt werden, d<strong>an</strong>n wird <strong>der</strong><br />

Ungläubige, <strong>der</strong> die Versammlung <strong>der</strong> Gläubigen besucht, so <strong>von</strong> dem Gehör des göttlichen Wortes<br />

getroffen werden, daß er Gott die Ehre gibt. Es ist Ihnen auch bek<strong>an</strong>nt, was <strong>der</strong>selbe Apostel über<br />

die Kraft lehrt, welche <strong>in</strong> den geordneten <strong>und</strong> rechtschaffenen Pastoren leben soll <strong>und</strong> die so wenig<br />

<strong>der</strong> schauspielerischen Redemittel <strong>und</strong> des rhetorischen Gepränges bedarf, daß vielmehr ihre alle<strong>in</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>der</strong> Macht des heiligen Geistes getragene Rede am kräftigsten <strong>in</strong> den Herzen <strong>der</strong> Zuhörer wirkt.<br />

Das freie Schaffen dieses Geistes verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t m<strong>an</strong> durch falsche rednerische Vorsichtsmittel … Frei<br />

<strong>und</strong> ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t bleibe die Predigt des Ev<strong>an</strong>geliums. Für letztere s<strong>in</strong>d tüchtige stimmvolle Posaunen<br />

<strong>an</strong>zustellen, <strong>der</strong>en Kl<strong>an</strong>g bis <strong>in</strong> das <strong>in</strong>nerste Herz <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de dr<strong>in</strong>gt. Unterläßt m<strong>an</strong> dies, geht<br />

nicht das gepredigte Wort mit Macht <strong>in</strong> die Welt aus, so fürchte ich, daß die Frucht <strong>der</strong> so glücklich<br />

begonnenen Reformation e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge se<strong>in</strong> wird. Nicht umsonst steht <strong>von</strong> Christo geschrieben, daß<br />

er die Erde mit dem Zepter se<strong>in</strong>es M<strong>und</strong>es <strong>und</strong> den Gottlosen mit dem Hauch se<strong>in</strong>er Lippen schlagen<br />

werde. Ja <strong>in</strong> Wahrheit durch se<strong>in</strong> kräftiges Wort bändigt er uns <strong>und</strong> vernichtet alles das, was se<strong>in</strong>er<br />

Ehre Abbruch tut. Darum heißt auch das Ev<strong>an</strong>gelium das Reich Gottes. Haben auch Erlasse <strong>und</strong><br />

Anordnungen <strong>der</strong> Fürsten für die Verbreitung <strong>der</strong> christlichen Wahrheit e<strong>in</strong>e große Bedeutung, se<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>e Wirkung hat Gott <strong>in</strong> das geistliche Schwert <strong>der</strong> Pastoren gelegt.“<br />

Aus diesen Ged<strong>an</strong>ken s<strong>in</strong>d auch die Bestimmungen <strong>der</strong> Diszipl<strong>in</strong> über die Predigt des göttlichen<br />

Wortes geschöpft. M<strong>an</strong> solle sich <strong>an</strong> die E<strong>in</strong>fachheit <strong>der</strong> Schreibweise des Geistes Gottes gewöhnen,<br />

nichts <strong>in</strong> die Predigt mischen, was nicht zur Erbauung dienen könne, alle gelehrten prunkenden<br />

Zutaten vermeiden, ke<strong>in</strong>e fremden Wörter gebrauchen, son<strong>der</strong>n streng <strong>und</strong> knapp sich <strong>an</strong> den Text<br />

<strong>an</strong>schließen, ihn gründlich auslegen, ihn praktisch <strong>an</strong>wenden. Wohl möge m<strong>an</strong> achthaben, daß auch<br />

nicht das Ger<strong>in</strong>gste e<strong>in</strong>fließe, was die Achtung <strong>und</strong> die Ehre <strong>der</strong> heiligen Schrift abbreche.<br />

<strong>Die</strong> Predigten aus <strong>der</strong> älteren Zeit s<strong>in</strong>d diesen Vorschriften gemäß. Daher vorwiegend lehrhaft,<br />

unterrichtend, den Text ausführlich erklärend; das Ohr wird nicht gekitzelt, <strong>der</strong> Zuhörer nicht überrascht<br />

<strong>und</strong> gereizt, m<strong>an</strong> vertraut <strong>der</strong> Wahrheit des Wortes <strong>und</strong> ihrer Wirkung. <strong>Die</strong> sich <strong>an</strong> die Erklärung<br />

<strong>an</strong>schließende Anwendung (application) ist meist sehr dr<strong>in</strong>gend, voll treiben<strong>der</strong> Liebe.<br />

Aus dieser nüchternen E<strong>in</strong>fachheit, <strong>an</strong> <strong>der</strong> sich jedoch die gebildetsten Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>den<br />

wie e<strong>in</strong> Coligny, die König<strong>in</strong> <strong>von</strong> Navarra etc. ebenso erbauten, wie die welche e<strong>in</strong>e weltliche Bezeichnung<br />

ungebildet nennt, wurden die fr<strong>an</strong>zösischen Prediger durch das verführerische Beispiel<br />

<strong>der</strong> berühmten römischen K<strong>an</strong>zelredner herausgelockt, welche die Predigt <strong>in</strong> berauschen<strong>der</strong> Weise<br />

zur Unterhaltung des Hofes machten. Unter ihrem E<strong>in</strong>flusse stehen <strong>der</strong> gepriesene Jacques Saur<strong>in</strong>,<br />

<strong>der</strong> Prediger <strong>in</strong> Haag <strong>und</strong> die vielgen<strong>an</strong>nten Berl<strong>in</strong>er Pastoren Beausobre, Lenf<strong>an</strong>t <strong>und</strong> Abbadie. Beausobre<br />

war <strong>der</strong> Liebl<strong>in</strong>g des Hofes, <strong>der</strong> ihn um ke<strong>in</strong>en Preis missen wollte. Friedrich II. n<strong>an</strong>nte ihn<br />

die beste Fe<strong>der</strong> <strong>von</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> das schönste Talent, das die Verfolgung aus Fr<strong>an</strong>kreich vertrieben<br />

hätte. Se<strong>in</strong>e Bildung <strong>der</strong> Sprache <strong>und</strong> Fe<strong>in</strong>heit des Wesens umgab ihn mit Bewun<strong>der</strong>ern. Aber m<strong>an</strong><br />

muß sagen, daß solche Predigtweise den Ernst des Wortes schwächt <strong>und</strong> aus e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen Zeugnis<br />

<strong>der</strong> geglaubten <strong>und</strong> erfahrenen Wahrheit e<strong>in</strong>e menschliche Überredungskunst macht, welche<br />

doch nur zeitliche Erfolge haben k<strong>an</strong>n. <strong>Die</strong> Redeweise <strong>von</strong> Lenf<strong>an</strong>t, welche nach unserem Urteil <strong>der</strong><br />

<strong>von</strong> Beausobre vorzuziehen ist, beschreibt Rambach als lehrreich, <strong>an</strong>nehmlich <strong>und</strong> beweglich, Mos-

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