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Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net

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'Ellipsen' als interaktiv relevante Konstruktionen? 127<br />

kontextualisiert. Ein solcher Abbruch wird in meinem deutschsprachigen<br />

Korpus jedoch nicht systematisch mit einem solchen Glottalverschluß<br />

kontextualisiert. Zudem beginnt der folgende Neuansatz bei ich mit einem<br />

Tonhöhensprung nach unten und signalisiert damit einen prosodischen<br />

Bruch. In Abb. (4) endet die Äußerung ich HAB auch (.) zw aso inöh LETZ<br />

durch Abbruch gegen Ende der Akzentsilbe LETZ. Da die hier aufgrund der<br />

grammatischen Projektion erwartbare Nachlaufsilbe te oder ter o. ä. fehlt,<br />

klingt auch die Melodie wie abgebrochen. Das sind klare Fälle, in denen ein<br />

Anakoluth als solches bzw. als Abbruch kontextualisiert wird.<br />

Dennoch bleiben nicht alle Anakoluthe mit gleichbleibender Tonhöhe oder<br />

mit Abbrüchen mitten im Wort hängen. Manche tragen z. B. auch eine Art<br />

Auslaufintonation, bevor abgebrochen wird. VgL dazu in Abbildung (5) Rs<br />

oder äh:. wir HAben alle diesel ((bricht ab»:<br />

175 R: [ wir SIND frauen und MÜSsen alle dieselbe meinung habm<br />

H,F(/ / \ )<br />

<br />

176N:<br />

_ _ _ .... - ...... -<br />

ja<br />

\<br />

177 R: [ oder äh: . wir HAben alle diesel<br />

F( \<br />

178 N: wir HABM sie wir MÜSsen<br />

M( \ ) T( \ )<br />

Abbildung (5)<br />

Hier endet Rs Äußerung in Zeile 177 nach einigen unakzentuierten Silben;<br />

das Anakoluth läuft einfach aus, weil R angesichts von Ns Unterbrechung<br />

bald aufhört und N das Rederecht überläßt.<br />

Dies zeigt, daß auch Anakoluthe offenbar nicht durch eine spezifische<br />

Anakoluthintonation oder -prosodie gekennzeich<strong>net</strong> sind. Eine Prosodie, die<br />

in einem Fall bei einem Anakoluth vorkommt, kann in einem anderen Fall<br />

eine satz-förmige Einheit konfigurieren. Auch auf prosodischer Ebene allein<br />

ist also eine Abgrenzung zwischen Ellipsen und Anakoluthen nicht<br />

prinzipiell möglich.<br />

Jedoch kann eine Negativ- bzw. Ausschlußcharakterisierung für sogenannte<br />

Ellipsen gegeben werden: Im Gegensatz zu Anakoluthen enden<br />

Ellipsen i. d. R. nicht mit Abbruchsignalen, wie einem Glottalverschluß, oder<br />

mit gleichbleibender Tonhöhe in Kombination mit anderen Haltesignalen,<br />

wie z. B. Dehnungen oder Verzögerungssignalen; mit diesen Signalen<br />

würden die entsprechenden syntaktischen Konstruktionen unzweifelhaft als<br />

Anakoluthe oder als noch nicht beendete Einheiten gehört.

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