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Die Zöglinge Calvins in Halle an der Saale von ... - Licht und Recht

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<strong>Die</strong> neuen Propheten <strong>und</strong> ihr Verteidiger. 72<br />

werde ihm nicht l<strong>an</strong>ge mehr Zeit lassen, darum eilet er so, daß er gerne me<strong>in</strong>e Auserwählten (welche<br />

ich mir doch selber ausgewählet habe) will abspenstig machen. Ja es fallen schon viele wie<strong>der</strong><br />

zurück, welche sich fürchten vor <strong>der</strong> Verfolgung.“ Doch genug <strong>der</strong> frevelhaften Worte, die wir nur<br />

hierhergesetzt haben, um die schreckliche Seelenkr<strong>an</strong>kheit zu kennzeichnen. Das Gebet, welches<br />

am Schlusse folgte, war <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wortlaute demütig, schriftgemäß, dadurch aber müssen solche<br />

Ergüsse um so ver<strong>der</strong>blicher gewirkt haben. <strong>Die</strong> Sache ist uns für e<strong>in</strong>e ausführlichere Mitteilung zu<br />

zart. <strong>Die</strong> Furcht vor Gott erlaubt es nicht.<br />

Nach Beendigung <strong>der</strong> Inspiration fragte Knauth die Eltern gründlich aus, ermahnte sie zur nüchternen<br />

Bitte um rechte Belehrung <strong>in</strong> dieser Sache <strong>und</strong> schied zuletzt <strong>von</strong> <strong>der</strong> Familie mit dem E<strong>in</strong>drucke,<br />

daß es gute e<strong>in</strong>fältige Leute wären, die durchaus mit ke<strong>in</strong>em Betruge umg<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> wie<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> mit sich h<strong>an</strong>deln ließen. <strong>Die</strong>s geschah im Februar. Knauth besuchte das arme K<strong>in</strong>d nicht<br />

mehr, verfolgte jedoch ihre Schicksale mit teilnehmendem, halb <strong>von</strong> <strong>der</strong> Göttlichkeit ihrer Zustände<br />

überzeugtem Gemüte. In e<strong>in</strong>er eigenen Predigt sprach er sich billigend über sie aus, s<strong>an</strong>dte e<strong>in</strong><br />

Schreiben <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>cke, welcher ihn darauf besuchte <strong>und</strong> obwohl verschiedener Ansicht, doch vier<br />

St<strong>und</strong>en die Materie mit ihm durchsprach <strong>und</strong> nachher gegen ihn äußerte: „Wünsche öfter Gelegenheit<br />

zu <strong>der</strong> mir gar werten Konversation, <strong>in</strong> <strong>der</strong> guten Zuversicht, daß solche ihre Frucht <strong>in</strong> die<br />

Ewigkeit tragen werde.“<br />

Im Juni wurden die Amsterdamer Ankömml<strong>in</strong>ge ausgetrieben, die Aufregung h<strong>an</strong>delte zu gröblich<br />

mit ihnen. Der Gassenpöbel verfolgt sie, bewirft sie mit Ste<strong>in</strong>en <strong>und</strong> Kot, e<strong>in</strong>er wird blutig am<br />

Kopfe verletzt. Jetzt erwacht <strong>in</strong> dem Domprediger <strong>der</strong> heiße Wunsch, <strong>der</strong> Anwalt <strong>der</strong> Gekränkten zu<br />

werden. An theologischer Gelehrsamkeit, <strong>an</strong> gew<strong>an</strong>dter Fe<strong>der</strong> m<strong>an</strong>gelt es ihm nicht <strong>und</strong> ohne mit<br />

se<strong>in</strong>em älteren Kollegen sich zu beraten <strong>und</strong> dessen Erlaubnis als Inspektor nachzusuchen, sendet er<br />

<strong>an</strong> das damals <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> residierende Konsistorium e<strong>in</strong>e untertänige Vorstellung nebst beigefügten<br />

Sendschreiben <strong>an</strong> alle Theologos, Professores <strong>und</strong> Prediger <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> betreffend die sogen<strong>an</strong>nten<br />

Neuen Propheten <strong>und</strong> ihren außerordentlichen Zust<strong>an</strong>d, zur hochnötigen Prüfung übergeben. In diesem<br />

<strong>in</strong>teress<strong>an</strong>ten Schriftchen, <strong>von</strong> dem das Domarchiv noch e<strong>in</strong> Exemplar bewahrt hat, erklärt er<br />

zunächst se<strong>in</strong> herzliches fürbittendes Mitleiden mit den Ausgetriebenen, unter denen sich e<strong>in</strong> bejahrter<br />

Fr<strong>an</strong>zose befände, welcher zehn Jahre <strong>in</strong> Fr<strong>an</strong>kreich um se<strong>in</strong>es Glaubens willen auf den Galeeren<br />

geschmachtet habe <strong>und</strong> fügt das dr<strong>in</strong>gende Gesuch h<strong>in</strong>zu, doch mit den frommen <strong>und</strong> gottseligen<br />

Bürgern, die schon zu gleicher Strafe <strong>an</strong>geschrieben, nicht ohne e<strong>in</strong>gehende, <strong>der</strong> Wichtigkeit<br />

<strong>der</strong> Sache welche Prüfung also zu verfahren. Denn sollte es sich f<strong>in</strong>den, daß <strong>an</strong> ihnen wirklich Gottes<br />

F<strong>in</strong>ger gesehen <strong>und</strong> gespürt werde, so würde m<strong>an</strong> sich wahrlich erschrecklich versündigen <strong>und</strong><br />

könnte große Gerichte <strong>und</strong> Strafen Gottes über die g<strong>an</strong>ze Stadt <strong>und</strong> L<strong>an</strong>d gezogen werden, wenn<br />

m<strong>an</strong> <strong>der</strong>gleichen Werkzeuge Gottes verjagen wolle. Am Schluß for<strong>der</strong>t er das Konsistorium auf,<br />

se<strong>in</strong> Schreiben <strong>an</strong> die Stadtgeistlichkeit dieser zu kommunizieren, damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen<br />

Konvente die rechte E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die D<strong>in</strong>ge des Geistes Gottes gewonnen werde. Zuletzt entschuldigt<br />

er se<strong>in</strong>e Jugend. In dem Schreiben <strong>an</strong> die Pastoren <strong>und</strong> Professoren, <strong>in</strong> dem er die Möglichkeit nachzuweisen<br />

sucht, daß das Werk göttlich se<strong>in</strong> könne, hebt er beson<strong>der</strong>s hervor, <strong>der</strong> Teufel könne nicht<br />

so gewaltig wi<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e eigenen Taten reden, auch nicht die Menschen zur Buße ermahnen, noch<br />

Gottes Lob so herrlich verkünden. Aus verschiedenen Stellen <strong>von</strong> reformierten Theologen beson<strong>der</strong>s<br />

durch die Autorität <strong>von</strong> Vitr<strong>in</strong>ga bemüht er sich d<strong>an</strong>n zu beweisen, daß die alttestamentlichen<br />

Propheten bei ihren Weissagungen g<strong>an</strong>z ähnliche Bewegungen wie die Inspirierten gehabt hätten. In<br />

se<strong>in</strong>er Demonstration nennt er e<strong>in</strong>e Übersetzung <strong>von</strong> Luther im Propheten Hosea ungereimt, was<br />

ihm später nicht wenig zur Schuld gemacht wurde. Gegen den Vorwurf <strong>der</strong> Nichterfüllung vieler<br />

Weissagungen stellt er auf, es wären nur solche nicht e<strong>in</strong>getroffen, welche dem Fleische <strong>an</strong>genehm

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