Didaktische Konzepte hypermedialer Lernumgebungen: Umsetzung ...
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5.3 Lernen mit Hypertext und Hypermedia<br />
Nachweisbar kommt die Idee des Hypertextes bereits in den dreißiger und vierziger Jahren<br />
des zwanzigsten Jahrhunderts auf. 30 Allgemeine Popularität verschafft dem Konzept<br />
aber erst das World Wide Web (WWW), die mit mehreren Milliarden Knoten 31 größte Hypertext-Datenbank<br />
der Welt. Die dominierende Beschreibungssprache für Hypertexte bleibt<br />
damit wohl auf nicht absehbare Zeit die Hypertext Markup Language (HTML), auch wenn<br />
diverse konkurrierende Formate existieren.<br />
Schon Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts starten die ersten Versuche<br />
mit Hypertext-basierter Lernsoftware. 32 Mindestens ebenso lange gedeihen Mythen um die<br />
Lernwirksamkeit von Hypertext. Den ältesten Mythos stellt sicherlich die kognitive Plausibilitätshypothese<br />
33 dar, die Lernwirksamkeit auf Grund von Ähnlichkeit vernetzter Speicherung<br />
kognitiver Strukturen mit der Netzstruktur von Hypertext behauptet. Kognitionswissenschaftliche<br />
wie konstruktivistische Erkenntnisse widersprechen ihr: Erstens erweist sich<br />
die Ähnlichkeit bei genauer Betrachtung als recht gering 34 , zweitens erfolgt Lernen nicht<br />
durch Abbilden äußerer auf innerpsychische Strukturen 35 . Als ebenso unbeweisbar stellen<br />
sich die Konstruktivismus-Annahme und die Theorie der kognitiven Flexibilität 36 heraus.<br />
Erstgenannte betont die Wirksamkeit der Selbststeuerung beim Lernen mit Hypertext,<br />
Letztgenannte die Bedeutung multipler Perspektiven. Nicht zuletzt wird der Klassiker unter<br />
den Mythen des E-Learnings, die Multimedia-Annahme, gerne für Hypertext-gestütztes<br />
Lernen bemüht, die verschiedenartig codierte und viele Sinne ansprechende Lernmedien 37<br />
als lernförderlich postuliert. Auch sie bleibt unhaltbar, wie Studien zeigen 38 .<br />
Bereits die vorhergehenden Kapitel dieses Textes haben betont, dass sich die wirksame<br />
Gestaltung von <strong>Lernumgebungen</strong> nicht auf Einzelfaktoren reduzieren lässt, sondern kontext-<br />
und fallspezifisch ganzheitlich angegangen werden muss. Letztlich macht jede noch<br />
so aufwendig und gründlich vorbereitete Lernumgebung nur ein Angebot zum Lernen, das<br />
ohne die Bereitschaft der Zielgruppe fruchtlos bleibt.<br />
Hypermediale <strong>Lernumgebungen</strong> erreichen i.A. nur einen recht niedrigen Interaktivitätsgrad.<br />
39 Sie deshalb pauschal dem Lehrervortrag gleichzustellen und damit zur Frontalsoftware<br />
zu degradieren, scheint indes unangebracht, denn die Rolle des Lerners beschränkt sich<br />
nicht auf das Rezipieren. In gut entworfenen hypermedialen <strong>Lernumgebungen</strong> dominiert ein<br />
recherchierender Lernstil: die Suche, Auswahl und Bewertung relevanter Informationen. 40<br />
Es handelt sich hierbei um Kernelemente des entdeckenden Lernens. Der Lerner bestimmt<br />
selbst entsprechend seiner Interessen und seines Vorwissens, welche Inhalte er in welcher<br />
ben hypermediale Strukturen, nur die erste ist Hypermedia.<br />
30 Vannevar Bushs (1890–1974) ” Memex“ (siehe Schulmeister, 2002a, S. 225).<br />
31 Am 7.10.2004 kennt die Suchmaschine Google (http://www.google.de/) 4 285 199 774 Hypertext-Knoten.<br />
32<br />
” NLS/Augment“ (siehe Schulmeister, 2002a, S. 225).<br />
33 Vgl. Schulmeister (2002a), S. 268.<br />
34 Bspw. Dynamik und hoher Vernetzungsgrad kognitiver Strukturen, Metawissen, Relevanz der Verknüpfungen<br />
oder Vergessensprozesse (vgl. Zink, 1997, S. 26).<br />
35 Siehe ” Lerntheorien: Konstruktivismus“ (Kap. 2.2.3, S. 8).<br />
36 Vgl. Schulmeister (2002a), S. 89 u. 269ff und Tergan (2002), S. 106, aber auch Grune (2000), S. 38f .<br />
37 Nicht nur das Medium (Buch, Fernseher etc.), sondern auch die Codierung (Text, Bilder, Zahlen etc.)<br />
und die Sinnesmodalität (visuell, auditiv, etc.) bestimmen den Multimedia-Begriff maßgeblich (vgl.<br />
Weidenmann, 2002b).<br />
38 Siehe Tergan (2002), S. 106f , Weidenmann (2002b), S. 48ff und Rietsch (2003), S. 75ff .<br />
39 Siehe ” Interaktivität“ (Kap. 6.1.1, S. 35).<br />
40 Vgl. Tergan (2002), S. 100 u. 105.<br />
31