Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net
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9 Direkte und indirekte Rede in Alltagsgesprächen.<br />
Zur Interaktion von <strong>Syntax</strong> und Prosodie in der<br />
Redewiedergabel<br />
SUSANNE GÜNTHNER<br />
1 EINLEITUNG<br />
Die reflexive Kapazität und damit die Möglichkeit, über Sprache und Kommunikation<br />
zu kommunizieren, gehört zu den besonderen Eigenschaften<br />
menschlicher Sprache. Indem Interagierende in Alltagsgesprächen vergangene<br />
Dialoge rekonstruieren, die Redeweise anderer Personen kommentieren<br />
oder Äußerungen ab- oder anwesender Personen kritisieren, machen sie von<br />
diesen reflexiven Möglichkeiten Gebrauch. Die Redewiedergabe zählt nicht<br />
nur zu den zentralen reflexiven Verwendungsweisen von Sprache (Lucy 1993),<br />
sondern stellt insofern eine "metapragmatische Aktivität" (Silverstein 1993)<br />
dar,2 als Sprechende mittels Redewiedergabe vergangenen "Sprachgebrauch"<br />
re-konstruieren und kommentieren. In diesen Rede(re)konstruktionen treffen<br />
zwei Diskurs,welten' aufeinander: die "Figurenwelt" und damit der Interaktionskontext,<br />
dem die zitierte Äußerung entstammt, und die ,Erzählwelt',<br />
die momentane Interaktionssituation, in der die betreffende Äußerung (re)konstruiert,<br />
(re)kontextualisiert und funktionalisiert wird. Beide Welten unterscheiden<br />
sich hinsichtlich ihrer Teilnehmenden, ihrer räumlich-zeitlichen und<br />
soziokulturellen Kontexte, ihrer sprachlichen Konventionen und ihrer interaktiven<br />
Ziele. Diese Spannung zwischen den beiden ,Welten' und ihre mögliche<br />
Verankerungen in der einen oder anderen Welt prägen die Redewiedergabe.<br />
Als wesentliche Formen der Redewiedergabe unterscheidet man zwischen<br />
direkter Rede (oratio recta) und indirekter Rede (oratio obliqua). Generell wird<br />
direkte Rede, die deiktisch im erzählten Kontext (der Figurenwelt) verankert<br />
ist, als Wiedergabe <strong>des</strong> Inhalts und der Form betrachtet. Zahlreiche Sprachwissenschaftler<br />
sprechen im Falle der syntaktischen Konstruktion der direkten<br />
Rede sogar von einer "wortwörtlichen bzw. mimikrihaften Wiedergabe der<br />
Originaläußerung".3 Die zitierende Sprecherin, die ihre Stimme dem zitierten<br />
,Original'sprecher borgt, trete im Falle der direkten Rede hinter diesen zurück<br />
und übernehme ,original'getreu <strong>des</strong>sen Perspektive. 4 Folglich gebe es in der<br />
direkten Rede keine Interferenzen zwischen der zitierten Äußerung und der<br />
Perspektive der zitierenden Sprecherin: Direkte Rede habe stets eine de dicto<br />
Interpretation (Coulmas 1986: 4). Die syntaktische Konstruktion der indirekten<br />
Rede dagegen, die deiktisch im Erzählkontext (der Erzählwelt) verankert ist,<br />
gebe vor allem den Inhalt wieder. Da die zitierende Sprecherin mit der indirekten<br />
Redewiedergabe nicht vorgebe, die tatsächlichen Worte <strong>des</strong> ,Original'-