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Der Zwölfte Schritt

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können wir das wirklich? War es nicht reiner Egoismus, der uns<br />

davor bewahrte, so tief zu sinken? Große geistige Fälligkeiten sind<br />

nicht nötig, um Dinge nicht zu tun, für die man bestraft wird. Wenn<br />

wir aber noch nicht so tief gesunken waren, wo stehen wir dann?<br />

Worüber wir uns jetzt klar werden müssen, ist, dass wir an einigen<br />

dieser Fehler Spaß haben. Wir kokettieren sogar damit. Wer zum<br />

Beispiel möchte den anderen nicht ein bisschen oder gar weit<br />

überlegen sein? Stimmt es nicht, dass wir unsere Habgier hinter der<br />

Maske von Strebsamkeit verbergen? Den Gedanken, sexbesessen<br />

zu sein, weisen wir weit von uns.<br />

Viele Männer und Frauen reden von Liebe und meinen etwas ganz<br />

anderes. Ihre wahren Absichten verbergen sie. Und selbst<br />

Menschen, die sich für moralisch halten, haben sexuelle<br />

Phantasien, in die geheime Wünsche einfließen.<br />

Sogar selbstgerechten Zorn kann man genießen. In einer<br />

unnatürlichen Weise können wir dadurch Befriedigung erfahren,<br />

dass uns viele nicht mögen, denn wir empfinden dabei ein<br />

wohltuendes Überlegenheitsgefühl. Klatsch, gespickt mit<br />

moralischer Entrüstung, ist eine gängige Art des Rufmordes, der<br />

auch für uns seine Reize hat. Hier versuchen wir nicht, denen zu<br />

helfen, die wir kritisieren. Wir versuchen nur, unsere eigene<br />

Rechtschaffenheit hervorzuheben.<br />

Wenn Unmäßigkeit nicht gerade zur Zerstörung führte, sprechen wir<br />

mit einem milderen Wort gern vom gehobenen Lebensstandard. Wir<br />

leben in einer Welt voller Neid. Mehr oder weniger ist jeder davon<br />

angesteckt. Irgendwie gibt der Neid uns sogar noch eine gewisse<br />

Befriedigung. Warum würden wir sonst so viel Zeit aufwenden, uns<br />

Dinge zu wünschen, die wir nicht haben, statt dafür zu arbeiten.<br />

Warum ärgern wir uns über den Mangel an Vorzügen, die wir nie<br />

haben werden, statt die Tatsachen hinzunehmen, wie sie sind? Wie<br />

oft arbeiten wir hart aus dem einzigen Grund, später ein sicheres<br />

und sorgenfreies Leben führen zu können, und nennen das dann<br />

den wohlverdienten Ruhestand? Oder betrachten wir unser<br />

wunderbares Talent, Dinge hinauszuzögern: Das kann man kürzer<br />

auch mit Faulheit bezeichnen. Fast jeder könnte eine Liste von<br />

solchen Charakterfehlern aufstellen. Doch nur wenige würden<br />

ernsthaft daran denken, sie abzulegen, es sei denn, sie geraten<br />

dadurch in äußerste Schwierigkeiten.

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