Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
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so begeistert von dem wunderbaren Weg. der einen anderen<br />
Alkoholiker zur Nüchternheit führte, dass wir intime und<br />
erschütternde Ereignisse aus dessen Leben, die nur für seinen<br />
Sponsor bestimmt waren, miteinander besprachen. Das verärgerte<br />
Opfer solcher Indiskretion erklärte dann mit vollem Recht, dass wir<br />
sein Vertrauen missbraucht hätten. Als solche Geschichten auch<br />
außerhalb der Gemeinschaft der AA bekannt wurden, war unser<br />
Anonymitätsversprechen unglaubwürdig geworden. Manche hielten<br />
sich deshalb von uns fern. Eines war doch klar, der Name jedes<br />
einzelnen AA und auch seine Geschichte mussten vertraulich<br />
bleiben, falls er das wünschte. Das war unsere erste Lektion in der<br />
praktischen Anwendung der Anonymität.<br />
Ungehemmt, wie es für viele von uns so charakteristisch ist,<br />
missachteten Neue die Vertraulichkeit. Sie wollten die AA-Botschaft<br />
von den Dächern herab verkünden. Sie taten es auch. Alkoholiker,<br />
die kaum trocken waren, liefen mit leuchtenden Augen herum und<br />
hielten jeden fest, um ihre Geschichte zu erzählen. Andere stellten<br />
sich sehr schnell vor Mikrofone und Kameras. Oft betranken sie sich<br />
anschließend fürchterlich und brachten ihrer Gruppe einen bösen<br />
Rückschlag. Sie hatten sich von Anonymen Alkoholikern in mehr<br />
oder weniger anonyme Angeber verwandelt.<br />
Mit diesem widersprüchlichen Phänomen mussten wir uns<br />
auseinandersetzen. Es ging hier eindeutig um die Frage: "Wie<br />
anonym sollte ein AA sein?" Aus unserem Wachstum wurde uns<br />
klar, dass wir nicht länger ein Geheimbund bleiben konnten, aber<br />
genauso klar war es, dass wir kein Wanderzirkus waren. Es<br />
brauchte eine lange Zeit, bis wir einen sicheren Weg zwischen<br />
diesen beiden Extremen abstecken konnten.<br />
Gewöhnlich wollte jeder Neue seine Familie über seinen Versuch<br />
informieren. Er wollte auch mit anderen darüber sprechen, die bis<br />
jetzt versucht hatten, ihm zu helfen –seinem Arzt, seinem Pastor<br />
und seinen engsten Freunden. Je mehr Selbstvertrauen er bekam,<br />
um so mehr lag ihm daran, mit seinem Arbeitgeber oder seinen<br />
Geschäftsfreunden über seinen neuen Lebensweg zu reden. Hatte