Syntax des gesprochenen Deutsch - mediensprache.net
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Zur Analyse syntaktischer Strulduren 19<br />
diskursrelevante, alte Information linearisiert, auch über Sprecherwechsel<br />
hinweg. Interessant ist aber, daß dann, wenn kein Sprecherwechsel stattfindet,<br />
die Tendenz der Parallelisierung erheblich stärker ist. Dies erklärt sich<br />
daher, daß geschlossene Redebeiträge in stärkerem Maße strukturell parallel<br />
aufgebaut sind.<br />
Interessant ist in Beispiel (6: Z. 7) auch, daß eine Agensangabe erfolgt.<br />
Diese hat zumin<strong>des</strong>t eine Kontrastfunktion zum Agens <strong>des</strong> vorangehenden<br />
Teilereignisses (die lehrin), wenn die Agensangabe nicht sogar notwendig ist,<br />
um eine mögliche Ambiguität zu vermeiden.<br />
Eine besondere Rolle bei der Analyse syntaktischer Konstruktionen in der<br />
<strong>gesprochenen</strong> Sprache spielen intonatorische Faktoren, wobei Intonationskonturen<br />
sehr schwer zu analysieren sind, Pausenstrukturen und Druckakzent<br />
hingegen meßtechnisch leicht und genau. Es ist eine allgemein<br />
bekannte Tatsache, daß weil-Sätze mit Finit-Zweit-Stellung intonatorisch<br />
markiert sind: "Nach der Konjunktion tritt eine intonatorische Pause ein"<br />
(Buscha 1989: 126). Systematische Analysen zu diesem Aspekt liegen<br />
allerdings nicht vor. Wie die Korpusanalyse in Schlobinski (1992: 334f.) zeigt,<br />
tritt die Pause auch vor der Konjunktion auf (7), in wenigen Fällen fehlt auch<br />
eine Pausenstruktur (8).<br />
(7) P: .aber da hat er dann aufgehört (1.0) weil er er ist ja immer<br />
verschlossener geworden<br />
(weil-7 4/T:7S%)<br />
(8) P: ... ich bin zum beispiel von provinz nach hauptstadt<br />
hingeflogen worden weil die haben da nicht getraut so (.) so ...<br />
Bei der Analyse von Intonationskonturen stellt sich die Frage, ob das, was als<br />
Höreindruck festgehalten wird, eine physikalische Realität hat, oder ob das,<br />
was gemessen wird, valide ist. In bezug auf die Analyse von Daten aus freien<br />
Konversationen unter akustisch-pho<strong>net</strong>ischer Perspektive ist noch eine Reihe<br />
von Grundlagenproblemen offen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie<br />
die Schnittstelle <strong>Syntax</strong>/Intonation im Rahmen eines <strong>Syntax</strong>modells zu<br />
behandeln ist.<br />
Fassen wir zusammen: Bei der Analyse syntaktischer Strukturen der<br />
<strong>gesprochenen</strong> Sprache spielen neben intonatorischen Faktoren insbesondere<br />
pragmatische eine Rolle. Art <strong>des</strong> Diskurstyps, die Ebene der Sprechhandlungen,<br />
Konversationsstrukturen und konversationelle Implikaturen<br />
sind zentrale, die syntaktische Variation erklärende Bedingungsfaktoren.<br />
Welcher <strong>Syntax</strong>ansatz nun ist geeig<strong>net</strong>, syntaktische Strukturen unter Berücksichtigung<br />
funktional-pragmatischer Faktoren zu beschreiben?