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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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Das gute Bekenntnis am Weihnachtsfeste 1613. 82<br />

Joh<strong>an</strong>n Sigism<strong>und</strong> ist e<strong>in</strong> hallesches K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>in</strong> unserer Stadt empf<strong>in</strong>g er die E<strong>in</strong>drücke <strong>und</strong><br />

nahm die Verpflichtungen auf sich, durch welche m<strong>an</strong> ihn bei <strong>der</strong> lutherischen Kirche unzertrennlich<br />

festb<strong>in</strong>den wollte, wodurch m<strong>an</strong> aber gerade se<strong>in</strong>en Übertritt herbeiführte, se<strong>in</strong>e selbstständigen<br />

Nachforschungen über die Lehrdifferenzen hervorrief. Er verlebte se<strong>in</strong>e Jugend <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> <strong>und</strong> hatte<br />

den ersten Hof- <strong>und</strong> Domprediger Simon Gedicke zu se<strong>in</strong>em Religionslehrer. Der rohe F<strong>an</strong>atismus<br />

dieses M<strong>an</strong>nes, mit <strong>der</strong> er die reformierte Kirche zu den „Mamelucken“ wies <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> entsetzlichen<br />

Streitweise <strong>der</strong> damaligen Zeit über die Genoss<strong>in</strong> desselben Glaubens herfiel, hat sich später<br />

noch mehr gezeigt, doch lebte er schon damals <strong>in</strong> ihm <strong>und</strong> war bemüht <strong>in</strong> das Herz des Schülers<br />

gleiche Abneigung <strong>und</strong> Haß zu säen. Er hat dadurch das Gegenteil bewirkt. Der allzueifrige Lehrer<br />

erregte zweifelnde Bedenken <strong>und</strong> trieb Joh<strong>an</strong>n Sigism<strong>und</strong> zu eigenen Studien <strong>an</strong>. Dazu fehlte es<br />

ihm nicht <strong>an</strong> Begabung: er war nachdenken<strong>der</strong>, strebsamer Art, voll Trieb zu lernen. Das Late<strong>in</strong>ische<br />

sprach er fertig, me<strong>in</strong>te, er hätte noch mehr lernen können, wenn er besser <strong>an</strong>gehalten wäre. Er<br />

wünschte Reisen zu machen, doch erlaubte m<strong>an</strong> es ihm nicht. In dem Anhören <strong>von</strong> Predigten war er<br />

sehr fleißig, auf e<strong>in</strong>er Schreibtafel verzeichnete er sich die Ordnung <strong>der</strong> Ged<strong>an</strong>ken <strong>und</strong> nahm sie<br />

nachher noch e<strong>in</strong>mal durch. In <strong>der</strong> Bibel bew<strong>an</strong><strong>der</strong>t, hatte er sich wie se<strong>in</strong> Vater e<strong>in</strong> eigenes Spruchbüchle<strong>in</strong><br />

gemacht, wor<strong>in</strong> er sich die bedeutendsten Sprüche <strong>der</strong> heiligen Schrift abgeschrieben hatte,<br />

aus denen m<strong>an</strong> lernen k<strong>an</strong>n, christlich zu leben <strong>und</strong> selig zu sterben. In demselben f<strong>an</strong>den sich auch<br />

Gebete, die ihm lieb waren <strong>und</strong> die er täglich sprach. <strong>Die</strong> Psalmen hielt er vor allem hoch, bestimmte<br />

öfter diejenigen, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche gesungen werden sollten <strong>und</strong> Psalm 125 n<strong>an</strong>nte er se<strong>in</strong>en<br />

Psalm.<br />

„<strong>Die</strong> auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen, son<strong>der</strong>n ewiglich bleiben wie <strong>der</strong> Berg<br />

Zion.“ <strong>Die</strong>ser Psalm ist auch se<strong>in</strong>em z<strong>in</strong>nernen Sarge e<strong>in</strong>gegraben. Als er e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> Dresden war <strong>und</strong><br />

m<strong>an</strong> ihm verbot <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gemach se<strong>in</strong>en Hofprediger predigen zu lassen, was m<strong>an</strong> doch dem<br />

österreichischen römischen Leopold erlaubte, blieb er <strong>in</strong> so ruhiger Sammlung, daß er selbst se<strong>in</strong>en<br />

Hauptgegner den Oberhofprediger Höe <strong>von</strong> Honegg bitten ließ, morgens früh zu ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Zimmer<br />

zu kommen, da er ihm e<strong>in</strong>ige biblische Fragen vorlegen wolle. Er zeichnete sich mehrere Stellen<br />

<strong>der</strong> Schrift zu diesem Zwecke <strong>an</strong>, se<strong>in</strong> Gegner blieb aber aus. M<strong>an</strong>chen Prediger wußte er durch<br />

se<strong>in</strong>e Entgegnungen verstummen zu machen, doch nahm er gerechten Tadel gegen sich selbst gut<br />

auf <strong>und</strong> ließ sich bald bewegen lieber den Sabbat zu feiern als <strong>in</strong> Grimnitz <strong>der</strong> Jagdlust zu leben.<br />

Mehr aber als se<strong>in</strong>e geistige Selbstständigkeit entfremdete ihn se<strong>in</strong>e zarte, milde Empf<strong>in</strong>dungsweise<br />

se<strong>in</strong>em Lehrer Gedicke. Se<strong>in</strong> Großvater n<strong>an</strong>nte den Jüngl<strong>in</strong>g se<strong>in</strong>e beste Freude <strong>und</strong> den Trost<br />

se<strong>in</strong>es Alters <strong>und</strong> wollte ihn nicht <strong>von</strong> sich fortlassen. Innig <strong>und</strong> warm s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>e Briefe <strong>an</strong> den geliebten<br />

Christi<strong>an</strong> II. <strong>von</strong> Sachsen <strong>und</strong> er unterschreibt sich <strong>in</strong> ihnen: „allezeit dienstwilliger <strong>und</strong> im<br />

Herzen getreuer <strong>und</strong> zuverlässiger vielgeliebter Bru<strong>der</strong> die Zeit me<strong>in</strong>es Lebens bis <strong>in</strong> den Tod.“<br />

O<strong>der</strong> er sagt: „<strong>der</strong> gute <strong>und</strong> getreue Gott helfe uns zu lieb Freuden Frieden <strong>und</strong> E<strong>in</strong>igkeit zusammen<br />

<strong>und</strong> stürze alle diejenigen, die solches h<strong>in</strong><strong>der</strong>n wollen, Amen, Amen, Amen, <strong>der</strong> helf uns zusammen,<br />

hiemit E. L. <strong>in</strong> den starken Schutz des Allerhöchsten, mich aber <strong>in</strong> ihr altes treues <strong>und</strong> brü<strong>der</strong>liches<br />

liebreiches Herz befehlend.“ <strong>Die</strong>jenigen, die ihm e<strong>in</strong>en Be<strong>in</strong>amen gegeben, haben ihn den Gütigen<br />

gen<strong>an</strong>nt. Er war fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> wohlwollend, vergab gerne, reichlich teilte er Almosen aus nach e<strong>in</strong>er<br />

glücklichen Reise o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Feier <strong>der</strong> Kommunion. Wir werden später sehen, wie er bei se<strong>in</strong>em<br />

Übertritt eigentlich nur sich selbst die Freiheit se<strong>in</strong>es Bekenntnisses verschaffen wollte, wie<br />

wenig er gegen se<strong>in</strong> L<strong>an</strong>d drängerisch auftrat. Se<strong>in</strong>e Nachgiebigkeit wurde oft Schwäche <strong>und</strong><br />

Weichlichkeit, o<strong>der</strong> er durchbrach sie e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> heftigem Auffahren. An se<strong>in</strong>er aufrichtigen Ges<strong>in</strong>nung<br />

haben se<strong>in</strong>e bittersten Fe<strong>in</strong>de nicht gezweifelt. Hutter nennt ihn e<strong>in</strong>en Herrn <strong>von</strong> gutem treuherzigem<br />

Gemüte, Cypri<strong>an</strong> den glorwürdigsten <strong>von</strong> Herzen frommen Kurfürsten.

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