Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht
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27 Das kirchliche Vorbild <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Bekenntnis, Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Gottesdienst.<br />
Wenn Artikel 1. die Eigenschaften des e<strong>in</strong>igen Gottes aufzählt, so erwähnt er <strong>von</strong> ihnen zuletzt<br />
se<strong>in</strong>e vollkommene Gerechtigkeit <strong>und</strong> vollkommene Barmherzigkeit; gewiß mit Absicht, denn aus<br />
ihnen entspr<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> ewige Ratschluß, <strong>von</strong> dem Artikel 12. h<strong>an</strong>delt <strong>und</strong> <strong>in</strong> dessen Erfüllung die g<strong>an</strong>ze<br />
Weltgeschichte ausläuft.<br />
Artikel 2. bezeichnet die heilige Schrift als e<strong>in</strong>e zweite <strong>und</strong> hellere Erkenntnisquelle Gottes neben<br />
<strong>der</strong> ersteren, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schöpfung <strong>und</strong> ihrer Erhaltung dem Menschen sich öffnet. Artikel 3.<br />
gibt e<strong>in</strong>e spezielle Anführung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Schriftbücher zur untrüglichen Belehrung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de,<br />
welche Bücher alle<strong>in</strong> k<strong>an</strong>onisch seien. <strong>Die</strong>se Bücher s<strong>in</strong>d – so fährt Artikel 4. fort – die „g<strong>an</strong>z sichere<br />
Regel unseres Glaubens nicht sowohl durch die allgeme<strong>in</strong>e Anerkennung <strong>und</strong> Zustimmung<br />
<strong>der</strong> Kirche, als durch das Zeugnis <strong>und</strong> die <strong>in</strong>nere Versicherung des heiligen Geistes.“ S<strong>in</strong>d die apokryphischen<br />
Bücher auch „nützlich,“ so soll m<strong>an</strong> doch auf sie ke<strong>in</strong>en Glaubensartikel bauen. <strong>Die</strong>s<br />
wird wohl für alle Zeit die e<strong>in</strong>fachste <strong>und</strong> beste Unterscheidung zwischen den k<strong>an</strong>onischen <strong>und</strong> apokryphischen<br />
Büchern bleiben. Artikel 5. sagt, daß wie das Schriftwort <strong>von</strong> Gott ausgeg<strong>an</strong>gen sei, so<br />
leite es auch <strong>von</strong> ihm alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong> Ansehen her. „Und weil es <strong>der</strong> Inbegriff <strong>der</strong> gesamten Wahrheit ist<br />
<strong>und</strong> Alles enthält, was zum <strong>Die</strong>nste Gottes <strong>und</strong> zu unserem Heile nötig ist, so ist es dem Menschen<br />
nicht erlaubt, selbst nicht den Engeln, etwas h<strong>in</strong>zuzufügen, abzunehmen o<strong>der</strong> zu än<strong>der</strong>n.“ M<strong>an</strong> darf<br />
also dieser Schrift nicht das entgegensetzen, was bei den Menschen Ansehen hat, auch nicht „Wun<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Ersche<strong>in</strong>ungen,“ vielmehr muß Alles nach ihr geprüft werden.<br />
Da die drei Symbole, das apostolische, nicänische <strong>und</strong> ath<strong>an</strong>asi<strong>an</strong>ische mit dem Worte Gottes<br />
übere<strong>in</strong>stimmen, s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> ihrer Autorität <strong>an</strong>zuerkennen. Calv<strong>in</strong> hatte sich e<strong>in</strong>st im Kampfe gegen<br />
Caroli h<strong>in</strong>reißen lassen, die Unterschrift <strong>der</strong> drei altkirchlichen Symbole zu verweigern, doch er hat<br />
nachher diesen Fehler vollkommen verbessert. Artikel 6. gibt die Tr<strong>in</strong>itätslehre nach diesen Symbolen<br />
<strong>und</strong> spricht <strong>in</strong> voller Anerkennung <strong>von</strong> den heiligen Lehrern, dem heiligen Hilarius, Ath<strong>an</strong>asius,<br />
Ambrosius <strong>und</strong> Cyrillus. Mit ihnen verdammt das Bekenntnis alle <strong>an</strong><strong>der</strong>slehrenden Sekten <strong>und</strong> Ketzereien.<br />
M<strong>an</strong> sieht hieraus, wie bereitwillig die reformierte Kirche die Lehrfürsten des Altertums<br />
hochachtet, dienten sie <strong>der</strong> göttlichen Wahrheit.<br />
In Artikel 7. <strong>in</strong> dem die Schöpfung <strong>der</strong> sichtbaren D<strong>in</strong>ge <strong>und</strong> <strong>der</strong> unsichtbaren Geisterwelt durch<br />
Gott gelehrt wird, ist es bemerkenswert, daß wenn gleich die Scheidung <strong>der</strong> Geister <strong>in</strong> solche die<br />
sich <strong>in</strong>s Ver<strong>der</strong>ben stürzten <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e die bei ihrem Gehorsame beharrten h<strong>in</strong>zugefügt ist, <strong>von</strong> letzteren<br />
gesagt wird, daß sie alle<strong>in</strong> „durch die Gnade Gottes bewahrt geblieben s<strong>in</strong>d.“<br />
So herrscht also auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geisterwelt die frei wählende Gnade, die es alle<strong>in</strong> verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te, daß<br />
<strong>der</strong> Engelabfall nicht e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>er war.<br />
Artikel 8. umfaßt das Geheimnis <strong>und</strong> den Trost <strong>der</strong> Weltregierung Gottes, welcher so wenig <strong>der</strong><br />
Urheber des Bösen ist, daß „se<strong>in</strong> Wille vielmehr die höchste <strong>und</strong> unfehlbare Richtschnur aller Gerechtigkeit<br />
<strong>und</strong> Billigkeit ist,“ alle<strong>in</strong> ihm stehen so bewun<strong>der</strong>nswürdige Mittel zu Gebote, vermöge<br />
<strong>der</strong>en dennoch nichts ohne se<strong>in</strong>e Vorsehung geschieht. Beten wir auch <strong>in</strong> Demut diese Geheimnisse<br />
<strong>an</strong>, <strong>und</strong> forschen nicht weiter als uns vergönnt ist, so wenden wir sie doch zu unserem Besten <strong>an</strong>,<br />
um ruhig <strong>und</strong> sicher zu leben, denn Gott hält den Sat<strong>an</strong> <strong>und</strong> alle unsere Fe<strong>in</strong>de so gefesselt, daß sie<br />
uns ohne se<strong>in</strong>e Erlaubnis ke<strong>in</strong>en Schaden zufügen können.<br />
In diesem kurzen Artikel ist treffend zusammengefaßt, was das Resultat aller e<strong>in</strong>gehenden Untersuchung<br />
<strong>Calv<strong>in</strong>s</strong> über die Vorsehung Gottes ist, mit denen er dieses Lehrstück für immer zu e<strong>in</strong>em<br />
reich bebauten Gebiete <strong>der</strong> reformierten Dogmatik gemacht hat. Wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prädest<strong>in</strong>ationslehre so<br />
auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em staunenden <strong>an</strong>betungsvollen Betrachten <strong>der</strong> Vorsehung Gottes g<strong>in</strong>g <strong>der</strong> lebensernste<br />
nüchterne M<strong>an</strong>n so wenig <strong>von</strong> e<strong>in</strong>em Gelüste se<strong>in</strong>es s<strong>in</strong>nenden Verst<strong>an</strong>des aus, als vielmehr <strong>von</strong>