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Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net

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124 Margret Selting<br />

von anderen Konstruktionen abgegrenzt werden können. Ellipsen sind<br />

eigenständige Turnkonstruktionseinheiten, die auch von Tei1nehmem als<br />

irgendwie ,vollständige' Einheiten wahrgenommen werden. Das unterscheidet<br />

sie von Anakoluthen. Jedoch unterscheiden sich sogenannte Ellipsen<br />

und Anakoluthe nicht notwendig in syntaktischer Hinsicht. Obwohl Anakoluthe<br />

in vielen Fällen keine im gegebenen Kontext möglichen syntaktischen<br />

Konstruktionen sind, vgl. z. B. in Abb. (3), Zeile 380 ich HAB ja* oder in Abb.<br />

(4), Zeile 493 ich HAB auch (.) zw aso inöh LETZT (siehe weiter unten), könnte<br />

zumin<strong>des</strong>t das erste Beispiel in einem geeig<strong>net</strong>en Ko- und Kontext durchaus<br />

eine mögliche Turnkonstruktionseinheit bilden, z. B. nach einer Vorgängeräußerung<br />

wie A: Du solltest doch viel trinken B: ich HAB ja. Das zeigt, daß<br />

eine prinzipielle Abgrenzung zwischen Anakoluthen und Ellipsen allein auf<br />

der syntaktischen Ebene nicht möglich ist. Syntaktische Vollständigkeit ist<br />

also eine kontextabhängige Interpretation. Jedoch muß im folgenden zunächst<br />

eine weitere Konfigurations- und Abgrenzungsressource genauer<br />

betrachtet werden, die Prosodie.<br />

3.2 Mögliche prosodische Organisation sogenannter ,Ellipsen'<br />

Als eigenständige Turnkonstruktionseinheiten werden auch sogenannte<br />

Ellipsen mit den ganz normalen möglichen Konturen, die auch bei möglichen<br />

Sätzen verwendet werden, konfiguriert und von Nachbareinheiten abgegrenzt.<br />

Mögliche Konturen sind flexible und prinzipiell verlängerbare<br />

Gestalten aus globalen und lokalen Tonhöhenbewegungen. In Kookkurrenz<br />

mit möglichen syntaktischen Konstruktionen konfigurieren mögliche Konturen<br />

Turnkonstruktionseinheiten. Fallende und steigende letzte lokale<br />

Tonhöhenbewegungen gegen Ende einer syntaktisch möglichen Konstruktion<br />

kontextualisieren ein mögliches Einheiten- und ggf. Turnende. Gleichbleibende<br />

letzte lokale Tonhöhenbewegungen gegen Ende einer möglichen<br />

syntaktischen Konstruktion kontextualisieren und projektieren hingegen eine<br />

Tumfortsetzung (siehe Selting 1995a für Details). Die letzten lokalen Tonhöhenbewegungen<br />

beginnen dabei i. d. R. in der letzten Akzentsilbe und<br />

werden danach bis zum Einheitenende fortgesetzt; die unakzentuierten<br />

Silben nach der letzten Akzentsilbe sind dann auch i. d. R. leiser als die<br />

Akzentsilbe.<br />

Von den Beispielen enden die meisten sogenannten Ellipsen mit lokal<br />

fallenden oder steigenden letzten Tonhöhenbewegungen, die in der letzten<br />

Akzentsilbe der Einheit beginnen und bis zum Einheitenende fortgesetzt<br />

werden. Mit Hilfe dieser Tonhöhenbewegungen werden mithin die Einheiten<br />

als Einheiten konfiguriert und mögliche Einheitenenden kontextualisiert.<br />

Siehe Abbildung (1) für ein paar Beispiele. Die letzten Tonhöhenbewegungen<br />

der sogenannten ,elliptischen' Einheiten in den Zeilen 423-424 sind den<br />

letzten Tonhöhenbewegungen der ,nicht-elliptischen' Einheiten in den Zeilen<br />

420-421 sehr ähnlich.

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