Didaktische Konzepte hypermedialer Lernumgebungen: Umsetzung ...
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6.1 Methoden<br />
Die folgenden Abschnitte dieses Kapitels beschäftigen sich mit Lehr-Lern-Formen, die<br />
sich besonders für hypermediale <strong>Lernumgebungen</strong> eignen.<br />
6.1.2 Entdeckendes Lernen<br />
Streng genommen, handelt es sich beim entdeckenden Lernen nicht um eine Lehr-Lern-<br />
Form, sondern um eine Lerntheorie aus dem Bereich der kognitionswissenschaftlichen Forschung.<br />
14 Sie geht auf Arbeiten Jerome S. Bruners (geb. 1915) in den 60er Jahren des 20.<br />
Jahrhunderts zurück. 15 Seiner Auffassung nach schließt Entdeckung ” . . . fast alle Formen<br />
des Wissenserwerbs mit Hilfe des eigenen Verstandes ein.“ 16 Er schreibt damit insbesondere<br />
der Selbständigkeit beim Lernen große Bedeutung zu. Sie zeichnet natürliche Lernprozesse<br />
aus, man denke bspw. an Neugeborene, die, getrieben von einer angeborenen Neugierde,<br />
nach und nach ihre Umwelt erforschen. Zugleich setzt sich die humanistische Bildung die<br />
Erziehung zur Selbständigkeit zum Ziel. 17<br />
Das entdeckende Lernen versucht, die natürliche Neugier, die höhere Tiere treibt, ihre<br />
Umwelt zu erforschen 18 , für Unterrichtsprozesse zu erschließen. Der Lerner soll selbstbestimmt<br />
den Lernstoff erforschen (explorieren), insbesondere das Allgemeine aus dem Besonderen<br />
ableiten. Der Lernprozess zerlegt sich mithin für den Lerner in die zwei (verwobenen)<br />
Teile des ” Datensammelns“ und der Induktion von Regeln, welche die Daten erklären. 19<br />
Dieses induktive Lernen erleichtert infolgedessen auch deduktives Denken – konkret: wenn<br />
der Lerner einen neuen Einzelfall als Ausprägung eines selbst erschlossenen, allgemeinen<br />
<strong>Konzepte</strong>s erkennt. Tatsächlich bestätigen Untersuchungen die Verbesserung des Transfers<br />
durch diese ” hypothetische Methode“ 20 gegenüber der ” darbietenden Methode“ 21 , die<br />
dem Lerner das Allgemeine unmittelbar vorsetzt. Zudem scheint sich entdeckend Gelerntes<br />
besser im Vorwissen zu verankern. 22<br />
Bruner erwartet zwei weitere positive Auswirkungen auf den Lernprozess: Erstens eine<br />
gesteigerte Lernfähigkeit, da der Lerner im Zuge des entdeckenden Lernens Strategien<br />
erfolgreicher Problemlösung erwirbt, und zweitens eine stärkere Hinwendung zum Lernen<br />
durch den Übergang von extrinsischer zu intrinsischer Belohnung. Der erste Punkt ist<br />
schwer nachweisbar, scheint jedoch insofern plausibel, da alle effizienten Lernmethoden<br />
selbst stets erlernt werden müssen. 23 Auch der zweite Effekt lässt sich empirisch kaum<br />
nachweisen, doch unzweifelbar haben Belohnungen (und Bestrafungen) großen Einfluss auf<br />
den Lernprozess 24 , insbesondere die auf Lernmotivation. Es zeigt sich auch, dass Belohnun-<br />
14 Vgl. ” Lerntheorien: Kognitivismus“ (Kap. 2.2.2, S. 7).<br />
15 Vgl. Neber (1981a), S. 13f .<br />
16 Bruner (1961), S. 16.<br />
17 Vgl. a. a. O.<br />
18 Vgl. Berlyne (1965), S. 224.<br />
19 Vgl. Neber (1981b), S. 49.<br />
20 Bruner (1961), S. 17.<br />
21 Ebd.<br />
22 Vgl. Neber (1981b), S. 56ff, 61.<br />
23 Vgl. ” <strong>Lernumgebungen</strong>: Selbständigkeit“ (Kap. 3.2, S. 13).<br />
24 Die Steuerung des Lernprozesses durch Belohnungen und Bestrafungen (Verstärkung) erforschen die Behavioristen<br />
intensiv. Sie versuchen, Abstand und Häufigkeit der Verstärkung für eine optimale Konditionierung<br />
zu optimieren. Siehe Gage und Berliner (1996), Kap. 6.4–6.8, vgl. auch ” Lerntheorien:<br />
Behaviorismus“ (Kap. 2.2.1, S. 5).<br />
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