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Handbuch für die kommunale Auseinandersetzung mit dem ...

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muss, sei hier ein abschreckendes Beispiel skizziert. Es stammt aus Sachsen-<br />

Anhalt, könnte allerdings auch aus anderen Bundesländern so oder so ähnlich<br />

berichtet werden.<br />

Der Fall Zerbst<br />

Ende Juli 2005, auf <strong>dem</strong> Heimatfest in der Kleinstadt Zerbst. Ein Rechtsextremist<br />

schlägt einem Punk, der ein T-Shirt <strong>mit</strong> der Aufschrift „Gegen Nazis“ trägt, ein<br />

Bierglas ins Gesicht. Eine Scherbe dringt ins rechte Auge des 16-jährigen Opfers<br />

ein. Tatzeugen und Security-Leute halten den Rechtsextremisten fest und<br />

übergeben ihn der Polizei. Die Beamten nehmen ihn <strong>mit</strong> – zum örtlichen Krankenhaus,<br />

um <strong>dem</strong> Täter Blut abnehmen zu lassen. Danach bringen <strong>die</strong> Polizisten<br />

den Mann zum Bahnhof, da<strong>mit</strong> er an <strong>die</strong>sem Abend den letzten Zug nicht verpasst.<br />

Der Schläger bedankt sich auf seine Art: Im Zug versetzt er einem Zeugen<br />

der Gewalttat auf <strong>dem</strong> Heimatfest einen Fausthieb ins Gesicht.<br />

Im Magdeburger Universitätsklinikum gelingt es den Ärzten nicht, das rechte<br />

Auge des Punks zu retten. Der Jugendliche ist seit <strong>dem</strong> Heimatfest halbblind.<br />

Die Stadtverwaltung Zerbst, <strong>die</strong> das jährliche Heimatfest ausrichtet, zeigt jedoch<br />

am Schicksal des Jugendlichen und seiner deprimierten, verängstigten<br />

Familie kein Interesse. Hellwach ist das Rathaus allerdings, als eine Gruppe junger<br />

Linker <strong>mit</strong> einer Spontan<strong>dem</strong>onstration versucht, auf <strong>die</strong> rechtsextreme Tat<br />

und ihre schrecklichen Folgen aufmerksam zu machen. Stadt und Polizei sehen<br />

einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, <strong>die</strong> Veranstalter der Demonstration<br />

werden angezeigt.<br />

Bei den Er<strong>mit</strong>tlungen zu der schweren Körperverletzung auf <strong>dem</strong> Heimatfest<br />

hingegen bleibt <strong>die</strong> Polizei weitgehend passiv. Als der Tagesspiegel zwei Wochen<br />

nach <strong>dem</strong> Vorfall im Zerbster Revier nachfragt, versucht ein Polizeisprecher<br />

abzuwiegeln: Es sei doch nichts Schlimmes passiert, über <strong>die</strong> Schwere der<br />

Verletzung des Opfers wisse man nichts, und überhaupt: <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft<br />

Dessau führe <strong>die</strong> Er<strong>mit</strong>tlungen. Schönen Tag noch.<br />

Die Staatsanwaltschaft in Dessau weiß hingegen von nichts. Aufgeschreckt<br />

alarmiert <strong>die</strong> Anklagebehörde <strong>die</strong> Polizeidirektion Dessau. Dort wird der Ernst<br />

der Lage rasch erkannt. Der Chef der Abteilung Staatsschutz bildet eine Er<strong>mit</strong>tlungsgruppe,<br />

an der sich auch Beamte des bislang eher unwilligen Polizeireviers<br />

Zerbst beteiligen müssen. Innerhalb weniger Tage ist der Fall aufgeklärt,<br />

der Täter wird festgenommen.<br />

48 Der Umgang <strong>mit</strong> rechtsextremen Straf- und Gewalttaten

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