Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
Der Zwölfte Schritt
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Wenn der Ehrgeiz des einzelnen außer Kontrolle gerät - sei es in<br />
einem Nähkursus oder am internationalen Konferenztisch -, leiden<br />
andere darunter und lehnen sich dagegen auf. Wenn eins zum<br />
anderen kommt, dann kann das alles mögliche hervorrufen, von<br />
kalter Zurückweisung bis zu heftiger Auflehnung. In allen diesen<br />
Fällen befinden wir uns nicht nur im Konflikt mit uns selbst, sondern<br />
auch mit anderen Menschen, die ihr eigenes Gefühlsleben haben.<br />
Gerade Alkoholiker sollten wissen, daß unbeherrschtes Verhalten<br />
der Grund ihres zerstörerischen Trinkens ist. Wir haben getrunken,<br />
um Furcht, Enttäuschung, Schuldgefühl und Niedergeschlagenheit<br />
loszuwerden. Wir haben getrunken, um unseren Leidenscharten zu<br />
entfliehen, und dann haben wir wieder getrunken, um neue<br />
Leidenschaften zu erwecken. Wir haben aus Geltungssucht<br />
getrunken, um unsere törichten Träume von Prunk und Macht noch<br />
mehr zu genießen- Es ist schwer, sich mit dem widersinnigen<br />
Verhalten dieser seelischen Krankheit auseinanderzusetzen.<br />
Unsere durcheinander geratenen Gefühle wehren sich gegen jede<br />
Kontrolle. In dem Augenblick, in dem wir uns ernsthaft bemühen,<br />
diese Gefühle zu durchleuchten, müssen wir auf schlimme<br />
Reaktionen gefaßt sein.<br />
Wenn wir zu Depressionen neigen, versinken wir in Schuldgefühlen<br />
und Abscheu vor uns selbst. Wir wühlen in diesem Sumpf und<br />
entwickeln dabei oft ein unnatürliches und selbstquälerisches<br />
Vergnügen. Wenn wir diese Melancholie krankhaft weitertreiben,<br />
können wir so verzweifeln, dass nur noch völliges Vergessen als<br />
Lösung möglich erscheint. Damit haben wir jeden Überblick<br />
verloren, und das hat auch mit Demut nichts zu tun. Das ist eher<br />
falscher Stolz, bestimmt keine Inventur. Es ist der gleiche Vorgang,<br />
der depressive Menschen oft zur Flasche und Selbstzerstörung<br />
getrieben hat.<br />
Wenn wir jedoch eher selbstgerecht und prahlerisch veranlagt sind,<br />
wird unsere Reaktion genau umgekehrt sein. Wir werden die von<br />
den AA empfohlene Inventur beleidigt ablehnen. Zweifellos werden<br />
wir stolz auf das gute Leben hinweisen, das wir geführt haben,<br />
bevor uns die Flasche in die Knie zwang. Wir werden behaupten,<br />
dass unsere schlimmen Charakterfehler, falls wir überhaupt welche<br />
haben sollten, hauptsächlich auf das exzessive Trinken<br />
zurückzuführen sind. Wenn das so ist, glauben wir logischerweise,<br />
dass wir nur Nüchternheit anstreben müssen - jetzt und immer. Wir