Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net
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Parataktische Konstruktionen im <strong>gesprochenen</strong> <strong>Deutsch</strong> 183<br />
2 POLYFUNKTIONALITÄT VON und<br />
Und ist unzweifelhaft die gebräuchlichste Konjunktion der deutschen<br />
Sprache. Laut Statistik gehört es zu den am häufigsten verwendeten Formen<br />
<strong>des</strong> <strong>Deutsch</strong>en überhaupt (Meier 1964: 52). Daher auch die Behauptung von<br />
L. Tobler, daß und "einen Knotenpunkt unserer ganzen <strong>Syntax</strong> bildet" (zit.<br />
nach: Schubert 1954/55: 257). Auch in der mündlichen Rede wird und als<br />
nebenordnende Konjunktion am häufigsten gebraucht (Wackemagel-Jolles<br />
1971: 208j Hannig 1974: 216). H. Kreye schreibt diesbezüglich folgen<strong>des</strong>: "Wir<br />
alle haben an uns und anderen beobachten können, daß eine ... Häufung von<br />
koordinierenden Konjunktionen als eine mögliche Eigentümlichkeit mündlicher<br />
Rede zu kennzeichnen ist. .., auch bei Aufzeichnungen mündlicher<br />
Rede zeigt sich, daß selbst erwachsene Erzähler das anreihende und in<br />
auffälliger Weise häufen." (Kreye 1989: 47). Auch wenn sich die Hypothese<br />
von W. Hartung, daß eine gesetzmäßige Proportion zwischen der Häufigkeit<br />
eines sprachlichen Zeichens und der Zahl seiner Bedeutungen besteht, nicht<br />
bestätigt, was F. Eisenmann zu beweisen versucht (Eisenmann 1973: 241), so<br />
läßt sich ein gewisser Zusammenhang zwischen der Häufigkeit <strong>des</strong><br />
Gebrauchs einer Konjunktion und der Zahl seiner Funktionen nicht so leicht<br />
absprechen. Im folgenden wird ausführlich die Polyfunktionalität von und<br />
beleuchtet, die zahlreiche semantische Beziehungen in parataktischen Strukturen<br />
bewirken kann und die bestimmte kommunikative und pragmatische<br />
Aufgaben beim Kommunizieren zu erfüllen vermag.<br />
Die kopulativen (additiven) Beziehungen sind in den parataktischen und<br />
Strukturen der <strong>gesprochenen</strong> Sprache oft zu beobachten. Innerhalb der<br />
kopulativen Relation werden in diesem Aufsatz die folgenden drei Untertypen<br />
unterschieden:<br />
(a) kopulativ-expandierend (Seme der Anreihung und der Erweiterung):<br />
(1) und ich war bei juden, also, vorurteile hatte ich keine. nun hat man mir<br />
gleich gesagt, Ga) .. weswegen sollte ich auch, ich hab das fünfundvierzig<br />
nicht mitgemacht, und ich hab mir da nichts bei gedacht, und ich denk mir<br />
da auch heut noch nichts bei, das hat mich nicht abgestoßen.<br />
(Textkorpora 1984: 86)<br />
(2) und hier ist das klo, hier ist die dusche und hier das waschbecken ....<br />
(Ullmer-Ehrich 1979: 77)<br />
(3) es gibt dort keine übemachtungsmöglichkeit auf solchen schiffen. haben da<br />
einfach auf m fußboden geschlafen. s war schrecklich eng. s war<br />
natürlich heiß. un s war ungemütlich. (Texte-2 1974: 71)<br />
(b) kopulativ-simultan (Seme der Anreihung und der Gleichzeitigkeit):<br />
(4) mein vater war zu der zeit, als ich geboren wurde, nicht hier, war an der<br />
front, und war ich mit meiner mutter all- ziemlich allein, ganz alleine.<br />
(Textkorpora 1984: 27)<br />
(5) na, jedenfalls haben wir uns dann verabredet. da traf ich einen kollegen, das<br />
war ein rhythmus-mann, und war sie bei, und er mit seiner freundin.<br />
(Bottroper Protokolle 1968: 97)