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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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95 <strong>Die</strong> letzten Pastoren.<br />

Simonis <strong>und</strong> Murs<strong>in</strong>na <strong>und</strong> dem Domprediger Hirsekorn e<strong>in</strong>e wöchentliche gelehrte Gesellschaft<br />

gestiftet. Später wagte er es, Gesenius entgegenzutreten. <strong>Die</strong> fr<strong>an</strong>zösische Sprache verst<strong>an</strong>d er mit<br />

großer Genauigkeit, auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Literatur war er bew<strong>an</strong><strong>der</strong>t <strong>und</strong> liebte beson<strong>der</strong>s Klopstocks<br />

Messias, <strong>der</strong> ihn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schweren Kr<strong>an</strong>kheit getröstet hatte. Am Ende se<strong>in</strong>es Lebens f<strong>in</strong>g er<br />

e<strong>in</strong> sorgfältiges Studium <strong>der</strong> Geographie <strong>und</strong> Topographie <strong>an</strong>, <strong>und</strong> wie er früher e<strong>in</strong>e durch orientalische<br />

Literatur ausgezeichnete Bibliothek zusammengestellt hatte, so legte er sich jetzt auf e<strong>in</strong>e<br />

kostbare Kartensammlung, o<strong>der</strong> machte Auszüge aus Reisebüchern, welche sich allmählich zu e<strong>in</strong>em<br />

vollständigen Kursus <strong>der</strong> Geographie erweiterten. Von e<strong>in</strong>er fr<strong>an</strong>zösischen Übersetzung <strong>der</strong><br />

Geographie <strong>von</strong> Büsch<strong>in</strong>g f<strong>an</strong>d sich nach se<strong>in</strong>em Tode e<strong>in</strong>e fast vollendete Arbeit. Se<strong>in</strong>e Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Bot<strong>an</strong>ik zeigte se<strong>in</strong> wohlgepftegtes Gärtchen h<strong>in</strong>ter dem Pfarrhause, <strong>in</strong> dem er namentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

zehnjährigen Kr<strong>an</strong>kheit oft Erholung suchte. <strong>Die</strong>se Kr<strong>an</strong>kheit, welche zwischen gänzlicher Ohnmacht<br />

<strong>und</strong> Erschöpfung <strong>und</strong> nervöser Erregtheit h<strong>in</strong>- <strong>und</strong> herschw<strong>an</strong>kte, machte ihn unfähig se<strong>in</strong><br />

Amt zu verwalten. Um dennoch e<strong>in</strong>ige nützliche Arbeit zu tun, gab er <strong>in</strong> den guten St<strong>und</strong>en se<strong>in</strong>es<br />

Leidens <strong>an</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen unentgeltlichen Unterricht <strong>in</strong> <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Sprache, <strong>in</strong> den er zuweilen<br />

geistliche Unterweisungen e<strong>in</strong>fließen ließ. Auch diese l<strong>an</strong>gwierige körperliche Not konnte die merkwürdige<br />

Regsamkeit <strong>und</strong> Frische se<strong>in</strong>es Wesens nicht zerstören, er blieb immer <strong>der</strong> lebhafte, lebendige<br />

Fr<strong>an</strong>zose, <strong>der</strong> sich freute, wenn den E<strong>in</strong>samen e<strong>in</strong> Fre<strong>und</strong> besuchte. <strong>Die</strong>s geschah nicht zu oft<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kr<strong>an</strong>ke lebte viel alle<strong>in</strong>, doch allezeit tätig <strong>und</strong> regsam. Als das Pfarrhaus abbr<strong>an</strong>nte, er erhebliche<br />

Verluste erlitt, se<strong>in</strong>e Bibliothek zum Fenster h<strong>in</strong>ausw<strong>an</strong><strong>der</strong>te <strong>und</strong> m<strong>an</strong>ch seltenes Buch<br />

nicht wie<strong>der</strong>kehrte, glaubte m<strong>an</strong>, er würde bei se<strong>in</strong>er Schwäche dies nicht überleben. Doch er blieb<br />

still <strong>und</strong> gelassen <strong>und</strong> kehrte bald wie<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>en Arbeiten zurück. Der bald darauf erfolgende Tod<br />

se<strong>in</strong>er Frau mehrte se<strong>in</strong>e Not, schon vorher hatte ihn die fr<strong>an</strong>zösische Revolution um die Z<strong>in</strong>sen se<strong>in</strong>es<br />

Vermögens gebracht. E<strong>in</strong>e zweite Verheiratung mit Charlotte <strong>von</strong> Rö<strong>der</strong> ordnete aufs Neue se<strong>in</strong><br />

Hauswesen.<br />

Nach se<strong>in</strong>er unerwarteten Genesung übernahm er mit verdoppelter Treue se<strong>in</strong> Amt, welches er<br />

bis zum 28. April 1809 fortführte. Den Sonntag vor se<strong>in</strong>em Todestage hatte er noch gepredigt. Se<strong>in</strong><br />

Kollege Chodowiecky, <strong>der</strong> ihn obwohl e<strong>in</strong> Gegner se<strong>in</strong>es Glaubens sehr liebte, widmete ihm e<strong>in</strong>en<br />

Nachruf im halleschen Wochenblatte <strong>und</strong> rühmte noch <strong>von</strong> ihm, er wäre „<strong>in</strong> kollegialischen Verhältnissen<br />

auch bei <strong>der</strong> größten Verschiedenheit <strong>der</strong> Charaktere unübertrefflich gewesen.“<br />

Aus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>degeschichte wie sie teils schon e<strong>in</strong>ige Jahre vor se<strong>in</strong>er Zeit, d<strong>an</strong>n zu se<strong>in</strong>er Zeit<br />

verläuft, teilen wir Folgendes mit.<br />

Beson<strong>der</strong>e bemerkenswerte Beispiele <strong>von</strong> Geme<strong>in</strong>dezucht liegen <strong>in</strong> den Kirchenakten nicht vor,<br />

außer etwa die Absetzung des Küsters Pierre Maur<strong>an</strong> im Jahre 1738, weil er dem Pastor Galafrès<br />

nicht <strong>in</strong> geziemen<strong>der</strong> Weise begegnete <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e eigene Frau schlecht beh<strong>an</strong>delte. Gaben <strong>der</strong> Liebe<br />

kamen noch immer e<strong>in</strong>. So schenkte <strong>der</strong> Kaufm<strong>an</strong>n Paul Hurl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> großen Ulrichstraße gelegenes<br />

Haus, das früher e<strong>in</strong>em gewissen Valgalier gehörte <strong>und</strong> <strong>an</strong> das Hurl<strong>in</strong> Schuldrecht hatte, damit<br />

es für die Armen verwertet werde. Anfänglich vermietete m<strong>an</strong> es <strong>an</strong> Soldaten <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e Leute,<br />

d<strong>an</strong>n reparierte m<strong>an</strong> es für 2579 Taler <strong>und</strong> machte es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em vor<strong>der</strong>en Teile zum l<strong>an</strong>gersehnten<br />

Pfarrhause. <strong>Die</strong> Erpressungen <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>dlichen Heere im siebenjährigen Kriege drückten auch die<br />

fr<strong>an</strong>zösische Geme<strong>in</strong>de <strong>und</strong> beraubten sie. Im Oktober 1760 rettete m<strong>an</strong> wenigstens das Pastoren-<br />

<strong>und</strong> Armenhaus durch e<strong>in</strong>e feierliche nach dem Rathause ges<strong>an</strong>dte Deputation <strong>von</strong> e<strong>in</strong>er Br<strong>an</strong>dschatzung.<br />

In dem Pfarrhause wohnten die Pastoren wie auch <strong>der</strong> Vorsänger <strong>und</strong> Vorleser für e<strong>in</strong>e<br />

billige Miete, 1765 erhielt Galafrès wegen se<strong>in</strong>er mühevollen Verwaltung des Sekretäramtes freie<br />

Wohnung <strong>und</strong> die beson<strong>der</strong>s beratene Erlaubnis auf dem zur unteren Pfarrwohnung gehörigen Hofe<br />

e<strong>in</strong>en Hühnerstall halten zu dürfen. Im Jahre 1767 <strong>und</strong> 1768 wurde die Burgkapelle vom Könige re-

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