Didaktische Konzepte hypermedialer Lernumgebungen: Umsetzung ...
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2.2 Lerntheorien<br />
sondern um die Gestaltung möglichst fruchtbringender <strong>Lernumgebungen</strong>. Diese <strong>Lernumgebungen</strong><br />
konfrontieren den Lerner mit wirklichkeitsnahen, komplexen Problemen, an denen<br />
er seine Fertigkeiten schulen kann. Durch einen hohen Wirklichkeitsbezug soll der Erwerb<br />
nicht anwendbaren – ” trägen“ – Wissens verhindert werden. Dies streben auch kognitivistische<br />
Unterrichtskonzepte an. Doch nur in realen, komplexen Situationen lässt sich erlernen,<br />
was Experten auszeichnet und woran Anfänger ” in freier Wildbahn“ häufig scheitern: die<br />
Struktur von Problemen zu erkennen. 36 Hauptaufgabe des Lehrers in konstruktivistischen<br />
Lehrkonzepten ist die Unterstützung, und nicht mehr die Anleitung des Lerners.<br />
Die Implikationen der konstruktivistischen Thesen sind, insbesondere für klassische Lernsituationen<br />
mit Lehrer und Lernern, dramatisch. Wenn die äußere Realität für den Menschen<br />
nicht objektiv erfassbar ist, stellt sich unmittelbar die Frage nach der Gültigkeit des<br />
gelehrten Wissens, nach seinem Wahrheitsanspruch – und nach der Vermittelbarkeit des<br />
zu Lernenden. Denn konstruiert der Lerner sein Wissen selbst, gibt es keine Erfolgsgarantie<br />
für Lehrmaßnahmen irgendeiner Form. Der Lehrer kann sich zwar bemühen, seine<br />
Lehren möglichst geschickt aufbereitet darzureichen, Gewähr, dass sie auch in seinem Sinne<br />
verstanden werden, gibt es aber nicht. Natürlich wissen wir, dass es eben doch recht<br />
verlässliches Wissen gibt und dass Lehre kein unmögliches Unterfangen darstellt; die konstruktivistischen<br />
Theorien sollen nicht entmutigen, sondern rufen zu Toleranz und einer<br />
kritischen Einstellung gegenüber Inhalten und Methoden auf!<br />
Praktisch alle Merkmale konstruktivistischer <strong>Lernumgebungen</strong>, z.B. Selbsttätigkeit des<br />
Lerners, Teamarbeit oder Praxisbezug, tauchen bereits in etablierten didaktischen <strong>Konzepte</strong>n,<br />
bspw. dem handlungsorientierten Unterricht, auf. Der Konstruktivismus impliziert<br />
diese <strong>Konzepte</strong> nicht, kann sie jedoch begründen und diese progressiven Anstrengungen um<br />
eine bessere Ausbildung untermauern. 37 Insbesondere im Bereich des Lernens mit Neuen<br />
Medien entsteht jedoch der Eindruck, dass Hersteller von Selbstlernprodukten ” konstruktivistisch“<br />
allzu gern als Werbeslogan missbrauchen; die isolierte Lernsituation vor dem<br />
Bildschirm erfährt eine fast zynische Umdeutung zu Selbsttätigkeit. Tatsächlich können<br />
gegenwärtig die hohen Anforderungen konstruktivistischen Lernens mit softwarebasierten<br />
<strong>Lernumgebungen</strong> kaum erfüllt werden, schon allein weil sie – abgesehen vom Erlernen des<br />
Umgangs mit Software – nie absolut authentische Situationen präsentieren können 38 .<br />
2.2.4 Ganzheitlichkeit<br />
Die oben stehenden Abschnitte verdeutlichen die gegenseitige Ignoranz von Behaviorismus<br />
und Kognitivismus für die jeweiligen Lernformen des Konkurrenten. Solche Polarisierung<br />
verhindert eine vollständig Erklärung des Phänomens Lernen, denn die Lernformen der<br />
beiden Forschungsrichtungen existieren unzweifelbar und können von der jeweils anderen<br />
Theorie nicht befriedigend erklärt werden. Dabei stellt eine Zusammenführung der Ergebnisse<br />
kein Problem dar, wie Edelmann zeigt, der sie zu einem dualistischen Konzept<br />
verbindet: ” Es gibt Lernprozesse, bei denen die Außensteuerung durch Reize eine ausschlaggebende<br />
Rolle spielt, und andere, bei denen die Innensteuerung durch subjektive kognitive<br />
36 Vgl. Baumgartner und Payr (1999), S. 107.<br />
37 Vgl. Jank und Meyer (2002), S. 301f .<br />
38 Zu weiteren Problemen des E-Learnings siehe ” Softwareunterstütztes Lernen“ (Kap. 5, S. 25).<br />
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