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Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net

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Vor-Vorfeldbesetzungen im <strong>gesprochenen</strong> <strong>Deutsch</strong> 79<br />

weise mit ,weniger (Morpho-)<strong>Syntax</strong>' auskommen. So sind die im letzten<br />

Abschnitt diskutierten Thematisierungsausdrücke weniger strikt durch<br />

Rektionsbeziehungen an das Verb gebunden, als dieselben Konstituenten es<br />

im Vor- oder Mittelfeld wären. In anderen Fällen - etwa den metapragmatischen<br />

Vor-Vorfeldadverbien wie kurz - erlaubt es diese Konstruktion, auf<br />

eine komplexere Infinitiv- oder Nebensatzkonstruktion zu verzichten (um es<br />

kurz zu sagen, u. a.). Stehen ganze abhängige Sätze im Vor-Vorfeld, wird<br />

dadurch teils ein noch komplexeres Satzgefüge mit mehrfacher Einbettung<br />

umgangen. Auch die konjunktional verwendeten Subjunktionen können als<br />

Mittel zur Vermeidung von komplexen Satzgefügen interpretiert werden,<br />

denn auch durch sie treten parataktische an die Stelle von hypotaktischen<br />

Strukturen (wenn auch teils mit unterschiedlicher Pragmatik).<br />

In diese Reihe paßt nun auch das folgende Phänomen: Es ist bekannt, in<br />

den Details allerdings noch kaum untersucht,33 daß das gesprochene <strong>Deutsch</strong><br />

dazu tendiert, die in der Schriftsprache üblichen abhängigen Ergänzungssätze<br />

(eingeleitet mit ob, daß oder einem Fragewort) durch ,asyndetische'<br />

Konstruktionen zu ersetzen. In diesen steht dann unmittelbar nach dem<br />

Finitum - oft, aber nicht immer ein verbum dicendi oder sentiendi - ein<br />

selbständiger Aussage- oder Fragesatz. Ein solcher ,abhängiger Hauptsatz'34<br />

liefert eine notwendige Ergänzung <strong>des</strong> Verbs, wenn auch in etwas ungewohnter<br />

syntaktischer Verpackung. Paradigmatisch ist er meist gegen eine<br />

Objekts-NP, immer gegen das Satzpronomen das austauschbar. In der<br />

Schriftsprache ist eine solche Asyn<strong>des</strong>e aus der direkten Redewiedergabe<br />

bekannt, die vermutlich auch als Kern der wesentlich breiteren Verwendung in<br />

der <strong>gesprochenen</strong> Sprache anzusehen ist.35 Wie auch die übrigen Vor­<br />

Vorfeldbesetzungen, so findet auch diese Struktur inzwischen in bestimmten<br />

geschriebenen Textsorten vielfache Verwendung (,sekundäre Mündlichkeit').36<br />

Die Ähnlichkeit zu den vorher besprochenen Typen von Vor-Vorfeldbesetzungen<br />

zeigen vielleicht die folgenden Beispiele am deutlichsten. In (5)'<br />

erfolgt eine metapragmatische Rahmung mittels eines Verbzweitstellungssyntagmas.<br />

Dieses bleibt jedoch unvollständig, weil ihm eine notwendige<br />

Ergänzung (die den Inhalt <strong>des</strong>sen, was den Sprecher besonders ,angesprochen'<br />

hat, mitteilen müßte) fehlt. Die notwendige Ergänzung folgt<br />

inhaltlich im folgenden Syntagma, das allerdings formal nicht als abhängiger<br />

Komplementsatz ausgewiesen ist:<br />

(5)' Bewerbung Qualitätsprüfung [Rollenspiel]<br />

B: das 1S ja grade das reizvolle an der aufgabe. - ralso:<br />

IF: t{pp}mm<br />

B - mich: hat besonders angesprochen - ah Sie: - Sie legen wert auf -<br />

fiihrungsqualitäten,=aber Jhh ich hatte den eindruck daß es eben im<br />

wesentlichen auch (.) um die zusammenarbeit mit anderen gruppen geht,<br />

'hh ((etc.»<br />

Beispiel (54) zeigt die fließenden Übergänge zu ,adverbialen' Vor-Vorfeldbesetzungen:<br />

37

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