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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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<strong>Die</strong> neuen Propheten <strong>und</strong> ihr Verteidiger. 76<br />

gehalten, wenn sich nicht aus den l<strong>an</strong>gen Wie<strong>der</strong>holungen das Wichtige bald ergab. Im Jahre 1718<br />

veröffentlichte er e<strong>in</strong>en B<strong>an</strong>d vornehmster Exculpationsschriften, zu <strong>der</strong>en Druck er das Geld lieh<br />

<strong>und</strong> die außerhalb Preußen erschienen, weil sie im L<strong>an</strong>de die Zensur nicht überst<strong>an</strong>den hätten. Er<br />

widmete die Schrift <strong>der</strong> milden König<strong>in</strong> Sophia Dorothea, die ihn schon mit e<strong>in</strong>er Gabe unterstützt<br />

hatte, <strong>in</strong>dem er besseren Erfolg erhoffte als se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>gabe <strong>an</strong> den König gehabt hatte. In diesem Buche<br />

f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Sammlung <strong>der</strong> vornehmsten E<strong>in</strong>gaben <strong>an</strong> den König, das Kirchendirektorium,<br />

<strong>an</strong> Schardius, d<strong>an</strong>n Testate <strong>von</strong> fünf Berl<strong>in</strong>er hochgestellten lutherischen Geistlichen, daß sie sich <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>er Weise <strong>an</strong> se<strong>in</strong>en Unionsvorschlägen gestoßen hätten <strong>und</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>es mehr. Aus den herbeigezogenen<br />

Zitaten lernen wir ziemlich das damalige Material reformierter Theologie kennen <strong>und</strong> die Autoritäten<br />

für die verschiedenen Gebiete. Für <strong>Recht</strong>sfragen ist meist zitiert Roellius, Brunnem<strong>an</strong>n,<br />

Baxter, für biblische Theologie Vitr<strong>in</strong>ga, Witsius, Gürtler, für Dogmatik Voetius, Heidegger, Braunius,<br />

für Moral Amesius, la Placette etc.<br />

Nach l<strong>an</strong>gem Aufenthalt im Elende, auch wie<strong>der</strong> aber vergeblich zu e<strong>in</strong>em Pfarramte nach E<strong>in</strong>geständnis<br />

<strong>der</strong> Schuld aufgefor<strong>der</strong>t, wird Knauth erst wie<strong>der</strong> 1732 Prediger <strong>der</strong> Friedrichsstadt <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong>. Er lebte nur noch bis 1738.<br />

Solchen Ausg<strong>an</strong>g nahm die Anwaltschaft des unglücklichen Knauth. Blicken wir zum Schluß<br />

noch auf das Ende <strong>der</strong> Inspirierten <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Familie Pott hatte sich g<strong>an</strong>z nach Halberstadt zurückgezogen. Von hier begab sich die Mutter<br />

mit ihrem Sohne nach Berl<strong>in</strong>, wo sich e<strong>in</strong> Häufle<strong>in</strong> Angesteckter um sie sammelte, unter denen <strong>der</strong><br />

Studiosus <strong>der</strong> Theologie Tiedem<strong>an</strong>n, e<strong>in</strong> Fre<strong>und</strong> <strong>der</strong> Maria Elisabeth Matthes, die Schnei<strong>der</strong> Michael<br />

Bolich <strong>und</strong> Joh<strong>an</strong>n Joachim Müller sich auszeichneten. Nach ihrer Austreibung aus <strong>Halle</strong> brachen<br />

die Tochter Pott <strong>und</strong> Maria Elisabeth nach Berl<strong>in</strong> auf, wurden im Hospital untergebracht <strong>und</strong> fleißig<br />

<strong>von</strong> den Predigern besucht. Mit vieler Mühe brachten sie <strong>in</strong> den Armen e<strong>in</strong>e geistige Än<strong>der</strong>ung hervor.<br />

Maria Elisabeth schrieb am 14. Okt. nach <strong>Halle</strong> <strong>an</strong> ihren Bru<strong>der</strong>: „ich fürchte mich im ger<strong>in</strong>gsten<br />

nicht, wenn ich auch sollte die Zeit me<strong>in</strong>es Lebens <strong>in</strong> Verfolgung <strong>und</strong> Schmach herumgehen,<br />

wenn ich nur Jesum bei mir habe, aber auf e<strong>in</strong>en Ungewissen Gr<strong>und</strong> k<strong>an</strong>n doch niem<strong>an</strong>d bauen. Obwohl<br />

so vieles mit mir vorgeg<strong>an</strong>gen ist, welches ihr liebe K<strong>in</strong><strong>der</strong> für große Taten haltet, habe ich<br />

doch niemals alle diese D<strong>in</strong>ge können begreifen, son<strong>der</strong>n es ist mir allezeit dunkel gewesen.“ <strong>Die</strong>ser<br />

Brief ist die letzte Nachricht <strong>von</strong> <strong>der</strong> Inspirit<strong>in</strong>. Wie <strong>von</strong> <strong>Halle</strong> nach Berl<strong>in</strong> die Inspirationskr<strong>an</strong>kheit<br />

sich verbreitete, so gleicherweise auch <strong>von</strong> hier durch Pott <strong>in</strong>s H<strong>an</strong>auische <strong>und</strong> Isenburgische <strong>und</strong><br />

durch e<strong>in</strong>en gewissen Chymicus o<strong>der</strong> Renatus S<strong>in</strong>cerus, welcher durch das bloße Lesen e<strong>in</strong>es Briefes<br />

<strong>der</strong> Cevenner <strong>an</strong>gesteckt war, nach Schlesien. Noch l<strong>an</strong>ge Zeit behielten die Inspirierten Anhänger<br />

<strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. E<strong>in</strong> Fleischer Theodor Stech sammelte sie nicht ohne öffentlichen Wi<strong>der</strong>spruch <strong>und</strong><br />

Unruhe. Er hoffte es dah<strong>in</strong> zu br<strong>in</strong>gen, daß endlich die Priesterschaft <strong>und</strong> die ste<strong>in</strong>erne K<strong>an</strong>zel abgeschafft<br />

würden. In <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Geme<strong>in</strong>de waren Verh<strong>an</strong>dlungen gegen e<strong>in</strong>en Jacques Arnasson<br />

nötig, welcher selbst se<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d taufte <strong>und</strong> dies dadurch erklärte, daß er seit e<strong>in</strong>iger Zeit das<br />

Werkzeug des heiligen Geistes sei, um dessen Willen den Menschen k<strong>und</strong> zu tun. Nicht er habe das<br />

K<strong>in</strong>d getauft, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> heilige Geist selbst, da er dessen Inspirationen willenlos folgen müsse.<br />

Auch die Taufzeugen waren dieser Ansicht. M<strong>an</strong> konnte gegen ihre harte f<strong>an</strong>atische E<strong>in</strong>bildung<br />

nicht <strong>an</strong>kämpfen, aber sehr weise befahl das Oberkonsistorium, m<strong>an</strong> solle den Leuten ke<strong>in</strong>e Leiden<br />

bereiten, da sie die nur steifer machen würden, son<strong>der</strong>n mit Klugheit <strong>und</strong> Liebe <strong>in</strong> weisem Unterricht<br />

gegen sie vorgehen. Wahrsche<strong>in</strong>lich haben so auch die Pastoren <strong>in</strong> den früheren Ereignissen<br />

geh<strong>an</strong>delt.<br />

<strong>Halle</strong> blieb fast das g<strong>an</strong>ze Jahrhun<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>durch <strong>der</strong> Sammelpunkt <strong>der</strong> verschiedensten Geister.

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