Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net
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Syntaktische Variation in der Sportberichterstattung 213<br />
er meines Erachtens auch primär syntaktisch definiert werden. In diesem<br />
Sinne bestimme ich den Satz als relativ selbständige grammatisch-strukturelle<br />
Einheit die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten gebaut ist. Der<br />
deutsche Satz ist zweigliedrig, nominativisch und verbal. Er verfügt über<br />
Prädikativität, die realisiert wird durch die Satzglieder Subjekt und Prädikat<br />
(vgl. Admoni 1986: 228 und Sommerfeldt/Starke 1992: 163). Dies impliziert<br />
eine Vorstellung von Satz als wohlgeformter grammatischer Struktur. Auch<br />
der intuitive Satzbegriff ist von einem Vollständigkeitsideal getragen, was in<br />
der Schulpraxis wohl täglich in der Aufforderung gipfelt, im ganzen Satz zu<br />
sprechen.<br />
Die gesprochene Sprache läßt sich am Kriterium der Wohlgeformtheit<br />
aber bekanntermaßen nicht messen. Deshalb muß <strong>Syntax</strong> sicher mehr sein als<br />
die Lehre vom Satz, mehr als ein "System von Regeln, die beschreiben, wie<br />
aus einem Inventar von Grundelementen .. , alle wohlgeformten Sätze einer<br />
Sprache abgeleitet werden können" (Bußmann 1990: 766). Der Satz ist<br />
vielmehr als eine spezifische syntaktische Form aufzufassen, die neben<br />
anderen Formen existiert, um eine inhaltlich relativ abgeschlossene<br />
Äußerung zu tätigen. Ich will also den Satzbegriff nicht verwerfen und halte<br />
ausdrücklich fest, daß sich auch die GSPS der Kategorie ,Satz' bedient. Es<br />
muß aber im folgenden darum gehen, Kategorien für die syntaktischen<br />
Formen zu finden, die in der GSPS regelmäßig vorkommen, die aber nicht<br />
Satz im Sinne oben ausgeführter Definition sind. Es handelt sich vor allem<br />
um Formen, die in der Grammatik üblicherweise als Reduktionen (<strong>des</strong><br />
vollständigen Satzes) bzw. als Ellipsen behandelt werden.<br />
Nun ist auch der Terminus ,Ellipse' in der GSPS zunehmend umstritten,<br />
meines Erachtens zu Recht. Der Begriff der Ellipse (griech. elleipein ,mangeln',<br />
,fehlen') bewirkt die Vorstellung von Unvollständigkeit und meint die<br />
"Aussparung von sprachlichen Elementen, die aufgrund von syntaktischen<br />
Regeln oder lexikalischen Eigenschaften notwendig sind" (ibid., S. 207), die<br />
aber aus dem sprachlichen bzw. außersprachlichen Kontext regelhaft<br />
erschlossen werden können. Als Ausgangspunkt wird dabei immer eine<br />
vollständige Struktur, nämlich wiederum der wohlgeformte Satz, unterlegt.<br />
Dabei ist es durchaus fraglich, ob zunächst eine vollständige Struktur<br />
gegeben sein muß, um etwas wegzulassen, bzw. ob umgekehrt die<br />
sogenannten Ellipsen immer eindeutig vervollständigt werden können. Aber<br />
nur, wenn man die in Frage stehenden Konstruktionen an vollständigen<br />
Sätzen mißt, können sie überhaupt als Ellipsen bezeich<strong>net</strong> werden. Ich bin<br />
der Auffassung, daß der Ellipsenbegriff bei der Erforschung der überaus<br />
kontextverwobenen GSPS und darüber hinaus eigentlich in jeder<br />
satzübergreifenden Grammatikbeschreibung nicht produktiv sein kann. Eine<br />
schlüssige Argumentation zur Stützung meiner Auffassung übernehme ich<br />
von Wemer (1994):6<br />
Unter grammatizistischem Ansatz fehlt da sehr wohl etwas, wenn einer sagt:<br />
Ein Bier! Vom logizistischen Standpunkt aus - und von dem aus sollte man<br />
doch argumentieren, wenn man sich über die Motivation syntaktischer