Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net
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Parataktische Konstruktionen im <strong>gesprochenen</strong> <strong>Deutsch</strong> 199<br />
Und verbindet gleichlautende Konjunkte bzw. gleichlautende finite Verbformen<br />
(zusammen mit dem Subjekt) und drückt dadurch die Dauer und die<br />
Intensität einer Handlung aus. Der syntaktische Parallelismus als ein Mittel<br />
der stilistischen Gestaltung solcher parataktischen Strukturen macht eine<br />
Erzählung lebendiger, spannender. Der Sprecher selbst gesteht in seiner<br />
Schilderung <strong>des</strong> Volksbrauchs, daß eben diese Intensität der Handlung "eine<br />
ungeheure Spannung bei all den Umstehenden" erzeugt. Er will also mit den<br />
sich wiederholenden Strukturen diese Spannung widerspiegeln und dem<br />
Hörer veranschaulichen. Solche Strukturen sind nur in der spontanen <strong>gesprochenen</strong><br />
Sprache anzutreffen. Die invertierte Wortfolge in den identischen<br />
Konjunkten ist ein Signal der Spontaneität einer Äußerung.<br />
Die nächste Art der semantischen Beziehung zwischen den Sachverhalten<br />
in den parataktischen und-Strukturen umschreibe ich hypothetisch als einen<br />
Vergleich, der durch die Entsprechung beider Sachverhalte neutralisiert wird.<br />
Im ersten und im zweiten Konjunkt dieser Strukturen werden die gleichen<br />
bzw. ähnliche Sachverhalte dargestellt in denen verschiedene Personen<br />
wirken:<br />
(72) nun haben die bergmanns geheult, ich ooch geheult, und die kinder<br />
haben geheult, ich hab doch alles gemacht für sie, gebadet, gekocht, das<br />
ganze haus sauber gemacht, alles. (Wander 1980: 185)<br />
(73) und dann hat unsere mutter uns öfters besucht, und mein Großvater auch.<br />
(Textkorpora 1984: 147)<br />
(74) also, ich darf nich groß mit andern jungs rumreden, und er auch nich mit<br />
andern mädchen, weil, jeder is denn eifersüchtig. (Runge 1987)<br />
(75) - nein, anfangs war' s etwas .. eigenartig. die jungen waren schüchtern,<br />
und ich auch etwas schüchtern .... (Textkorpora 1984: 710)<br />
Das Adverb auch bekräftigt die vorhergehende Aussage und expliziert die<br />
Zugehörigkeit <strong>des</strong> Agens bzw. <strong>des</strong> Trägers einer Eigenschaft zum im ersten<br />
Konjunkt beschriebenen Sachverhalt. Ich würde für die Bezeichnung der<br />
semantischen Beziehung dieser Art den Terminus ,komparativ-identifizierend<br />
vorschlagen. Durch die Struktur <strong>des</strong> rechtsseitigen Konjunkts, die auch<br />
enthält, betont der Sprecher die Identifikation der handelnden bzw. der<br />
charakterisierenden Person dieses Konjunkts als Teilnehmer oder Zeuge der<br />
im Erstkonjunkt dargestellten Situation. In den meisten Fällen identifiziert<br />
sich der Sprecher selbst mit Hilfe dieser Strukturen als Teilnehmer <strong>des</strong> im<br />
linksseitigen Konjunkt Dargestellten (vgl. die Belege (72), (75».<br />
Im Dialog sehen die parataktischen Strukturen mit und in der komparatividentifizierenden<br />
Funktion oft so aus, daß ein Sprecher das linksseitige<br />
Konjunkt realisiert, während sein Gesprächspartner die parataktische Konstruktion<br />
,zu Ende führt', indem er auf die Aussage <strong>des</strong> ersten reagiert:<br />
(76) A.: ich habe keine lust!<br />
8.: und ich erst!