Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
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glauben, dass unser ehemals guter Charakter wieder zum<br />
Vorschein kommt, wenn wir den Alkohol meiden. Wir waren im<br />
Grunde genommen, abgesehen vom Trinken, immer ganz nette<br />
Menschen. Wozu brauchen wir eine innere Inventur, da wir Jetzt<br />
nüchtern sind?<br />
Wir klammern uns auch noch an eine andere wunderbare Ausrede,<br />
um einer Inventur zu entgehen. Wir jammern, daß unsere jetzigen<br />
Ängste und Schwierigkeiten durch das Verhalten anderer<br />
hervorgerufen seien, durch Menschen, die wirklich eine innere<br />
Inventur nötig hätten. Wir sind fest davon überzeugt, daß alles in<br />
Ordnung wäre, wenn sie uns besser behandelten. Nach unserer<br />
Meinung sind die Entrüstung ihnen gegenüber berechtigt und<br />
vernünftig und unser Groll völlig in Ordnung. Nicht wir sind die<br />
Schuldigen, die anderen sind es.<br />
Wenn wir an diesem Punkt der Inventur stecken bleiben, hilft uns<br />
unser Sponsor. Er ist dazu in der Lage, da er schon eigene<br />
Erfahrungen mit dem Vierten <strong>Schritt</strong> hat. Er tröstet den<br />
Melancholiker und macht ihm klar, daß sein Fall nichts<br />
Außergewöhnliches ist und daß seine Charakterfehler nicht<br />
zahlreicher und schlimmer sind als die irgendeines anderen AA.<br />
Zum Beweis spricht der Sponsor offen, ehrlich und ohne<br />
Übertreibung über seine eigenen früheren und jetzigen Fehler.<br />
Diese ruhige und realistische Bestandsaufnahme ist ungeheuer<br />
ermutigend. <strong>Der</strong> Sponsor weist vermutlich den Neuen darauf hin,<br />
daß er einiges Guthaben besitzt, gegen das er seine Schulden<br />
aufrechnen kann. Das hilft ihm. Krankhaftes auszuräumen und<br />
innere Ausgeglichenheit anzustreben. Sobald der Neue sich<br />
objektiver sieht, kann er seine Fehler ohne Furcht betrachten.<br />
Vor einem ganz anderen Problem steht der Sponsor bei denen, die<br />
eine Inventur für überflüssig halten. Diese Menschen sind<br />
überheblich und meinen, sie hätten nichts gutzumachen. Sie<br />
brauchen keinen Trost. Die Schwierigkeit für den Sponsor besteht<br />
darin, einen Riß in der Mauer ihres Egos zu entdecken, durch den<br />
ein Lichtstrahl der Vernunft eindringen kann. Zunächst kann man<br />
ihnen sagen, daß die meisten AA in ihrer Trinkerzeit schwer unter<br />
ihrer Selbstgerechtigkeit gelitten haben. Bei vielen von uns war sie<br />
die Quelle aller Ausreden, natürlich Ausreden für unser Trinken und<br />
unsere verrückte und schädliche Lebensweise. Wir waren Künstler