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Handbuch für die kommunale Auseinandersetzung mit dem ...

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haftes „Sonderrecht gegen Rechts“ zu interpretieren. 21 Das Grundgesetz selbst<br />

bestimmt nach Voraussetzungen und Verfahren ausdrücklich, in welchem Umfang<br />

bestimmte Anschauungen und Positionen von vornherein aus <strong>dem</strong> <strong>dem</strong>okratischen<br />

Willensbildungsprozess ausgeschlossen werden können – und<br />

setzt gerade durch <strong>die</strong> Strukturentscheidung <strong>für</strong> <strong>die</strong> rechtsstaatliche Hegung<br />

der Bekämpfung des „politischen Gegners“ einen entscheidenden Gegenakzent<br />

gegen den Nationalsozialismus. Die implizite Strukturentscheidung erlaubt<br />

nicht, <strong>die</strong> expliziten Voraussetzungen und Grenzen des rechtsstaatlichen Vorgehens<br />

gegen neonazistische und rechtsextreme Positionen, <strong>die</strong> in Art. 9 Abs.<br />

2, Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG geregelt sind, unter Berufung auf eine überpositive<br />

Wertordnung zu unterlaufen und niedrigschwelligere Verbote und Beschränkungen<br />

zuzulassen: 22 „Der Antinazismus des Grundgesetzes ist implizit,<br />

nicht explizit“. 23<br />

5 Zwischenfazit: rechtsstaatlicher, gelassener Umgang <strong>mit</strong>, nicht<br />

Verbot von rechtsextremen Versammlungen<br />

Ein <strong>dem</strong>okratischer Umgang <strong>mit</strong> rechtsextremen Versammlungen und Aufmärschen<br />

muss <strong>die</strong>se (grund)rechtlichen Rahmenbedingungen akzeptieren und anerkennen,<br />

dass in der Demokratie auch Rechtsextreme Grundrechte haben. Im<br />

politischen Kampf gegen den Rechtsextremismus darf <strong>die</strong> freiheitlich-rechtsstaatliche<br />

Rechtsordnung nicht durch ein Sonderrecht <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Verfassungsgegner<br />

ausgehöhlt werden, soweit sie <strong>die</strong> <strong>für</strong> alle geltenden Gesetze und <strong>die</strong><br />

aus <strong>dem</strong> Friedlichkeitsgebot von Versammlungen folgenden Grenzen beachten.<br />

Das Versammlungsrecht ist kein geeignetes Mittel, rechtsextreme Versammlungen<br />

und Aufmärsche im öffentlichen Raum vollständig zu unterbinden<br />

oder spürbar zurückzudrängen.<br />

21 Rühl: „Öffentliche Ordnung“ als sonderrechtlicher Verbotstatbestand gegen Neonazis im Versammlungsrecht.<br />

NVwZ 2003, 531 (533 f.).<br />

22 Vgl. auch BVerfG, B. v. 19.1.22007 – 1 BvR 2793/04 – NVwZ 2008, 671 (672 f.): „Das Grundgesetz<br />

enthält darüber hinaus in Art. 9 Abs. 2, Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 sowie auch in Art. 26<br />

Abs. 1 besondere Schutzvorkehrungen, <strong>die</strong> zeigen, dass der Verfassungsstaat des Grundgesetzes<br />

sich gegen Gefährdungen seiner Grundordnung – auch soweit sie auf der Verbreitung nationalsozialistischen<br />

Gedankenguts beruhen – im Rahmen rechtsstaatlich geregelter Verfahren<br />

wehrt. Aus den aufgeführten Normen des Grundgesetzes können aber keine weiter gehenden<br />

Rechtsfolgen als <strong>die</strong> ausdrücklich angeordneten abgeleitet werden. Die Sperrwirkung <strong>die</strong>ser Vorschriften<br />

steht daher insbesondere einer Berufung auf ungeschriebene verfassungsimmanente<br />

Schranken als Rechtfertigung <strong>für</strong> sonstige Maßnahmen zum Schutz der freiheitlichen <strong>dem</strong>okratischen<br />

Grundordnung entgegen.“<br />

23 Rühl (Fn. 21), NVwZ 2003, 536.<br />

116 Rechtsextremismus und öffentlicher Raum

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