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Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net

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28 Hannes Scheutz<br />

sprache "massenhaft Sätze mit herausgestelltem Satztherna" feststellt. Als<br />

formales Merkmal nennt Baumgärtner die Wiederaufnahme der "Herausstellungen"<br />

durch das Adverb da (für alle adverbialen Bestimmungen) oder<br />

durch das Demonstrativum der (für Subjekt, Prädikat oder Objekt); dieses<br />

Merkmal allein vermag jedoch keine angemessene Strukturbestimmung zu<br />

leisten. Noch weitaus undifferenzierter behandelt Zimmermann (1965: 53)<br />

solche Strukturen, die er als "Etiketten außerhalb der folgenden Konstruktion"<br />

ansieht, die sich "durch starke Betonung und nachfolgende Pause vom<br />

übrigen ab[heben]". Die Heterogenität der damit erfaßbaren Gruppe wird<br />

bereits in den in ihm selbst angeführten Beispielfällen deutlich:<br />

(4) Ja, und in diesem Taxi, werm einer geraucht hat, haben ihn die anderen<br />

gepufft und nach hinten geschaut.<br />

Du, der H., wie lange macht der noch?<br />

Ei, gestern im Zoo, was wir dort erlebt haben!<br />

Diese Gepäckträger, wie die die Koffer nehmen!<br />

Die Einsicht, daß bei Herausstellungen differierende syntaktische Strukturmuster<br />

beteiligt sein könnten, resultiert erst aus dem schärfer eingestellten<br />

syntaktischen Visier der Generativisten (v. a. Cinque 1977) die verschiedene<br />

strukturtypdifferenzierende Merkmale zwischen ,left dislocation' und<br />

,hanging topic' erkannten. Altmann (1981) hat diese Unterscheidung auf das<br />

<strong>Deutsch</strong>e angewendet und mit den Begriffen ,Linksversetzung' und ,Freies<br />

Thema' eine seither gängige Sprachregelung eingeführt. Er sieht in diesen<br />

beiden Strukturtypen jeweils eine Kombination unterschiedlicher Ausprägungen<br />

der syntaktischen Mittel Topologie, Morphologie und Intonation<br />

verwirklicht: Die LV mit einer das linksversetzte Element wiederaufnehmenden<br />

Proform im Vorfeld <strong>des</strong> darauffolgenden Verb-Zweit-Satzes zeige<br />

progredienten Tonhöhenverlauf ohne ,Satzpause' nach dem linksversetzten<br />

Element; das FT werde dagegen in formal nicht festlegbarer Weise im folgenden<br />

Satz wieder aufgenommen und zeige obligat eine ,Satzpause' zwischen<br />

PT und Nachfolgeäußerung. Diese Kategorisierung ist in hohem Maße der<br />

vorausgehenden generativ-grammatischen Analyse geschuldet, die lediglich<br />

die LV als ,transformationell' erzeugte Struktur anerkannte - <strong>des</strong>halb die<br />

Betonung der genauen morphologischen Kongruenz und der Verb-Zweit­<br />

Stellung als unverzichtbare Merkmale -, wogegen das FT als eigene basisgenerierte<br />

Struktur unabhängig vom Folgesatz angesehen wurde (vgl. auch<br />

Cardinaletti 1987).<br />

Ähnlich wie Altmann beschreibt auch Selting (1993) die formalen<br />

Eigenschaften dieser Strukturen, ihre Analyse wird jedoch erstmals anhand<br />

von Daten aus natürlichen Alltagsgesprächen entwickelt. Sie faßt die<br />

intonatorischen Merkmale insofern anders, als sie das Vorhandensein einer<br />

,kohäsiven Intonationskontur' über Voranstellung und Nachfolgeäußerung<br />

als kriterial für die Strukturtypklassifikation ansieht; weitgehende Übereinstimmung<br />

besteht dagegen in der Einschätzung der dominanten Rolle der<br />

Intonation für die Abgrenzung von LV und FT: Da das FT optional ebenfalls<br />

alle jene topologischen und morphologischen Merkmale aufweisen könne,

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